2. Erweiterte Informationspflichten bei der Beschuldigtenvernehmung
Dass die Ermittlungsbehörden den Beschuldigten bei dessen erster Vernehmung über die ihm zustehenden Rechte (insbesondere sein Schweigerecht und sein Recht auf Verteidigerkonsultation) belehren müssen, ist nichts Neues. Tun sie dies nicht, sind dessen Einlassungen nicht verwertbar. Neu sind hingegen die in § 136 I StPO eingefügten Sätze 4 und 5, die die Ermittlungsbehörden dazu verpflichten, dem Beschuldigten Informationen an die Hand zu geben, die ihm die Kontaktaufnahme mit einem Anwalt erleichtern, wobei sie insbesondere auf in der Gegend aktive anwaltliche Notdienste hinweisen müssen.
Der in Übungen oft behandelte Fall des schlecht gelaunten Polizisten, der dem verängstigten Beschuldigten auf dessen Frage nach einem Verteidiger nur kommentarlos ein Telefonbuch auf den Tisch knallt, ist in Zukunft so zu lösen: Es handelt sich um einen Verstoß gegen eine Beweiserhebungsvorschrift, die, wenn der Beschuldigte deshalb von der Hinzuziehung eines Verteidigers absieht, zu einem Beweisverwertungsverbot führt. Übrigens, wer ist eigentlich Adressat des § 136 StPO? Für wen gilt diese Vorschrift überhaupt?
Direkt nur für den Richter, für Staatsanwaltschaft und Polizei hingegen nur aufgrund der Verweise in § 163a III bzw. IV StPO. Wer das weiß und sich im Prüfungsgespräch präzise ausdrückt, sammelt leicht Pluspunkte.
3. Neue Überwachungsmaßnahmen durch die Ermittlungsbehörden
Möchten Polizei und Staatsanwaltschaft die laufende Kommunikation des Beschuldigten überwachen, bedienen sie sich dazu der in § 100a StPO geregelten Telekommunikationsüberwachung (kurz: TKÜ). Diese erlaubt es ihnen z. B., Telefongespräche über den Provider mitzuhören, E-Mails oder SMS abzufangen und nun, aufgrund des in Abs. 1 neu eingefügten Satz 2, auch ausdrücklich die umstrittene sog. „Quellen-TKÜ“ durchzuführen.
Diese erfolgt, indem heimlich ein („Staats-“)Trojaner auf dem PC des Beschuldigten installiert wird, der fortan die versendete Kommunikation an der Quelle abfängt und an die Ermittlungsbehörden weiterleitet. Erforderlich ist dies, da verbreitete Messenger-Apps wie WhatsApp oder Telegram inzwischen auf Ende-zu-Ende-Verschlüsselung setzen, was dazu führt, dass, selbst wenn es den Behörden gelingt, die zwischen den Kommunizierenden ausgetauschten Daten abzufangen, diese damit nichts anfangen können, da die eingesetzte Verschlüsselung sich (zumindest bisher) als zu stark erweist. Durch das Abfangen der Daten in unverschlüsselter Form an der Quelle ist es den Ermittlungsbehörden möglich, dieses Problem zu umgehen.