Vis Moot Jena - 14 Minuten zum Überzeugen als Jurastudent

14 Minuten... für die "Mooties"!

Vis International Commercial Arbitration Moot - Wenn ein Wirtschaftsrechts Wettbewerb zum bitteren Ernst wird...

 

Es sind nur vierzehn Minuten. Vierzehn Minuten, um das Tribunal von der eigenen Position zu überzeugen. Vierzehn Minuten, um sich in die nächste Runde vorzukämpfen oder zu scheitern. In einem echten Schiedsverfahren erstreckt sich ein Plädoyer oft über Stunden oder Tage. Die Teilnehmer des Vis Moot müssen die Schiedsrichter in einer knappen Viertelstunde für Ihre Position einnehmen. Für die Vorbereitung investieren sie ein ganzes Semester ihres Studiums – denn in diesen wenigen Minuten muss alles sitzen. 

Die Friedrich-Schiller-Universität Jena hat ihr Team für den kommenden Wettbewerb schon aufgestellt. Beim 26. Willem C. Vis International Commercial Arbitration Moot werden für die rechtswissenschaftliche Fakultät sech Studierende antreten.

Der Wettbewerb

Der Vis Moot ist ein internationaler Wettbewerb auf dem Gebiet des Schiedsrechts und des UN-Kaufrechts, der jedes Jahr im Wintersemester ausgetragen wird. Er verlangt von den Studierenden, dass sie in einem simulierten Schiedsverfahren als Anwälte auftreten und auf Englisch – schriftlich sowie mündlich – die Interessen ihrer fiktiven Mandanten vertreten. Höhepunkt des Wettbewerbs sind die mündlichen Verhandlungen, die jedes Jahr vor Ostern in Wien und in Hongkong stattfinden. Mit mehr als 360 teilnehmenden Universitäten aus der ganzen Welt ist der Vis Moot Court der weltweit größte universitäre Wettbewerb auf dem Gebiet des internationalen Wirtschaftsrechts.

Obwohl die Jenaer Fakultät mit knapp 1600 Studenten eher klein ist, gab es zahlreiche Bewerber für das neue Team. Der Wettbewerb genießt bei den Studierenden einen hohen Stellenwert. Das liegt nicht zuletzt daran, dass es beim vergangenen Vis Moot zum ersten Mal gelungen war, nicht nur zum Ausscheid nach Wien zu fahren. Es konnte auch die Finanzierung für die Teilnahme am Partnerwettbewerb in Hongkong auf die Beine gestellt werden. Dieser „Vis East“ basiert auf dem gleichen Sachverhalt wie der Vis Moot. Organisatorisch ist er aber weitgehend unabhängig. Den Teams steht es frei, an nur an einem oder an beiden Wettbewerben teilzunehmen.

 

„Es wäre schön, wenn wir auch in Hongkong antreten könnten“, schwärmt der diesjährige Teilnehmer Gregor Gindlin.

 

In einem Auswahlverfahren stellten er und seine Mitstreiter Lucas Ibers, Elena Krenn, Kristin Paul, Lukas Tepke und Juliane Wilke sich als die geeignetsten Kandidaten heraus. Sie alle waren auch schon in der Zwischenprüfung unter den Besten ihres Jahrgangs. „Das war für uns aber nicht allein ausschlaggebend“, betont Coach Pauline Köstner. „Die Bewerber müssen überzeugend argumentieren und auf Englisch flüssig vortragen können und sich auch durch Nachfragen nicht aus dem Konzept bringen lassen.“ Als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Internationales Privatrecht und Rechtsvergleichung betreut sie zusammen mit ihrem Kollegen Alexander Holzer die „Mooties“. Die 27-jährige hat im Jahr 2014 selbst teilgenommen und wurde sogar als eine der besten Rednerinnen des Wettbewerbs ausgezeichnet. Seitdem ist sie begeisterte Schiedsrechtlerin und promoviert nun zur Haftung von Schiedsinstitutionen. Auch ihre Doktormutter Giesela Rühl, federführende Betreuerin des Vis Moot an der Uni Jena, ist ein Ex-Mootie. Sie nahm 1997 für die Universität Bonn teil.

