Christian Streck Liechtenstein

Warum in die weite Ferne schweifen, wenn das Gute liegt so nah?

Der gesellschaftsrechtliche LL.M. an der Universität Liechtenstein als Tor zur liechtensteinischen und grenzüberschreitenden Rechtsberatung im Privat- und Gesellschaftsrecht

Christian Steck, Jahrgang 1992, ist als Rechtsanwalt für die liechtensteinische Anwaltskanzlei „Rechtsanwälte Lennert Partners“ tätig, die ihren Beratungsschwerpunkt im nationalen und internationalen Gesellschafts- und Steuerrecht hat. Er absolvierte sein Jurastudium an der Universität Heidelberg, wo er mittlerweile auch promoviert. Durch zwei Auslandssemester an der Uni St. Gallen kannte er bereits die Region Liechtenstein/Ostschweiz, bevor er im Jahr 2016 seinen Lebensmittelpunkt dorthin verlagerte.


Kennt den liechtensteinischen Rechtsmarkt seit 2016: Christian Steck
 

Herr Steck, Sie haben Ihren LL.M. an der Universität Liechtenstein absolviert. Wie ist es dazu gekommen, dass Sie sich für eine kleine Universität im Vierländereck Deutschland, Schweiz, Österreich und Liechtenstein entschieden haben?

Christian Steck: Meine Frau und ich haben uns beide in der Endphase unserer Studiengänge kennengelernt. Sie hatte damals schon den Arbeitsvertrag für das erste Jahr ihrer Facharztausbildung am Liechtensteinischen Landesspital unterschrieben und es stand fest, dass sie langfristig in der Region Liechtenstein/Ostschweiz tätig sein würde. Meine Zukunftsplanung hatte zum damaligen Zeitpunkt noch ganz anders ausgesehen: Zwar war schon während meines Jurastudiums das Gesellschaftsrecht meine große Leidenschaft gewesen, doch für die Zeit nach dem Ersten Staatsexamen hatte ich mich bereits für eine Stelle als Wissenschaftlicher Mitarbeiter im Stuttgarter Büro einer deutschen Großkanzlei entschieden. Zwar freute ich mich darauf, doch mir war klar, dass meine in Deutschland erworbenen theoretischen und praktischen Kenntnisse mir für eine spätere Berufstätigkeit in Liechtenstein nur teilweise helfen würden. So setzte ich mich eines Nachmittags an den Laptop und recherchierte, ob die Universität Liechtenstein etwas für Juristen anbietet. Ich stieß sofort auf den LL.M. im Gesellschafts-, Stiftungs-, und Trustrecht, der meinem Interessengebiet quasi perfekt entsprach. Ich telefonierte rasch mit der Studiengangsleitung und von da an stand meine Entscheidung für den LL.M. fest.
 

Wie war der LL.M. für Gesellschafts-, Stiftungs- und Trustrecht aufgebaut und was überzeugte Sie von diesem verglichen mit anderen Programmen? Inwiefern wurde der Praxisbezug hergestellt und welche Lehrinhalte spielten für Ihre heutige rechtsberatende Tätigkeit eine besondere Rolle?

Christian Steck: Der LL.M. ist durch insgesamt neun verschiedene Module geprägt anhand derer einem die verschiedenen Rechtsgebiete des liechtensteinischen, europäischen und weltweiten Gesellschafts-, Stiftungs- und Trustrecht näher gebracht werden. Die Module werden dabei im Rahmen mehrtägiger Blockveranstaltungen unterrichtet.
 

Ein ganz wesentliches Argument für das Programm in Vaduz war für mich das ausgewogene Verhältnis von Wissenschaftlichkeit und Praxisbezug: Die dogmatischen Grundlagen werden einem von universitären Professoren und Dozenten nähergebracht, während man den praktischen Umgang mit den Vorschriften von Rechtsanwälten, Regierungsbeamten, Richtern und Treuhändern aus dem In- und Ausland lernt. Dass eine Gruppengröße von 30 Personen selten überschritten wird und so Fragen und Diskussionen über das Behandelte problemlos möglich waren, machte die behandelten Rechtsmaterien umso erlebbarer.

 

Wie gestaltet sich ein solcher Aufenthalt an der Universität Liechtenstein in Bezug auf Struktur und Verlauf? Hatten Sie überwiegend freie Wahlmöglichkeiten oder gab es einen festen Fahrplan?

