Frau Büro

Veröffentlicht am 25.04.2024

New Work Special: Flexible Arbeitsmodelle in der Kanzlei

Anamaria Scheunemann und Marc Hügel von FROMMER LEGAL im Interview

Marc Hügel ist Managing Partner bei FROMMER LEGAL, einer Kanzlei, die sich auf juristische Großprojekte spezialisiert hat. In den Bereichen Gewerblicher Rechtsschutz, Urheber- und Medienrecht, Wettbewerbsrecht sowie allgemeines Persönlichkeitsrecht sind er und sein Team zu Hause. Gerade Großprojekte erfordern oft ergebnisorientiertes und wirtschaftliches Denken und kreative Ansätze – kein Wunder also, dass sich auch im Arbeitsalltag des Teams innovative Modelle finden. 

Anamaria Scheunemann arbeitet seit 2014 als Rechtsanwältin bei der Kanzlei FROMMER LEGAL. Ihre Schwerpunkte liegen im Datenschutz und Compliance, Medien- und Entertainmentrecht sowie im Urheberrecht.

Anamaria Scheunemann und Marc Hügel
Anamaria Scheunemann und Marc Hügel

Frau Scheunemann, Sie sind Department Managerin bei FROMMER LEGAL. Wie hat sich Ihr Werdegang gestaltet und aus welchen Gründen haben Sie sich für die Kanzlei entschieden?

Anamaria Scheunemann: Bereits in meinem Studium hatte ich einen Schwerpunkt auf das Thema Geistiges Eigentum gelegt und habe daher nach dem Studium in diesem Bereich eine Tätigkeit gesucht. Die Stellenausschreibung von FROMMER LEGAL hat mich damals überzeugt, da die Kanzlei wenig mit dem verstaubten Image üblicher Rechtsanwaltskanzleien gemein hat.

Außerdem hat mich natürlich die Liste prominenter Mandant:innen beeindruckt. In der Kanzlei geblieben bin ich wegen der vielen tollen Kolleg:innen und weil die Tätigkeit hier als Teamleistung verstanden wird. Zusätzlich wurden mir immer wieder neue Möglichkeiten aufgezeigt, mich selbst weiterzuentwickeln und mein Tätigkeitsfeld zu erweitern.

Ein Grund ist sicher auch, dass mir die Kanzlei ein Sabbatical ermöglicht hat, um die Welt zu bereisen und mich auch während meines Zweitstudiums nach Kräften unterstützt, etwa durch ein flexibles Stundenmodell. Dieses hohe Maß an Flexibilität und dem Eingehen auf die Wünsche der Mitarbeitenden habe ich immer als außergewöhnlich empfunden – und auch ziemlich viel in Anspruch genommen.
 

Wie haben Sie den Wiedereinstieg nach Ihrem Sabbatical bei FROMMER LEGAL empfunden und welche Tätigkeiten umfasst Ihre Position?

Anamaria Scheunemann: Der Wiedereinstieg ist mir gut gelungen. Ein bisschen Sorgen macht man sich nach einer längeren Auszeit natürlich immer, ob man sich schwer tun könnte bei der Rückkehr in den Arbeitsalltag. Diese Sorgen waren bei mir aber absolut unbegründet, was sicher auch damit zu tun hat, dass mich meine Abteilung so herzlich wieder aufgenommen hat.

Ich bin nach dem Sabbatical zunächst wieder in die Litigation Abteilung zurückgegangen, in der ich vorher tätig war und immer sehr gerne gearbeitet habe. Als mir allerdings nach einigen Monaten die Chance angeboten wurde, einen eigenen Bereich aufzubauen, habe ich natürlich sofort angenommen. Meine Tätigkeit umfasst insbesondere die Bereiche Datenschutz, Compliance, Vertragsrecht und Vertragsmanagement.
 

Frau Scheunemann, Sie haben neben Ihrer Tätigkeit nochmal ein Studium absolviert. Wie konnten Sie das mit Ihrem Arbeitspensum in einer Führungsposition vereinbaren und inwiefern hat Ihre Kanzlei Sie hierbei unterstützt?

