Gibt es Klischees über mittelständische Kanzleien, mit denen Sie beim JURFIXE aufräumen können? Hatten Sie vor Ihrem Einstieg bei Esche Schümann Commichau eine andere Meinung über diese Kanzleiform?
Dr. Andreas von Criegern: Wenn ich ehrlich sein soll, mag ich den Begriff „mittelständische Kanzlei“ nicht. Das liegt aber vermutlich an meiner Fehlvorstellung aus meiner Referendarzeit, die ich bis heute nicht ablegen kann.
Mit Mittelstand verbinde ich intuitiv die Vorstellung von Kleinunternehmen und Gewerbetreibenden. Dass Mittelstand auch ein Unternehmen mit einem Umsatz im unteren Milliardenbereich sein kann, habe ich erst bei Esche Schümann Commichau gelernt. Im Übrigen beraten wir auch deutsche Tochtergesellschaften internationaler Großkonzerne, dies nur am Rande.
Was den JURFIXE betrifft, so denke ich schon, dass es uns auf dem JURFIXE immer wieder gelingt, den Teilnehmer:innen zu vermitteln, dass auch der Mittelstand eine gewisse Größe und Komplexität an Mandanten mit sich bringt. Meines Erachtens ist es fast schwerer, einen versteckten Weltmarktführer aus dem deutschen Mittelstand zu beraten als einen internationalen Großkonzern. Der Grund hierfür liegt darin, dass der deutsche Mittelständler klare Empfehlungen wünscht und sehr kostensensitiv ist.
Bei den Rechtsabteilungen der internationalen Großkonzerne hat man manchmal den Eindruck, dass diese sich eher für die teuren internationalen Großsozietäten entscheiden als für eine deutlich günstigere deutsche Sozietät. Wir erleben dies bei einem internationalen Großkonzern, der unser Mandant ist, immer wieder. Für das Tagesgeschäft in Deutschland werden wir von der deutschen Gesellschaft des Konzerns mandatiert. In dem Augenblick, in dem die europäische Rechtsabteilung des Konzerns ein Mandat zu vergeben hat, haben wir keine Chance. Dies, obwohl wir auf ein weltweites Netzwerk an qualifizierten Partner-Sozietäten zurückgreifen können.
Wie genau ist der JURFIXE aufgebaut und was macht das Event Ihrer Auffassung nach so besonders?
Dr. Andreas von Criegern: Ein Markenzeichen des JURFIXE ist, dass er – wie bereits dargelegt – jeweils in den Städten stattfindet, in denen die drei Veranstalter-Sozietäten ihre Standorte haben. Die Teilnehmer:innen lernen auf diese Weise die Büros der drei Sozietäten kennen.
Im Übrigen achten wir beim JURFIXE stets darauf, dass die Mischung zwischen fachlicher Arbeit, Spaß und Austausch der Teilnehmer:innen mit Rechtsanwält:innen der Sozietäten stimmt. Die Workshops sind auf drei Stunden begrenzt. Die dort besprochenen Fälle stammen aus der Praxis, die Teilnehmer:innen arbeiten in Gruppen an den Fällen. Neben einem gemeinsamen Kochevent am ersten Abend, das für ein erstes Kennenlernen ideal ist, gibt es in jeder Stadt eine touristische Attraktion, die wir mit den Teilnehmern besuchen.
Schließlich achten wir auch darauf, dass die Teilnehmer ausreichend Gelegenheit erhalten, uns in Kleingruppen ihre Vorstellungen zu Themen wie z. B. Nachhaltigkeit, mobiles Arbeiten etc. mitzuteilen. Über die nunmehr sieben Jahre, die wir den JURFIXE veranstalten, haben wir die perfekte Mischung gefunden. Die von Jahr zu Jahr steigenden Bewerberzahlen belegen dies aus meiner Sicht eindrucksvoll.
Herr Dr. Schneider-Brodtmann, welchen Grundgedanken verfolgt JURFIXE und wie gestaltet sich die Zusammenarbeit mit den anderen beteiligten Kanzleien?
Dr. Jörg Schneider-Brodtmann: Der Grundgedanke ist, dass wir den Teilnehmer:innen einen möglichst niederschwelligen Zugang und einen authentischen Einblick in das Innenleben und die Arbeitsweise von mittelständischen Kanzleien ermöglichen möchten. Deshalb findet die Veranstaltung auch im Wechsel am Standort einer der drei ausrichtenden Sozietäten und nicht in einem Hotel oder einer anderen Event Location statt. Dadurch kommen die Teilnehmer:innen auch außerhalb der offiziellen Programmpunkte in Kontakt mit möglichst vielen Kolleg:innen der beteiligten Kanzleien, vor allem natürlich des jeweiligen örtlichen Ausrichters.
Die Zusammenarbeit zwischen den Kanzleien gestaltet sich im nunmehr siebten Jahr seit Beginn im Jahr 2016 äußerst kollegial und unkompliziert. Der jeweilige örtliche Ausrichter ist in organisatorischer Hinsicht im Lead, es gibt aber kanzleiübergreifend zusammengesetzte Teams, die sich um die verschiedenen Themen kümmern. Auch die Workshops, die das fachliche Herzstück des jeweiligen Events bilden, werden von Anwält:innen aller drei Kanzleien gemeinsam vorbereitet und moderiert.