Rechtsverordnung zum zertifizierten Mediator veröffentlicht

Verfasst von Dr. Martin Fries. 

Rechtsverordnung zum zertifizierten Mediator veröffentlicht

Der selbstzertifizierte Mediator

Das Bundesjustizministerium hat die lang erwartete Verordnung über die Aus- und Fortbildung von zertifizierten Mediatoren veröffentlicht. Interessant daran: Ihr Zertifikat verleihen sich die Mediatoren gewissermaßen selbst.
 

Ein Mediator ist ein Vermittler, der die Parteien eines Rechtsstreits bei der Suche nach einer einvernehmlichen Konfliktlösung unterstützt. Bisher kann in Deutschland jeder Mediator werden: Studenten und Berufstätige, Juristen und Nichtjuristen, Kommunikationstalente und Bücherwürmer. Das wird auch in Zukunft so bleiben. Allerdings hält es der Gesetzgeber für geboten, das Vertrauen in die Person des Mediators zu stärken. Deswegen führt er nun ein Gütesiegel ein, um die Spreu vom Weizen zu trennen. Der zertifizierte Mediator soll eine Autoritätsperson werden, dem die Parteien eines Rechtsstreits die Leitung eines Konfliktlösungsverfahrens bedenkenlos anvertrauen können.

Aktuelle Jobs für Juristen

So wird man zertifizierter Mediator

Wie wird man zertifizierter Mediator? Die Antwort auf diese Frage findet sich nun in der Verordnung über die Aus- und Fortbildung von zertifizierten Mediatoren (ZMediatAusbV). Danach muss man eine 120-stündige Mediationsausbildung absolvieren, eine Handvoll Praxisfälle mediieren und diese Fälle anschließend in Supervisionen reflektieren. Das ist einfacher gesagt als getan, denn der Verordnungsgeber verlangt die Akquise von vier Mediationsfällen innerhalb von zwei Jahren nach Abschluss der Mediationsausbildung. Typischerweise baut man sich seine Mediationspraxis allerdings erst im Laufe der Jahre auf. Auf den ersten Blick scheint das dazu zu führen, dass es mittelfristig nur ein paar hundert zertifizierte Mediatoren in Deutschland geben wird.

Der zertifizierte Mediator ist ein selbstzertifizierter Mediator

Der Berliner Rechtsanwalt Michael Plassmann sieht demgegenüber eine „Inflation von zertifizierten Mediatoren“ am Horizont. Mit gutem Grund. Denn die Praxisanforderungen an zertifizierte Mediatoren sind zwar erheblich, aber die Mediatoren dürfen sich ihre Zertifizierung nach dem Willen des Verordnungsgebers tatsächlich selbst verleihen. Eine Kontrollstelle für Mediatoren gibt es nicht. Das verwundert, weil der Begriff „Zertifizierung“ suggeriert, die Fähigkeiten des Mediators seien von einer unabhängigen Stelle überprüft worden. Der BGH hat auf diesen Umstand vor einigen Jahren in seiner Entscheidung zum zertifizierten Testamentsvollstrecker explizit hingewiesen. Bei der Mediation trifft nun dennoch jeder Mediator für sich die Feststellung, ob er die Anforderungen der Zertifizierungs-Verordnung erfüllt. Eine Kontrolle dieser Selbstzertifizierung kann allenfalls durch Abmahnungen und Unterlassungsklagen von Wettbewerbern erfolgen. Kritiker sehen darin mit einiger Berechtigung eine Irreführung des Marktes, dessen Vertrauen es doch eigentlich zu schützen galt.

Kein Marktversagen, kein Bedarf für ein Gütesiegel

Wie hätte sich das Vertrauen der Allgemeinheit in die Qualifikation von Mediatoren besser schützen lassen? Bisher speist sich die Reputation der meist nebenberuflichen Mediatoren ganz wesentlich aus ihrer Reputation im Hauptberuf. Wer als Psychologe, als Unternehmer oder als Anwalt einen guten Job macht, dem vertrauen Streitparteien auch die Begleitung ihres Konflikts am ehesten an. Diese dem Markt überlassene freie Mediatorenwahl funktioniert gut. Und dabei hätte man es auch bewenden lassen können.

Denn ein gerechtes Prüfverfahren für die Kommunikations- und Prozessmanagementfähigkeiten zu konstruieren, die einen guten Mediator ausmachen, wäre eine Sisyphusaufgabe. Diesen Stein den Berg hinaufzuwälzen, ist nicht nur mühsam, sondern schlicht unnötig. Gesetze haben wir genug, da braucht es kein staatliches Gütesiegel für Dienstleister, deren Kunden mit ihnen bisher ziemlich zufrieden waren.

Hogan Lovells
undefined

Hogan Lovells

5 Bewertungen

Alle Infos zur Kanzlei