Anamaria Scheunemann: Ein zweites Studium war ein großer Wunsch von mir. Nicht, weil mir der Beruf als Anwältin nicht gefällt, sondern weil ich mich fachlich nochmal weiterentwickeln wollte. Die Kanzlei hat mich von Beginn an unheimlich unterstützt. Nicht nur durch eine Reduzierung der Wochenarbeitsstunden, sondern auch durch die Möglichkeit, diese jeweils im neuen Semester an meine Stundenpläne anzupassen. Mit meiner Position vereinbaren lässt sich das nur, weil alle Beteiligten mir dabei helfen. Das gilt sowohl für die Kanzlei, als auch für das Team.

Seit Beginn dieses Jahres leben wir nun unser neues Arbeitszeitmodell namens MeTime. Grundlage ist es dabei, allen unseren festangestellten Mitarbeiter:innen 10% Arbeitszeit in Freizeit umzuwandeln und das bei gleichbleibendem Gehalt.
Marc Hügel

Herr Hügel, Sie sind Managing Partner bei FROMMER Legal – was zeichnet die Kanzlei für Sie aus? Was hat sich in den letzten Jahren in der Kanzlei alles verändert?

Marc Hügel: Ich habe 2001 als Referendar in der Kanzlei begonnen. Damals hätte ich mir nicht träumen lassen, mehr als zwanzig Jahre später noch im gleichen Unternehmen tätig zu sein. Dass das dennoch der Fall ist, hängt ganz wesentlich an der stetigen Weiterentwicklung. Und genau die Fähigkeit, sich regelmäßig mutig neu zu erfinden und nicht nur auf die täglichen Herausforderungen zu reagieren, zeichnet die Kanzlei meiner Meinung nach aus. 

Ein Beispiel hierfür ist der Umgang mit der Pandemie und die Lehren daraus: Das Jahr 2020 hat uns – wie jedes andere Unternehmen auch – mit extremen Herausforderungen konfrontiert. Wir konnten uns damals sehr schnell anpassen und kamen dadurch relativ unbeschadet durch diese Zeit. Unser Team musste sich in 100% Remote Work beweisen und wir als Management konnten feststellen: das geht erstaunlich gut! 
 

“New Work” ist heute in aller Munde. Was verstehen Sie darunter? Welche Änderungen hat FROMMER Legal vorangetrieben und welche Erfahrungen hat die Kanzlei bisher damit gemacht?

Marc Hügel: Mobile Arbeit und Home Office wurden in unserer Kanzlei schon lange gelebt, allerdings nicht als Regel. 

Die Pandemie hat aus der Ausnahme eine Regel gemacht: In einer kurzen Planungsphase entstand ein umfassendes Konzept für die kanzleiweite Umsetzung von New Work. Die Einführung aller erforderlichen Neuerungen lief dabei parallel zum Arbeitsalltag und zunächst auf Probe. 

Die Herausforderungen waren groß: Anpassung von Arbeitsverträgen, Datenschutz und Arbeitssicherheit, neue Hardwarelösungen, eine veränderte Meetingkultur und die Digitalisierung aller Prozesse. Ob das alles funktionieren würde, war ungewiss. Doch die Mühe hat sich gelohnt: Die Probezeit lief nahtlos in ein etabliertes Modell über.

Heute ist New Work aus unserer Kanzlei nicht mehr wegzudenken. Die Vorteile liegen auf der Hand: erhöhte Flexibilität, bessere Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben und eine zufriedene Belegschaft, die insbesondere die bessere Vereinbarkeit von Job und Privatem schätzt. Ein Beweis dafür, dass Agilität und Innovation auch in traditionelleren Branchen möglich sind.
 

Welche Herausforderungen bringt das Einführen neuer Konzepte mit sich, Herr Hügel?

Marc Hügel: Kreativität und Zukunftsorientierung sind seit jeher unsere Maxime. Es würde also merkwürdig anmuten, wenn wir vom Team Flexibilität und Kreativität erwarten, den Arbeitsalltag unserer Kanzlei aber tradiert und statisch belassen. Mit New Work gehen wir also schlichtweg mit unserem Anspruch und der Zeit. 
 