 

 

„Im letzten Jahr habe ich bei einem Forschungsaufenthalt in Australien zwei meiner damaligen Konkurrentinnen wiedergetroffen“, schmunzelt die heutige Zivilrechtsprofessorin. "Daran sieht man, wie einen diese Erfahrung das ganze Leben begleitet.“

 

Feuer für das Schieds- und internationale Kaufrecht hat ein Großteil der Teilnehmer durch die Schwerpunktveranstaltung „Internationales Wirtschaftsrecht“ gefangen. „Die Fallstudien und praktischen Einblicke haben mich wirklich neugierig gemacht. Das könnte ich mir auch als künftiges Berufsfeld vorstellen“, sagt Lukas Tepke. „Mit diesen Rechtsgebieten kommt man ja im Studium nicht so in Berührung. Ich freue mich auf den Moot“, ergänzt seine Kommilitonin Elena Krenn. Die Vorlesung hält Prof. Rühl zusammen mit Schiedsrechtspraktikern aus Deutschland, Österreich, der Schweiz und den USA. „Dieses Grundwissen vertiefen wir dann in einem Seminar während der Semesterferien Eigentlich sind das schon Schieds- und Kaufrechtsexperten, bevor der Moot richtig losgeht“, meint Coach Alexander Holzer anerkennend. Den sprachlichen und rhetorischen Feinschliff bekommen die Teilnehmer von Englischdozentin und Muttersprachlerin Dr. Hazel-Ann Slinn und der Schauspieler Remi Rachuba verpasst.

Die Teilnehmer aus Jena

Doch die Mooties sind keine Stubenhocker, sondern vielseitig interessiert: Während Lukas Tepke sich parteipolitisch engagiert, taucht Kristin Paul an exotischen Orten. Juliane Wilke arbeitet ehrenamtlich für eine kostenlose Rechtsberatung und Elena Krenn ist passionierte Pianistin und Geigerin. Der Weltenbummler Lucas Ibers hat seine Leidenschaft fürs Debattieren entdeckt – ebenso wie Gregor Gindlin, der sogar schon erfolgreich an Debattierwettbewerben teilgenommen hat und in seiner Freizeit gerne bouldert. Sie alle wissen, dass das ein oder andere Hobby im kommenden halben Jahr etwas zu kurz kommen wird. Aber sie sind sich einig: „Wir wollen ja gemeinsam auch was erreichen!“

 

Vis Moot Team Jena - Kandidaten

 

Bei der Vorbereitung wird das Team von Kanzleien und Firmen unterstützt. Dies hat für beide Seiten Vorteile: Das Team erhält Zuschüsse für seine Reisekasse. So kann jeder Student unabhängig von seiner finanziellen Situation an dem Wettbewerb teilnehmen. Keines der Teammitglieder muss selbst Geld für die Fahrten zu den Wettbewerben oder den Vorbereitungsveranstaltungen aufwenden. Oft werden die Teilnehmer zu Probeverhandlungen in die Kanzleien oder Firmen eingeladen. So können sie ihre Argumente vor erfahrenen Praktikern ausprobieren. Aber auch die Unterstützer können mit den vielversprechenden Nachwuchsjuristen ins Gespräch kommen und als potenzielle Arbeitgeber auf sich aufmerksam machen.

 

Die Messlatte liegt hoch, und das wissen die Mitglieder des neuen Teams: Mit dem Einzug in die Runde der besten 16 Teams beim Vis East in Hongkong und verschiedenen Auszeichnungen für schriftliche und mündliche Leistungen waren ihre Vorgänger aus diesem Jahr das erfolgreichste Team, das Jena jemals ins Rennen geschickt hat. „Aber das ist für uns kein Problem – das toppen wir“, freuen sich die neuen Mooties Kristin Paul und Juliane Wilke.

 


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