Christian Steck: Einen strikt einzuhaltenden Fahrplan gibt es nicht, aber bildlich gesprochen schlägt einem die Uni Liechtenstein zumindest vor, wann welche Züge abfahren. Dies in Form der insgesamt neun Module. Man muss diese nicht alle in perfekter Reihenfolge absolvieren, aber es ist zumindest empfehlenswert. Denn aus meiner persönlichen Sicht – es kann sein, dass mir hier Vertreter der Uni widersprechen würden – teilt sich der LL.M. grob in drei Phasen:

  • In der ersten Phase erlernt man Theorie und Praxis insbesondere des liechtensteinischen Gesellschafts-, Stiftungs- und Trustrecht. Dabei wirft man jedoch schon zahlreiche Blicke in die Nachbarstaaten Österreich und Schweiz.
  • In der zweiten Phase blickt man über den sprichwörtlichen Tellerrand hinaus und betrachtet neben der deutschen zunächst andere europäische und sodann auch die angloamerikanische Rechtsordnung.
  • In einer dritten Phase erhält man Gelegenheit zur praktischen Anwendung des Gelernten. Dies durch speziell vorgesehene Module, die Masterarbeit oder den „I&F Family Wealth Preservation Award“.
     

Das heißt aber keineswegs, dass einem alles strikt vorgegeben wird. Bei mir war es z.B. so, dass ich aufgrund anderweitiger Verpflichtungen an keiner der beiden Studienreisen teilnehmen konnte. Persönlich war das zwar bedauerlich, denn meine Mit-LL.M.-Alumni erzählen mir bis heute, was für spannende Wochen und spaßige Abende ich so verpasst habe. Fachlich schadete es mir trotzdem nicht, denn ich habe stattdessen zwei Ersatzmodule im Internationalen Steuerrecht belegt. Und auch davon profitiere ich im Rahmen meiner anwaltlichen Tätigkeit bis heute. 

 
Die Universität Liechtenstein ist international ausgezeichnet vernetzt. Können Studierende bereits während des Studiums – beispielsweise in Form von Studienreisen o.Ä. – davon profitieren?

Christian Steck: Wie soeben schon angesprochen, konnte ich selbst leider an keiner der beiden Studienreisen teilnehmen. Gleichwohl ist das internationale Flair der Uni dennoch deutlich zu spüren und das keineswegs nur durch die vielen „Internationals“ der einzelnen Studiengänge. In unserem LL.M. stammte eine beträchtliche Zahl der Dozenten aus dem Ausland, viele von ihnen unterrichteten in englischer Sprache. Hinzu tritt: Liechtenstein muss als sechstkleinstes Land der Welt zwangsläufig über die eigenen Grenzen hinausblicken und das gilt umso mehr in der Theorie und Praxis des Rechts und damit notwendigerweise auch für das LL.M.-Programm und die gesamte Uni.
 

Von der daraus resultierenden internationalen Vernetzung konnte ich persönlich profitieren, indem mich die Uni in fachlicher wie auch persönlicher Hinsicht bestmöglich bei meinem Dissertationsprojekt im europäischen und internationalen Gesellschaftsrecht unterstützt. Und dies obwohl ich nicht in Liechtenstein, sondern an der Uni Heidelberg promoviere.

 

Der LL.M. in Gesellschafts-, Stiftungs- und Trustrecht ist als Programm in Teilzeit konzipiert. Eignet er sich dadurch besonders für Berufstätige oder ist der zeitliche Aufwand hinter dem Programm dennoch nicht zu unterschätzen?

Christian Steck: Die kurze Antwort lautet: Ja, absolut! Dafür, wie gut man den LL.M. unter einen Hut mit Anderem bringen kann, bin ich selbst nämlich ein ganz gutes Beispiel: In die zwei Jahre meines LL.M. fielen nämlich insgesamt drei „Projekte“, die ich erfolgreich nebenher jonglieren konnte. Die Anfangszeit meiner bereits angesprochen Doktorarbeit, meine ebenso schon angedeutete Tätigkeit für das Stuttgarter Büro einer deutschen Sozietät sowie mein Rechtsreferendariat am Landgericht Ravensburg. Natürlich benötigt man dafür Arbeitgeber, die Verständnis für einen solchen nebenberuflichen LL.M. haben, doch da sie von Weiterbildungen ihrer Mitarbeiter profitieren, ist es nach meiner Erfahrung kein Problem. Selbstverständlich geht mit einer solchen Mehrfachbelastung manchmal auch ein gewisses Maß an Stress einher. Man muss bereit sein, eben auch mal am Sonntag oder abends zu lernen. Und wer dazu nicht bereit ist, kann mit seinem Arbeitgeber ja auch Sonderregelungen für Lerntage o.Ä. treffen.

