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Veröffentlicht am 02.06.2023

Ausländischer Jura Abschluss: Diese außergerichtlichen Jobs gibt es

Welche Möglichkeiten gibt es, als Jurist:in in Deutschland tätig zu werden?

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Wie aufwändig es ist, als ausländische:r Jurist:in in Deutschland Fuß zu fassen und welche bürokratischen Hürden ein solcher Prozess mit sich bringt, wird bereits in unserem Artikel über die Möglichkeiten der Anerkennung ausländischer juristischer Abschlüsse ersichtlich. Es gibt jedoch auch andere Möglichkeiten, als Jurist:in in Deutschland tätig zu werden. In diesem Artikel erfährst du, warum die Anerkennung so problematisch (und leider auch nicht immer erfolgreich) ist und welche anderen nicht-anwaltlichen Jobs du in Deutschland machen kannst!

Warum ist die Anerkennung ausländischer Jura-Abschlüsse ein Problem?

Die Anerkennung ausländischer Jura-Abschlüsse stellt Jurist:innen, die keinen Abschluss in Deutschland erworben haben, vor große Hürden und Probleme. 

Durch die Unterteilung in das Erste und Zweite Staatsexamen sowie die Voraussetzung, einen sogenannten Vorbereitungsdienst (Referendariat) zu absolvieren, unterscheidet sich die juristische Ausbildung in Deutschland von dem geläufigen Bachelor-Master-Modell. Der spezielle Aufbau – unter anderem das Bewertungssystem nach Punkten (0-18) und die bundeslandspezifischen Ausbildungsordnungen – machen eine Anerkennung zu einem bürokratischen Drahtseilakt. 

Hast du dann doch endlich verstanden, wie genau die Anerkennung funktioniert, alle erforderlichen Dokumente zusammen gesammelt und einen Antrag bei der zuständigen Behörde oder Rechtsanwaltskammer gestellt, kann es leider immer noch vorkommen, dass dein Abschluss nicht anerkannt wird. Grund hierfür können beispielsweise z.B. mangelnde gleichwertige Kenntnisse und Fähigkeiten sein.

Jurist:innen, die ihren Abschluss in keinem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Europäischen Wirtschaftsraums oder der Schweiz absolviert haben, wird die Anerkennung gänzlich verwehrt.

So wirst du trotzdem als Jurist:in tätig!

Nur weil du mit einem ausländischen Abschluss offiziell in Deutschland nicht als Anwält:in giltst, heißt das jedoch noch nicht, dass du nicht als Jurist:in arbeiten kannst. Folgende Möglichkeiten stehen dir offen:

1. Niederlassung zur Rechtsbesorgung

Du kannst zunächst beratend tätig werden und die sogenannte Niederlassung zur Rechtsbesorgung beantragen. 

Hierfür musst du dich an die zuständige Rechtsanwaltskammer wenden – diese kann dir die jeweiligen Anforderungen und Voraussetzungen mitteilen. Hier findest du eine Übersicht aller Rechtsanwaltskammern in Deutschland.

Aber Achtung: Beantragst du die Niederlassung zur Rechtsbesorgung (nach § 206 der Bundesrechtsanwaltsordnung), kannst du nur in den Rechtsgebieten des Staates, in dem du deinen Jura-Abschluss erhalten hast, sowie im Völkerrecht (unter Bezeichnung des Staates deines Abschlusses) tätig werden.

2. Außergerichtliche Rechtsdienstleistungen

Zudem besteht für dich die Möglichkeit, bei außergerichtlichen Dienstleistungen zu arbeiten. Das können beispielsweise (öffentlich-rechtliche) Verwaltungsstellen in Deutschland sein. 

Diese natürlichen bzw. juristischen Personen und Gesellschaften ohne Rechtspersönlichkeit müssen bei der zuständigen Behörde gemeldet sein und erstrecken sich über folgende Bereiche:

  • Inkassodienstleistungen
  • Rentenberatung

Für eine detaillierte Auflistung lohnt sich auch der Blick in § 10 des Rechtsdienstleistungsgesetzes (RDG).

