Einblicke Handels- und Vertriebsrecht - Dr. Thilo von Bodungen, Partner bei DLA im Interview

"Es macht einen Unterschied ob man eine Gummiente oder ein Auto verkauft!"

Einblicke in den Arbeitsalltag des Handels- und Vertriebsrechts von Dr. Thilo von Bodungen, Partner bei DLA Piper...

Über Auslandsmöglichkeiten, Gummienten, Must-Haves, wie Englischkenntnisse und Bewerbungstipps
 

Hallo Dr. von Bodungen, Deutschland ist Exportweltmeister und importiert auch sehr viel. Ist es eine Milchmädchenrechnung, dass sich im Umkehrschluss auch sehr viele Mandate für deutsche Rechtsanwälte im Handels- und Vertriebsrecht ergeben?

Ja, absolut! Deutschland ist einer der wichtigsten Handelsplätze weltweit, insbesondere in Europa und deswegen sehen wir einen nicht enden wollenden und immer stärker werdenden Bedarf an Beratung im Handels- und Vertriebsrecht nach deutschen Recht.

Wir glauben sogar, dass der Brexit dazu führt, dass noch mehr Arbeit nach Deutschland kommt. Als größte Jurisdiktion in der EU wird Deutschland häufig erster Ansprechpartner werden (und nicht mehr England, das bisher vielleicht von der Nähe zum amerikanischen Rechtsverständnis profitiert hat).

Dr. Thilo von Bodungen

Wie schaut es mit der Mandatsstruktur aus? Ist die besonders international oder arbeitet man als deutscher Rechtsanwalt hauptsächlich für deutsche Unternehmen?

Wir sind eine der internationalsten Kanzleien überhaupt und deshalb ist tatsächlich die Mehrheit unserer Mandate international. Das heißt aber nicht unbedingt, dass wir nicht auch deutsche Mandanten beraten. Wir haben zum Beispiel gerade zu einer großen Transaktion für ein Dax 30 Unternehmen beraten, aber auch da war die Arbeit weitgehend international.

Das bedeutet, dass die Sprache, in der man arbeitet und praktiziert, überwiegend Englisch ist, weil fast immer Leute mit in der Korrespondenz und Kommunikation sind, die nicht aus Deutschland sind. Das macht es eben so spannend, interessant und vielfältig. Es ist aber eben auch erforderlich, dass man sich bei einem Großteil der Tätigkeit im Englischen ausdrückt, verständigt, spricht, telefoniert und Emails schreibt. Der Regelfall ist das internationale Geschäft.
 

Gibt es ein typisches Mandat? Kann man ein solches skizzieren, also beispielsweise den Ablauf der Arbeitsschritte darstellen?

Da muss ich etwas nachdenken. Das ist schwierig, weil jedes Mandat anders ist, aber vielleicht gibt es doch grobe Phasen. Am Vertriebsrecht (also Verträgen, die dazu dienen, dass Unternehmen ihre Produkte an den Mann bringen) lässt sich das glaube ich ganz gut erläutern.

Da kommt eine Idee aus dem Business des Mandanten, wie man ein Vertriebsmodell gestalten könnte, die dann in der Regel über die Rechtsabteilung an uns gespielt wird. Also muss man sich zunächst in einer ersten Phase damit auseinandersetzen, was will der Mandant eigentlich und was ist sinnvoll.

Es macht einen Unterschied ob man eine Gummiente, ein Auto oder ein Atomkraftwerk verkauft. Da geht es nicht nur um juristische Fragen, sondern man versucht gemeinsam eine Idee, ein Konzept zu entwickeln. Im zweiten Schritt schauen wir dann, ob es rechtlich überhaupt umsetzbar ist. Dennoch, die grundsätzliche Antwort wäre: Jede Anfrage ist anders und man muss völlig flexibel reagieren.
 

Was ist dabei die Hauptleistung von Ihnen als Anwalt?

Ich glaube, eine große Leistung, die man als Anwalt (besonders in unserem Bereich) bringen muss, ist, zu verstehen, was die Gegenseite sich wünscht und was genau das ist, womit man helfen kann, woran die beauftragende Seite vielleicht noch gar nicht gedacht hat.

Das ist tatsächlich ein schwer messbarer Erfahrungsschatz, den man ausspielen kann und muss, um sinnvoll zu beraten. Man kann aus einem kleinen Problem ein großes Thema machen, was aber niemandem etwas bringt; man kann aber auch auf Themen kommen, die der Mandant vielleicht übersehen hat, die sehr problematisch sind und ein ganzes Konzept in sich zusammenfallen lassen.