Stichwort: „grenzüberschreitende Rechtsberatung“ – was sind die typischen Fragestellungen, die Ihren Arbeitsalltag in einer liechtensteinischen Kanzlei dominieren?

 

Christian Steck: Mein anwaltliches Tätigkeitsgebiet lässt sich mit dem Begriff „Private Clients“ umschreiben. Mein Alltag wird also in erster Linie von Fragen des liechtensteinischen, deutschen und internationalen Gesellschafts- und Steuerrechts sowie von den angrenzenden Rechtsgebieten dominiert.

Im Gesellschaftsrecht sind es tatsächlich oftmals genau diejenigen Fragen, die man im LL.M. bereits behandelt hat oder für deren Beantwortung man zumindest das erforderliche Grundverständnis erworben hat. Denn Mandanten wollen in der Regel wissen, welche Rechtsform für ihre Planungen die richtige ist, welche Vor- und Nachteile verschiedene Arten von Gesellschaften bieten und was juristische Standortvorteile Liechtensteins sind. Ebenda man als Teilnehmer des LL.M.s ein fundiertes Systemverständis erlangt, kann man auf solche Fragestellungen kompetente Antworten geben. 

Und selbst für meine übrigen anwaltlichen Tätigkeitsschwerpunkte, insbesondere im internationalen Steuerrecht, kann ich vielfach auf Wissen aus dem LL.M. zurückgreifen. Denn wenn es zum Beispiel darum geht, wie eine liechtensteinische Gesellschaft in Deutschland oder im englischsprachigen Ausland zu besteuern ist, dann muss man zur Beantwortung solcher Fragen die Besonderheiten der zu Grunde liegenden Rechtsform kennen und sie ausländischen Mandanten, Kollegen und Behörden näherbringen können.
 

Andere Länder, andere Sitten. Aber in Ihrem Fall auch anderes Recht? Wie war für Sie der Umstieg aus dem deutschen Rechtssystem nach Liechtenstein oder spielte dies für Ihren Schwerpunkt im LL.M.-Programm eine untergeordnete Rolle?

Christian Steck: Ein echter „Umstieg“ war es für mich nicht. Denn bis heute bin ich in meinem Arbeitsalltag vielfach mit Fragen des deutschen Rechts konfrontiert und würde das auch nie aufgeben wollen. Insofern ist der Begriff „zusätzliche Perspektive“ wohl passender. Aber es war ebenjene zusätzliche Perspektive, die bei meiner Entscheidung für den LL.M. eine ganz wesentliche Rolle spielte. Von Anfang an, also seit dem Zeitpunkt, zu welchem ich zum ersten Mal mit einer künftigen beruflichen Tätigkeit in Liechtenstein befasst habe, habe ich mir gesagt: Was braucht Liechtenstein wohl am wenigsten? Einen überklugen Deutschen, der mit seinem im Ausland erworbenen Wissen schlau daherredet ohne fundierte Kenntnis des nationalen Rechts zu besitzen. Damit ich genau kein solcher Fall werden würde, entschied ich mich für den LL.M. 

Der Vollständigkeit halber sei jedoch erwähnt und auch deshalb, will ich das Wort „Umstieg“ nicht verwenden:
 

Selbst wenn ich mich dazu entschieden hätte, doch wieder nördlich der nur 50 Kilometer entfernten deutschen Grenze oder beispielsweise auch in der Schweiz oder Österreich tätig zu werden, hätte ich von den im Rahmen des LL.M. erworbenen Kenntnissen profitiert, ebenda er sich nicht auf einzelne Rechtsordnungen beschränkt. 


Inwieweit hat Ihnen – als deutscher Jurist – der LL.M. geholfen, im liechtensteinischen Markt Fuß zu fassen?

