Trotz der vielen Klischees, die über uns Jurastudenten existieren, sind wir in Wahrheit ziemlich verschieden. Wir haben andere Gründe, weshalb wir unser Studium aufgenommen haben, wir haben andere Ziele und auch die Wege die wir dahin wählen, könnten unterschiedlicher nicht sein. Doch was für Studententypen gibt es eigentlich abseits der Klischees und welche Städte, Universitäten und Spezialisierungen passen zu ihnen?
Der Karrierist
Beginnen wir mit dem Prototypen des Klischee-Juristen:
Dem Karrieristen. Möglichst schnell nach oben, viel Geld verdienen, Macht haben und die Partnerschaft in einer Großkanzlei fest im Blick. So oder so ähnlich klingt der Karriereplan dieser Spezies. Wer im Übrigen denkt, dass der Karrierist ein typischer und häufiger Vertreter der Juristenzunft ist, der irrt sich. Die aktuelle Generation weicht von diesem früher gängigen Muster immer mehr ab, wünscht sich mehr Zeit für die Familie und stellt eigene Ansprüche an Geld und Status immer mehr zurück.
Doch noch gibt es sie und für sie gibt es auch den richtigen Weg. Wer später in der freien Wirtschaft durchstarten möchte, der sollte möglichst früh damit anfangen. Dementsprechend empfiehlt sich bei der Wahl des Studienstandorts eine größere Stadt, in der zumindest einige größere Kanzleien und Unternehmen Standorte haben. Je nach Interessengebiet drängen sich hier in erster Linie die Metropolen München, Frankfurt am Main, Berlin aber auch Hamburg und Düsseldorf oder Köln auf. Sieht ein Student seine Zukunft in der Finanzbranche bzw. dem Kapitalmarktrecht, so bietet sich freilich Frankfurt am Main an. Möchte er lieber die rechtliche Beratung von Neugründungen in einer Großkanzlei übernehmen, könnte Berlin der richtige Ort sein.
Ein Nebenjob während des Studiums als wissenschaftlicher Mitarbeiter in einer Kanzlei oder einem großen Unternehmen sollte es auf jeden Fall sein. Schließlich erfüllt den Karrieristen das reine Studium noch lange nicht, er will mehr!
Neben Studium und Arbeit stellt sich nun die Frage der Internationalisierung. Ein Auslandsaufenthalt gehört zumindest in den Chefetagen zum guten Ton. Also muss ein Erasmussemester und am Besten später noch ein LL.M. im Ausland her. Doch anders als viele Kommilitonen sucht der Karrierist nicht nach einem Partyort im Süden, sondern nach einer Universität, die den Lebenslauf aufhübscht und gute Kontakte mit sich bringt. Statt nach Spanien oder Italien zieht es den Karrieristen daher an die Elite – Universitäten in Großbritannien wie Oxford und Cambridge, den USA nach Harvard und Yale oder in die Schweiz nach Lausanne oder St. Gallen.
Wer den LL.M. in der Tasche hat, der kann auf eine langwierige Dissertation zu mageren Bezügen an der Universität verzichten und so verlässt der Karrierist mit Abschluss seines Examens die Universität für immer und zieht von dannen, in die Businesswelt.
Der angehende Politiker
Eine weitere Auffälligkeit unter Juristen an der Universität ist das hohe Aufkommen politisch aktiver Hochschulgruppen und Interessenvertretern. Wer hier aktiv ist und die Kommilitonen zu bewegen weiß, der kann bereits ein Fundament für die politische Karriere legen. Was im Fakultätsrat und dem Universitätsparlament beginnt, könnte bald auf die großen Bühnen der Politik, begonnen auf kommunaler Ebene bis hin zur Bundespolitik, führen.
Wer in der Politik nach Vorne kommen möchte, der steht vor einem Dilemma. Auf der einen Seite ist natürlich Berlin das Epizentrum des politischen Handelns in Deutschland, auf der anderen Seite gibt es auch dementsprechend große Konkurrenz. Nach reiflicher Überlegung steht der Emporkömmling also vor der Entscheidung, ob er gleich groß angreifen möchte und daher Berlin als Studienort wählt oder ob er sich etwas beschaulicheres sucht, um eine solide Basis bei weniger Konkurrenzdruck zu schaffen und später mit diesem Fundament die Landes- und Bundespolitik zu erobern.
Wie auch immer sich ein Student entscheidet, beides hat Vor- und Nachteile und kann zum Erfolg führen. Schließlich stellt sich auch noch die Frage nach der Vertiefung während des Studiums. Hier sollte die Politik auch im Studium Einfluss genießen und Staatsorganisations- oder Verfassungsrecht vertieft werden. Auch eine Dissertation kann nicht schaden, sie sollte jedoch aufgrund der Erfahrungen der letzten Jahre unbedingt selbst verfasst und genauestens auf Plagiate untersucht werden. Nicht dass der Doktortitel noch zum Stolperstein auf dem Weg nach ganz oben wird!
Der Moralist, der Gutmensch, der Öko
Während die ersteren beiden Vertreter noch auf die eigene Karriere fixiert sind, sucht dieser Typ von Jurastudenten das Heil weniger im eigenen Aufstieg, als in dem Nutzen seiner Tätigkeit für die Gesellschaft oder die Umwelt. Doch aufgepasst, wer in NGOs oder beim Staat nach Oben kommen möchte, der braucht fast genauso gute Noten wie seine Vorgänger. Ein Larifari-Studium neben der vielfältigen ehrenamtlichen Tätigkeit kommt also gar nicht erst in Frage.
Allerdings stellt sich auch hier die Frage des Studienstandortes. Für alles was hip, modern und gemeinnützig ist, kommt zunächst Berlin in Frage. Wer sich allerdings einmal länger in Berlin aufgehalten hat, der weiß dass zumindest Umweltschutz hier leider nicht an erster Stelle steht. Wer sich also nicht mit der ganzen Stadt anlegen möchte, der sollte Ausschau nach Alternativen halten. Ein Geheimtipp für ökologisch und sozial Engagierte ist die Universität zu Freiburg im Breisgau. Die traditionell grün geprägte Stadt, geleitet vom grünen Oberbürgermeister Dieter Salomon, im Süden des Landes hat einen hervorragenden Ruf und liegt in Mitten einer wunderschönen und schützenswerten Landschaft.
Der Weg zu einer Stelle in einer öffentlichen Institution kann schwer sein und geht in der Regel über viel Erfahrung und den daraus entstehenden Kontakten. Gute Noten sind ein Muss, eine Dissertation oder ein LL.M. eher nicht und können daher schnell zu Zeit- und Geldverschwendung werden. Im Zweifel sollte dieser Typ von Jurastudent daher lieber auf Praxiserfahrung, als auf eine akademische Karriere setzen.
Und erkennt ihr euch oder eure Kommilitonen wieder? Auch diese Wege sind natürlich nicht bindend und können nur skizziert werden. Doch können sie dem Interessierten zumindest ein guter Anhaltspunkt für seine Zukunftsplanung sein.