Die NS-Zeit ist das dunkelste Kapitel der deutschen Geschichte. Die Grausamkeiten und die Verbrechen an der Menschlichkeit, die das NS-Regime begangen hat, dürfen und werden hoffentlich niemals in Vergessenheit geraten. Doch immer wieder erheben sich Stimmen, die der Juristerei und insbesondere der Justiz einen zu laschen Umgang mit ehemaligen Nazis vorwerfen und selbst das Strafgesetzbuch steht mehr als im Verdacht, Überbleibsel der Nazis zu beinhalten. Welche Fehler begangen wurden und was noch heute getan werden kann, erfahrt ihr hier.
Der Mordparagraf als Paradebeispiel fehlender Konsequenz
Der Paragraf 211 des deutschen Strafgesetzbuches ist vielen Juristen längst ein Dorn im Auge. Reformpläne gibt es immer wieder, die Umsetzung lässt noch auf sich warten. Doch was hat das mit der NS-Zeit zu tun?
Das Strafrecht und damit das Strafgesetzbuch unterscheidet grundsätzlich zwischen Mord und Totschlag. Wird eine Tat rechtlich als Mord bewertet, hat das gravierende Folgen, denn ein Mord kann nicht verjähren und außer in sehr besonderen Konstellationen hat ein Mord immer die lebenslange Freiheitsstrafe zur Folge. Der Mord zeichnet sich dabei durch eine Tötung aus, die entweder durch deren Art der Herbeiführung oder des Motivs, also der Begründung für die Tötung, als besonders verwerflich zu bewerten ist. Genauer heißt es: „Mörder ist, wer …“. Das ist dahingehend problematisch, dass diese Formulierung, gerade aber auch die Denke dahinter aus der Nazizeit stammt. Der Mordparagraf stammt im Kern nach wie vor aus der Feder des Staatssekretärs im NS-Reichsjustizministerium Roland Freisler und beschreibt keine objektiven Tatbestände, sondern einen Tätertypen, dessen Gesinnung verwerflich sei.
„Mörder ist, wer…“ eben und nicht „Wer einen Menschen aus … Gründen tötet, ist wegen Mordes zu betrafen.“ Ein feiner, aber doch entscheidender Unterschied. Ebenjener Roland Freisler gilt bis heute als einer der maßgeblich Verantwortlichen für die Organisation des Holocausts und war Richter am Volksgerichtshof, der unter anderem die Mitglieder der Widerstandsgruppe „Weiße Rose“ und die Verschwörer des Hitler-Attentats vom 20. Juli 1944 verurteilte. Freisler selbst war es, der zum Beispiel Sophie Scholl zum Tode verurteilte.