Christian Steck: Ich würde sagen, dass der LL.M. nicht weniger als notwendige Bedingung dafür war. Zwar sind es deutsche Juristen, die die Vorbereitungen auf zwei verschiedene Staatsexamina durchlaufen haben, gewohnt, sich Rechtsgebiete in Eigenregie zu erarbeiten. Das funktioniert aber nur, weil man zuvor über viele Jahre das juristische Handwerkszeug, die Denkweisen und die Dogmen des deutschen Rechts nähergebracht bekommen hat. Würde man nur auf Basis dieser Grundlagen und mit diesem limitierten Wissen ans liechtensteinische Recht herangehen und darauf hoffen, dass man sich im stillen Kämmerlein durch Gesetzes- und Kommentarlektüre das Gesellschafts-, Stiftungs- und Trustrecht näherbringen kann, ist man aus meiner Sicht von Anfang an zum Scheitern verurteilt. Denn das liechtensteinische Recht besitzt eigene Denkweisen und Dogmen, die man zunächst verstanden haben muss.

Im Übrigen hat es ja auch einen Grund, warum so viele Marktteilnehmer mindestens ein Programm an der Uni absolviert haben. Schaue ich mich um – sei es unter Rechtsanwaltskollegen oder bei anderen Berufstätigen – fällt mir spontan niemand unter 50 ein, der nicht mindestens eine Fortbildung an der Uni durchlaufen hat. Und das gilt für Deutsche, Schweizer, Österreicher, Angehörige anderer Nationen und selbst Liechtensteiner gleichermaßen. Denn jedenfalls bisher existiert eben noch kein volles Liechtensteinisches Rechtsstudium. Und diese Lücke kann aus meiner Sicht nur durch Programme wie den LL.M. und andere Fortbildungen der Uni geschlossen werden.
 

Herr Steck, Sie sind mit dem „I&F Family Wealth Preservation Award“ ausgezeichnet worden, der von der Universität Liechtenstein und der Industrie- und Finanzkontor Est. vergeben wird. Welche Problemstellung mussten Sie hierbei behandeln und was war das Besondere an Ihrem Ansatzpunkt, mit dem Sie schließlich als Gewinner hervorgingen?

Christian Steck: Spannend an dem Wettbewerb war, dass es sich zwar um einen an sich fiktiven Fall gehandelt hatte, dieser jedoch auf realen Fragestellungen beruhte. Diesen engen Praxisbezug betonte auch S.D. Prinz Michael von und zu Liechtenstein, als er den Award und die Aufgabenstellung im Rahmen einer Vorlesung präsentierte: Es ging um eine Unternehmerfamilie, die die Eigentumsstruktur der Firma neu organisieren wollte, um seinen Fortbestand dauerhaft zu sichern. Zugleich sollte dem Umstand Rechnung getragen werden, dass manche Nachkommen des Firmengründers ihre berufliche Zukunft im Unternehmen sahen, während sich andere Kinder und Enkel anders entscheiden würden bzw. dies bereits getan hatten.

Davon ausgehend war mir wichtig, dass ich nicht einfach eine übliche juristische Hausarbeit verfasse, sondern dass ich eine Ausarbeitung mit Erläuterungen und Handlungsempfehlungen erstelle, die der fiktiven Mandantschaft einen echten Mehrwert bieten würde. 

Dass ich den Award letztendlich gewonnen habe, liegt zum einen sicherlich an der dafür notwendigen Portion Glück. Zum andern – sofern ich die freundlichen Worten an der Preisverleihung richtig deute – hat der Jury genau dieser erwähnte praxisorientierte Ansatz ganz gut gefallen.


Die Gesamtgruppe bei der Preisverleihung des "I&F Family Wealth Preservation Awards"

Sie sprechen neben Englisch auch Französisch. Inwiefern sind in Liechtenstein Fremdsprachenkenntnisse erforderlich und ist Französisch – neben Englisch – heute für eine grenzüberschreitende rechtliche Praxis ein Muss in Europa?

Christian Steck: Um mit dem Letzteren zu beginnen: Die Bedeutung des Französischen nimmt für mich – so schön das Land und so spannend Mandate mit Frankreich-Bezug sind – immerwährend ab. Oftmals will man höflich sein und schreibt oder spricht man Mandanten oder Kollegen aus Frankreich oder der französischsprachigen Schweiz auf Französisch an. In geschätzten 90 % der Fälle erhält man eine Antwort auf Englisch oder manchmal auch auf Deutsch. Das mag in meinem Fall damit zusammenhängen, dass ich Französisch nur aus der Schule und von Frankreich-Aufenthalten kann und es sich vermutlich immer etwas abgemüht anhört. Aber die allgemeine Tendenz ist klar erkennbar. 