Und an welchen Stellen arbeiten vor allem Associates mit? Dürfen diese auch mal mit auf Dienstreise zum Mandanten gehen oder macht man heutzutage alles per Videokonferenz?

In die Mandatsarbeit werden meine Mitarbeiter nahezu vom ersten Tag an einbezogen, also bei Telefonaten, Telefonkonferenzen, Korrespondenz usw. und sind aktiv involviert. Natürlich wird man auch nicht alleine gelassen - wir versuchen immer, helfend beizustehen.

Es ist Teil der Ausbildung - Learning on the job, und wir prüfen uns gegenseitig, wenn Dokumente an den Mandanten übersandt werden- aber wir haben keinerlei Altersschwelle oder Senioritätsschwelle, die wir gelten lassen, bevor man irgendwie sichtbar wird.

Um wirklich an Verhandlungen teilzunehmen, bedarf es üblicherweise einige Jahre an Erfahrung. Aber auch hier kommt es auf den Associate an. Wir haben immer wieder Associates die schon sehr am Anfang der Karriere Endverhandlungen von recht komplexen Lieferverträgen erfolgreich geführt haben; auch weil sie die Verträge sehr gut kannten und von Anfang an bearbeitet haben.

Aber auch, weil durch die Übernahme von Verantwortung die Mandatsarbeit so am Besten erlernt werden kann. Zusätzlich haben wir ein umfangreiches Ausbildungsprogramm in der Praxisgruppe und sozietätsweit, in dem unsere Associates geschult und auf die Mandatsarbeit vorbereitet werden.

Wir sind da also sehr bemüht und haben auch ein eigenes Interesse, Associates möglichst schnell daran teilhaben zu lassen Häufig verlangen auch Mandanten aus verschiedensten Gründen nach Beratung - nicht auf Partner-Level sondern gerade darunter - und dem kommen wir auch in dieser Hinsicht gerne nach. Bei uns gibt es keine Hierarchien, nach der nur Partner so etwas machen dürften.
 

Inwiefern bereitet eigentlich ein deutsches Jurastudium überhaupt auf Ihre Tätigkeit vor? Nehmen Sie auch noch einmal das HGB zur Hand oder sind es eher internationale bzw. amerikanische oder chinesische Rechtsfragen?

Auf jeden Fall! In unserem Bereich sicherlich viel mehr als in anderen Bereichen, denn die rechtlichen Fragen, mit denen wir zu tun haben, stammen häufig aus im allgemeinen Zivilrecht und Vertragsrecht. Wir gehen davon aus, dass wir mit Leuten zusammenarbeiten, die in der juristischen Denke (und das ist dann eben auch die deutsche Juristerei) exzellent sind.

Dazu kommen aus dem Studium eher unbekannt Bereiche, wie das “Hardcore”-Vertriebsrecht, Handelsvertreter, Vertragshändler, Franchising. Auch das das sind aber Rechtsgebiete, in die man sich auch mit dem aus dem Studium Erlernten gut hineindenken kann.

Ein weiteres Gebiet, das zum Teil auch im Studium gemacht wird, ist das internationale Privatrecht. Was vielleicht der ein oder andere bei einem Studium im Ausland gelernt hat, ist die Denkweise anderer Rechtsordnungen. Zwar beraten wir grundsätzlich nur zu deutschem Recht, wir müssen aber verstehen, warum unsere Mandanten aus anderen Ländern in bestimmter Weise denken, um sie "abzuholen".

Was man nicht lernen kann (und das ist auch völlig in Ordnung - wir lernen stark am Job und genauso soll es sein), sind die Themen, die ich schon anfangs erwähnt hatte: Wie geht man mit dem Mandanten um, Abläufe, Strukturen, die richtige Sprache finden. Ich glaube es ist eine große Kunst möglichst knapp, klar und direkt zu antworten und nicht etwa in komplizierten Schachtelsätzen.
 

Wenn Sie heute jemand nach einem Promotionsthema im Bereich Handels- und Vertriebsrecht fragen würde, hätten Sie einen Tipp? Oder welche Rechtsfrage(n) schätzen Sie als besonders aktuell und spannend ein?

Meine ehrliche Antwort aus meiner eigenen Erfahrung ist: Ich würde mir ja nie ein aktuelles Thema suchen! Viele Kandidaten, die sich brandaktuelle Themen suchen, werden nur schwer mit ihrer Promotion fertig, weil sich laufend etwas verändert. Das ist meine ganz ehrliche Antwort (lacht). Denn je heißer es brennt, desto schwieriger ist es, jemals fertig zu werden.