Ist die Einführung von Homeoffice Ihrer Ansicht nach eine Bereicherung für den juristischen Arbeitsmarkt und was bedeutet New Work für Sie, Frau Scheunemann?

Anamaria Scheunemann: Ich persönlich halte die Einführung von Homeoffice bzw. mobiler Arbeit für einen großen Gewinn. Es müssen allerdings bestimmte Voraussetzungen dafür erfüllt sein. Der große Mehrwert liegt aus meiner Sicht darin, dass wir den Menschen so ermöglichen, unterschiedliche Lebensentwürfe besser mit ihrer Tätigkeit zu vereinbaren. Das klappt aber nur, wenn Arbeitgeber verstehen, dass es dann keine schablonenartige Lösung für alle Mitarbeitenden geben kann, sondern dass die konkrete Ausgestaltung flexibel sein muss. Das bedeutet für mich New Work.

Ich denke, dass wir in dieser Entwicklung erst am Anfang stehen und finde es gut, dass die Kanzlei hier schon sehr früh angefangen hat, New Work zu leben und stetig neue Ideen und Konzepte entwickelt – denn die gehen bei FROMMER LEGAL weit über die Ermöglichung flexibler Arbeitszeiten hinaus.

„Gemeinsam. Auf Augenhöhe. Agil.“

Durch welche Benefits hebt sich FROMMER LEGAL von anderen Kanzleien ab?

Marc Hügel: Flexibilität im Rahmen des Arbeitsalltags spielt eine große Rolle bei uns. Und auch die Klassiker von JobRad bis hin zur Kanzleifeier sind uns wichtig. Wenn Arbeit viel und auch mal anstrengend ist, sollte das Drumherum wenigstens so angenehm wie möglich sein.

Daher ist unser wichtigstes Benefit aber schon immer unsere Kultur und unser Miteinander. Offene Kommunikation, flache Hierarchien und ein wertschätzender Umgang haben bei uns den höchsten Stellenwert. Nur wer sich beruflich wohlfühlt, kommt motiviert an den Arbeitsplatz. Und bevor wir eine gute Kollegin oder Kollegen gehen lassen würden, kreieren wir lieber eine neue Position - dabei hilft uns die Struktur um New Work wiederum sehr.

Nichts ist besser, als eine erfahrene Führungskraft z.B. nach der Elternzeit happy wieder in dieselbe Position zurückkehren zu sehen, trotz oder gerade wegen der Möglichkeit von Home-Office und Teilzeit. 
 

FROMMER LEGAL hat Anfang 2024 das neue Arbeitszeitmodell “MeTime" eingeführt. Was genau beinhaltet dieses Konzept? Und welche Herausforderungen bringt es mit sich – insbesondere mit Blick auf die verschiedenen individuellen Bedürfnisse?

Marc Hügel: New Work traf den Nerv der Zeit - alle wollten mehr Flexibilität. Was aber der junge Arbeitsmarkt jetzt erwartet, ist intelligentes Arbeiten, das durch Effektivität geprägt ist und das neben finanzieller Sicherheit auch neue Freiheiten zulässt. Wir haben eher zu viel als zu wenig Arbeit auf dem Tisch. Allerdings wissen wir auch, dass ein erholtes Team eben motivierter, effektiver und intelligenter dieselben Ziele erreichen kann.  

Daher hat sich unsere HR Abteilung bereits Ende 2022 mit einem Konzept auseinandergesetzt, das zu unserem Arbeitsalltag passt und eben genau diese gewünschten Auszeiten für das Team zulässt. Eine klassische 4-Tage-Woche kam aus diversen Gründen nicht in Frage; wir brauchten auch hier eine individuelle Lösung für uns als Kanzlei und gleichzeitig ein möglichst passendes Modell für mehr als 130 Menschen im Team. 