Diametral anders verhält es sich mit dem Englischen. Dessen Bedeutung kann man gar nicht mehr überschätzen. Das geht soweit, dass es ganze Tage gibt, an welchen man nur auf Englisch spricht oder schreibt. Und das sollte einem nicht zu schwerfallen, weil kaum ein Mandant für einen nicht-muttersprachlichen Anwalt mehr zahlen will, weil dieser bei jedem zweiten Wort sorgfältig überlegen muss. Nicht umsonst ist es in Bewerbungsgesprächen von Kanzleien heute zumeist schon gar kein Thema mehr, ob man verhandlungssicheres Englisch spricht, sondern es wird zwingend vorausgesetzt. 

 

Viele entscheiden sich für ein LL.M.-Studium im englischsprachigen Ausland – weshalb haben Sie sich für einen anderen Weg entschieden?

Christian Steck: Bevor ich mich für den LL.M. in Liechtenstein entschieden habe, hatte ich mich schon recht intensiv mit dem Thema der Nachdiplomstudiengänge befasst. Dies, weil ich eigentlich immer davon ausgegangen war, dass ich ein solches Programm eher im englischsprachigen Ausland absolvieren würde. LL.M.-Studiengänge sind jedoch zumeist in Vollzeit konzipiert und oftmals sehr allgemein gehalten. Regelmäßig gilt: Man entscheidet sich für einen LL.M. an der Uni XY und schafft eine Spezialisierung erst durch die sodann gewählten Kurse, z.B. indem man über ein fiktives Punktekontingent für die Belegung beliebter Vorlesungen „bietet“. Ob man damit die gewünschte Spezialisierung tatsächlich bekommt, steht im Voraus nicht fest. Vergleichsweise wenig Programme sind auf das Gesellschaftsrecht gemünzt und Programme, die einem sowohl nationales als auch internationales Gesellschafts-, Stiftungs-, und Trustrecht lehren, sind eine absolute Rarität. 

Das LL.M.-Programm erscheint auf den ersten Blick sehr breit gefächert. Wie viel Tiefenwissen wird hierbei vermittelt und gibt es neben dem bloßen Programm weitere Veranstaltungen oder Möglichkeiten, welche dieses praxisorientiert ergänzen?

Christian Steck: Die Behandlung verschiedener Themen und die Vermittlung von Tiefenwissen schließen sich nicht gegenseitig aus. Wenn man z.B. in einem der ersten Module das liechtensteinische Trustrecht nähergebracht bekommt und man sich ca. ein Jahr später mit dem angloamerikanischen Trustrecht auseinandersetzt, vergisst man seine Kenntnisse im liechtensteinischen Recht ja nicht. Im Gegenteil: Man bemerkt, wo die Rechtsordnungen Ähnlichkeiten aufweisen und welche Unterschiede bestehen. Durch das Herstellen solcher Querverbindungen, erlangt man ein noch tiefergreifendes Systemverständnis.
 

Tatsächlich gibt es verschiedene Veranstaltungsreihen, die für einen guten Austausch zwischen LL.M.-Studenten und Praktikern sorgen. Egal, ob sog. „Lunch & Learn“, gesellschaftsrechtliche Kaminabende oder Seminartage: All jene Formate der Uni Liechtenstein dienen nicht nur zum Netzwerken, sondern bieten tolle Möglichkeiten zum fachlichen Austausch und manchmal auch kontroversen juristischen Diskussionen.


Konnten Sie im Verlauf Ihres LL.M.-Studiums auch neue Stärken oder Interessensbereiche für sich entdecken oder haben Sie Ihre bisherigen eher ausgebaut und vertieft? 

Christian Steck: Also „Entdecken neuer Stärken“ wäre wahrscheinlich zu bedeutungsschwer formuliert. Ich wusste schlicht, dass ich allein durch meine in Deutschland und im Rahmen meiner Auslandssemester an der HSG erworbenen Kenntnisse nicht hinreichend für die gesamte Bandbreite des liechtensteinischen Rechtsmarkt vorbereitet gewesen wäre. Dass ich diesen Makel rasch ausmerzen konnte, habe ich dem LL.M. zu verdanken.