Ich bin damals eher in ein Neuland gegangen und habe über Bonuskartensysteme promoviert. Dieses System war damals recht neu und ich konnte so zivilrechtliche Grundfragen diskutieren.
Aktuelle Themen aus unserem Bereich sind immer noch die Fragen welche zwingende Rechte in verschiedenen Vertriebsarten entsprechend Anwendung finden.  Da ist - schon seit langer Zeit - sicherlich viel Entwicklung.

Aktuelle Jobs bei DLA Piper

Bei einer internationalen Großkanzlei ist klar, dass man überdurchschnittliche Examina braucht. Aber was ist Ihnen noch wichtig? Gibt es bestimmte LL.M.-Programme, die für Sie besonders interessant sind?

Ja, wir wollen überdurchschnittlich gute Juristen und bieten ihnen eine ausgezeichnete Plattform für die berufliche Entwicklung als Rechtsanwalt und Rechtsanwältin. Zwar sind Noten nicht alles und Kompetenzen im Bereich Mandatshandhabung, Akquise, Selbstmanagement und andere sog. Softskills entscheiden maßgeblich über die erfolgreiche Entwicklung zum Anwalt oder zur Anwältin.

Der LL.M. belegt typischerweise eine Auslandserfahrung und die ist für uns aus zwei Gründen wichtig: Zum einen vermittelt ein Studium im englischsprachigen Ausland eine gewisse Sicherheit, dass die gut im Englischen ist. Zudem zeigt und beweist dies, dass man in der Lage war, sich im Ausland zurechtzufinden.

Der genaue Inhalt des LL.M.s ist eher zweitrangig, wenn es nicht ganz genau das widerspiegelt, was man als Anwalt in Deutschland beraten möchte. Das ist alles kein Muss und keine Anstellungsvoraussetzung, aber wenn man einen LL.M. oder Doktor hat, gibt es sozusagen nochmal einen Pluspunkt.
 

Worauf achten Sie noch, wenn Sie einen Kandidaten kennenlernen? Sicherlich ist Englisch unablässig, aber gibt es noch andere Must-Haves? Und mit welchen sozialen Kompetenzen kann man punkten?

Auch wenn es wahnsinnig abgeschmackt klingt: Für mich absolut wichtig ist ein Teamplayer, der gerne in einem Team arbeitet. Wir arbeiten innerhalb von DLA national und international sehr eng verwoben. Deswegen ist es für uns wichtig, ein Team zu haben, in dem jeder auch Verantwortung übernimmt und über den Tellerrand blickt, aber auch andere Verantwortung übernehmen lässt.

Das ist ein Miteinander, das man zwar schwer greifen kann, für uns aber unerlässlich ist. Wir brauchen keine Leute, die sich nur im Kämmerlein arbeiten wollen und nur zuarbeiten, wir brauchen aber auch keine Leute, die sozusagen alles an sich reißen aber nicht miteinander arbeiten können. Dazu sind die Rechtsfragen und Mandate zu groß und vielfältig, als dass man sie alleine bewältigen kann.
 

Können Sie das bei der Bewerbung feststellen oder erst in der Probezeit?

Aus dem Bewerbungsverfahren können wir schon Hinweise darauf bekommen und es gibt immer das Bauchgefühl, aber natürlich kann man das so richtig immer erst später feststellen. Vielleicht wirkt man auch wechselseitig aufeinander ein und steuert somit ein wenig die Entwicklung. Vor allem glaube ich, alleine diese Erfordernis zu kommunizieren, spricht eine bestimmte Art von Leuten an, die darauf wieder reagiert.

Für Bewerber ist es grundsätzlich so, dass man sich Arbeitgebern anbietet. Sie verlangen marktüblich recht viel von Ihren Kandidaten. Wenn man den Spieß einmal umdreht, was können Sie bieten, das Sie von anderen Kanzleien unterscheidet?

Die Internationalität hatte ich schon angesprochen. Secondments sind ein weiteres Thema und ich glaube in kaum einem anderen Umfeld wird man in so kurzer Zeit mit so vielen Leuten aus so vielen Ländern zu tun haben. Wir arbeiten auf höchstem Niveau, was Mandate aber auch rechtliche Fragen angeht, sind beispielsweise von JUVE als Kanzlei des Jahres 2016 für Vertrieb/Handel/Logistik, Nachfolge/Vermögen/Stiftungen sowie Versicherungsrecht  ausgezeichnet worden.

Auch das können nicht alle Kanzleien. Drittens haben wir ein dezidiertes, gut ausgefeiltes Fort- und Ausbildungskonzept für unsere Mitarbeiter, wo sie in verschiedenen Kursen und Stufen zusätzliche Fähigkeiten erlernen, national und international.