Auch hier musst du einen entsprechenden Antrag bei der jeweiligen zuständigen Behörde stellen – das sind oftmals Verwaltungsstellen oder die Oberlandesgerichte der Regierungsbezirke.

3. Tätigkeit in nicht-reglementierten Berufen

Natürlich besteht für dich auch immer die Möglichkeit, beratend in Wirtschaftsunternehmen, Banken oder Versicherungen tätig zu werden. 

Viele Unternehmen, die international tätig sind, haben bereits Erfahrung mit ausländischen Abschlüssen bzw. Qualifikationen und benötigen keine externen Einschätzungen.

Sollte du deine Qualifikation einschätzen lassen wollen oder ein potenzieller Arbeitgeber fordert die Einschätzung, gibt es mehrere Anlaufstellen, die diesen Service anbieten. Dazu gehören unter anderem:

  • Zentralstelle für ausländisches Bildungswesen: Bei der sog. Lissabon-Bescheinigung wird eine im Ausland erworbene Qualifikation geprüft und im Anschluss bescheinigt, welcher Qualifikation in Deutschland der Auslandsabschluss gleicht. 
  • Anabin: Diese Datenbank stellt Informationen zur Bewertung ausländischer Bildungsnachweise bereit.

Die Anerkennung von ausländischen Jura-Abschlüssen ist ein langwieriger Prozess. Falls du bereits die Voraussetzungen für die Anerkennung nicht erfüllst oder dein Antrag abgelehnt wird, ist dies jedoch noch kein Grund, den Kopf in den Sand zu stecken. Es gibt es viele weitere Möglichkeiten und Wege, als Jurist:in in Deutschland tätig zu werden!
 


FAQs zu außergerichtlichen Jobs

Was bedeutet Niederlassung zur Rechtsbesorgung?

Niederlassung zur Rechtsbesorgung bedeutet, dass Anwält:innen mit ausländischem Jura-Abschluss in Deutschland, in dem Bezirk der Niederlassung, auf den Rechtsgebieten des Herkunftsstaates sowie des Völkerrechts juristisch beraten können.
→ Siehe § 206 BRAO

Voraussetzung hierfür ist ein erfolgreicher Antrag bei der jeweils zuständigen Rechtsanwaltskammer der Niederlassung.


Wo finde ich die zuständige Rechtsanwaltskammer?

Eine Übersicht der 28 tätigen Rechtsanwaltskammern findest du auf dieser Seite der Bundesrechtsanwaltskammer. Hier findest du auch die Anschriften und Kontaktdaten der Kammern.


Wie finde ich sonstige zuständige Stellen?

Für die Anerkennung ausländischer Abschlüsse kannst du im Anerkennungs-Finder des Bildungs- und Forschungsministeriums nach deiner zuständigen Stelle suchen. Auf der Seite findest du zudem weitere nützliche Informationen zu deinem Anerkennungs-Prozess.


Welche Bereiche umfasst § 10 RDG?

Bei besonderer Fachkenntnis und erfolgreich gestelltem Antrag, können Jurist:innen mit ausländischem Jura-Abschluss in folgenden Bereichen nach § 10 RDG tätig werden:
 

  1. Inkassodienstleistungen (§ 2 Abs. 2 Satz. 1 RDG): Das bedeutet verallgemeinert der Einzug von Forderungen, insbesondere die auf die Einziehung bezogene rechtliche Prüfung und Beratung.
     
  2. Rentenberatung auf den Gebieten:
     
    • der gesetzlichen Renten- und Unfallversicherung
    • des sozialen Entschädigungsrechts
    • des übrigen Sozialversicherungs- und Schwerbehindertenrechts (mit Bezug zur gesetzlichen Rente sowie der betrieblichen und berufsständischen Versorgung)
       
  3. Rechtsdienstleistungen in einem ausländischen Recht

Werden Kosten des Anerkennungsverfahrens übernommen?

Das Anerkennungsverfahren kann durch benötigte Beglaubigungen, Reisekosten, etc. häufig höhere Kosten verursachen.

Diese Kosten können teilweise auch von verschiedenen Institutionen übernommen werden. Hier findest du nähere Informationen zu der finanziellen Förderung deiner Anerkennung.