Und was das Vertiefen von Interessen angeht, hat mir der LL.M sehr geholfen die zentrale Bedeutung von rechtsvergleichenden Ansätzen zu erkennen: So hat mich der LL.M. auf das Thema meiner Doktorarbeit gebracht, die europarechtliche und rechtsvergleichende Aspekte des Gesellschaftsrechts vereint.
 

Für welche berufliche Ausrichtungen würden Sie ein LL.M.-Studium an der Universität Liechtenstein empfehlen?

Christian Steck: Aus meiner Sicht können Rechtsanwälte und Personen, die im Treuhand- oder im Finanzbereich tätig sind oder tätig werden wollen, am meisten und am unmittelbarsten vom LL.M. profitieren. Dies aus dem Grund, weil sie im Rahmen ihrer Berufstätigkeit täglich mit denjenigen Gesellschaftsformen konfrontiert sind, welche man im LL.M.-Programm intensiv behandelt. Wenn ich mich aber in meinem damaligen Jahrgang umschaue, dann hatten wir z.B. auch Kommilitonen, die Regierungsmitarbeiter waren oder von Versicherungen und Immobilienfirmen beschäftigt wurden.
 

Welchen Rat können Sie noch Unentschlossenen mit auf den Weg geben? Und weshalb würden Sie empfehlen, sich auch abseits der englischsprachigen Länder umzusehen?

Christian Steck: Unentschlossenen würde ich empfehlen, einfach direkten Kontakt mit der Studiengangsleitung aufzunehmen. Man bekommt rasche, informative und ehrliche Antworten zum Konzept und Aufbau des LL.M.s. Bei mir war dieser damals telefonische Kontakt genau der Ausschlag, den es brauchte, um mich endgültig für das Programm zu entscheiden.

Ich will einen LL.M. im englischsprachigen Ausland absolut nicht schlechtreden. Für Jeden, der nach der stressigen Vorbereitung auf das Erste Examen einmal was Anderes sehen will und die entsprechenden Noten mitbringt, hat ein solches Programm Charme. Wie bereits erwähnt, fand ich es jedoch schade, dass einem bei den wenigsten dieser Studiengänge eine konkrete Spezialisierung gewährleistet werden kann. Und hinzutritt, dass man neben solchen Programmen zwar im besten Fall etwas an der eigenen Doktorarbeit weiterschreiben kann, es aber praktisch nie nebenberuflich ausgestaltet ist. Natürlich kann man die vier Schritte der „umfassenden“ Juristenausbildung strikt nacheinander absolvieren, also erst ein mindestens neun Semester dauerndes Jurastudium, dann einen LL.M. in Vollzeit, danach das zweijährige Referendariat und im Anschuss eine wieder mindestens zweijährige Promotion. Aber selbst, wenn man das Studium mit 18 oder 19 Jahren beginnt, ist man dann in der Regel über 30 bis zum Berufseinstig. Das muss nichts Schlimmes sein und einige Kanzleien sind ja sogar gegen „zu junge“ Berufseinsteiger. Mir selbst wäre das aber deutlich zu spät gewesen. Und dass es bei mir rascher ging, verdanke ich wesentlich meinem LL.M. an der Uni Liechtenstein, ebenda ich Vieles zeitgleich absolvieren konnte.

Ihr Fazit?

Christian Steck: Ohne zu pathetisch wirken zu wollen, kann ich sagen, dass der LL.M. für mich eine der besten Entscheidungen war, die ich überhaupt hätte treffen können. Er hat mir voll und ganz den Weg in das liechtensteinische Rechtssystem und in meine jetzige Berufstätigkeit geebnet. Denn trotz meiner fundierten juristischen Ausbildung hätte ich hier im Land nie in der jetzigen Form oder zumindest nicht so glaubhaft tätig werden können. Und von der gewonnenen rechtsvergleichenden Perspektive hätte ich selbst dann profitiert, wenn ich mich für eine anwaltliche Tätigkeit in Deutschland oder einem anderen Land entschieden hätte. Kurzum: Ich kann Jedem, der sich für ein gesellschaftsrechtliches Nachdiplomstudium interessiert und der nicht zwingend mindestens ein Jahr im englischsprachigen Ausland verbringen will, empfehlen sich mit dem liechtensteinischen LL.M. im Gesellschafts-, Stiftungs- und Trustrecht auseinander zu setzen.

 

Vielen Dank, Herr Steck!

 

*sponsored