Und schließlich bieten wir – wie andere Kanzleien auch, aber wir sind da sehr führend - ein sehr flexibles Arbeitszeit-Modell namens Braintime an. Ob Mann oder Frau bezüglich Home Office und all diesen Systemen sind wir relativ weit vorne, was sinnvolle Flexibilität angeht. In meinem Team arbeiten z.B. zwei Mütter in Teilzeit. Das funktioniert ganz hervorragend.

 

Was wäre denn ein konkretes Beispiel für eine Fortbildung?

Kurse zu Verhandlungsmanagement, zu Vertragsgestaltung, Rhetorik, Pitch-Kurse. Wir haben sowohl externe Dienstleister, als auch interne Fortbildungsprogramme, bei denen Partner aus verschiedenen Ländern ihre Fähigkeiten teilen und vermitteln.

 

Wenn man es dann einmal zu DLA Piper geschafft hat, wie geht es weiter? Muss man sich von Anfang an auf den Partner-Track einlassen oder gibt es Alternativen? Bestehen realistische Chancen auf eine Partnerschaft?

Der klassische Weg bei uns ist - wie bei den meisten Anwaltskanzleien - dass man als Associate beginnt. Der nächste Schritt wäre Senior-Associate, dann kommt der Counsel, dann kommt die Partnerschaft. Es ist aber kein Muss, diesen Weg zu gehen. Man kann z.B. auch längerfristig als Counsel bei uns tätig sein und mit längerfristig meine ich ohne festes Ende.

Ob es bei uns realistische Partnerchancen gibt, kann ich vielleicht so beantworten: Wir haben in Deutschland auch dieses Jahr wieder vier neue Partner aus unseren Reihen ernannt. Dies ist eine große Zahl und zeigt, dass es absolut Partnerchancen gibt.

DLA ist eine vergleichsweise junge Kanzlei, die 2004 mehr oder weniger in einem Urknall entstanden und danach rasend gewachsen ist. Damit gibt es noch vergleichsweise viele Freiräume. Das heißt, wenn sich jemand bei uns für ein ganz besonderes Fachgebiet interessiert (was auch ein Unterfachgebiet von Handels-und Vertriebsrecht sein kann), dann kann er sich darauf spezialisieren ohne gleich auf andere zu treffen, die ihm das streitig machen.

Tatsächlich fördern wir das auch und es wird mit Freude gesehen, wenn jemand einen bestimmten Industriesektor oder einen bestimmten Fachbereich besetzen will.

Vor allem glaube ich, alleine diese Erfordernis zu kommunizieren, spricht eine bestimmte Art von Leuten an, die darauf wieder reagiert.
Dr. Thilo von Bodungen

Werden junge Anwälte zur Weiterbildung auch an ausländische Büros ausgeliehen? Ist ein solcher Aufenthalt gewünscht oder sogar eher verpflichtend?

Wir wünschen, dass die Leute bei uns ein Secondment, also einige Monate im Ausland verbringen. Dies ist in den ersten ein bis zwei Jahren eher noch nicht so sinnvoll, weil man da erst einmal die Kanzlei, die Struktur und das Arbeiten kennenlernen muss.

Dann aber ist sehr stark gewünscht. Wir profitieren allem dadurch, weil die Leute sich untereinander kennenlernen, weil sich dann verschiedenste neue Kontakte miteinander verknüpfen. Wir haben auch Mini-Secondments und verschiedene Programme, die diesen Austausch auch international noch weiter fördern. Auch unserer zuvor erwähnte Fortbildung ist in großen Teilen international und Kollegen aus verschiedenen Ländern kommen da zusammen.

 

Aber es geht hier um wenige Monate und kein ganzes Jahr beispielsweise?

Das ist alles nicht in Stein gemeißelt. Es gibt eine Untergrenze, unter der es keinen Sinn macht. Für ein paar Wochen bringt es nichts, da ist der Anlauf und der organisatorische Aufwand viel zu groß. Dann gibt es auch wieder eine Obergrenze, wo für viele einfach die Entfernung von der eigenen Arbeit daheim zu groß wird. Deswegen hat sich eine Mitte bei uns gebildet, so zwischen drei und sechs Monaten, aber es gab auch schon längere Aufenthalte und einige Leute sind sogar geblieben.

Vielen Dank Herr Dr. von Bodungen für diese spannenden Einblicke!

DLA Piper
undefined

DLA Piper

Noch Fragen? Hier findest du deine Ansprechpersonen bei DLA.

*sponsored



Erfahre mehr zu den Arbeitgebern
undefined Logo