Seit Beginn dieses Jahres leben wir nun unser neues Arbeitszeitmodell namens MeTime. Grundlage ist es dabei, allen unseren festangestellten Mitarbeiter:innen 10% Arbeitszeit in Freizeit umzuwandeln und das bei gleichbleibendem Gehalt. Für eine Vollzeitstelle bedeutet das 36 statt 40 Wochenstunden, für die Teilzeitstellen jeweils ein entsprechend angepasstes Zeitkontingent, das je nach Team und Wunsch auf verschiedene Weise eingelöst werden kann - von regelmäßigen freien Stunden oder Tagen bis hin zum angesammelten Sabbatical. 

Wir sehen dabei 2024 als Testphase an. Das bedeutet, wir wollen in dieser Zeit herausfinden, ob die von den Mitarbeiter:innen gewählten Optionen auch zu ihnen und den jeweiligen Teams passen, ob der Workload eine wöchentlich kürzere Arbeitszeit zulässt oder ob der Erholungseffekt doch eher in einer längeren freie Zeit wie zB einem Sabbatical eintritt, als in Kurzpausen. Enge Zusammenarbeit zwischen HR und Führungskräften ist dabei der Schlüssel zum Erfolg. So können wir schnell auf Herausforderungen reagieren und Unzufriedenheit vermeiden.

Aber auch die Mitarbeiter:innen selbst müssen in dieser Phase ihre eigenen Arbeitsweisen strukturieren, Zeitfresser erkennen, Meetings straffen usw. Dieses neue Konzept bietet uns daher auch die Möglichkeit, uns neu aufzustellen und zu sehen, wie wir uns in vielerlei Richtungen verbessern können. Wir sind gespannt und zuversichtlich, dass es ein voller Erfolg wird.

Ich persönlich habe mich vor allem darüber gefreut, dass die Kanzlei den Mut aufbringt, diesen Schritt zu gehen – vermutlich als eine der ersten Kanzleien überhaupt. Darüber hinaus genieße ich aber natürlich auch ganz konkret die gewonnen Stunden.
Anamaria Scheunemann

Frau Scheunemann, welche persönlichen Erfahrungen haben Sie bisher mit dem neuen Konzept “MeTime” gemacht? Hilft es dabei, den alltäglichen Stress zu reduzieren? 

Anamaria Scheunemann: Ich persönlich habe mich vor allem darüber gefreut, dass die Kanzlei den Mut aufbringt, diesen Schritt zu gehen – vermutlich als eine der ersten Kanzleien überhaupt. Darüber hinaus genieße ich aber natürlich auch ganz konkret die gewonnen Stunden. Ich bin selbst ehrenamtlich aktiv und habe das Gefühl, endlich unterschiedliche Aufgaben wirklich unter einen Hut zu bekommen. Dadurch, dass die Kanzlei auch ganz unterschiedliche Modelle anbietet, kann ich außerdem sehr flexibel entscheiden, wie mich die MeTime entlastet – durch direkte Stundenreduktion, freie Tage oder eine Auszeit in Form eines Sabbaticals. 

Außerdem beobachte ich seit der Einführung der MeTime, dass alle sehr motiviert sind, effektiver zu arbeiten. Natürlich ist das immer ein Unternehmensziel und im Zeitalter der Selbstoptimierung ja auch längst ein allgemeines Mantra. Wenn es aber, wie hier, direkt dazu dient, freier in der eigenen Zeitgestaltung zu werden und Freizeit zu gewinnen, macht es natürlich unheimlich Spaß.
 

Ihr Fazit?

Anamaria Scheunemann: Ich denke, dass wir mit New Work eine sehr interessante Entwicklung erleben, die noch lange nicht abgeschlossen ist. Für mich persönlich zeigt sich das in der Möglichkeit, neben dem Beruf nochmal zu studieren. Ich bin nicht sicher, ob ich diesen Schritt ohne die Möglichkeiten von Homeoffice und New Work in dieser Form gegangen wäre. Wichtig ist meines Erachtens, dass wir diese Entwicklung alle mitgestalten und auch mitgestalten können.

Marc Hügel: New Work ist weit mehr als nur ein Trend – es ist eine einzigartige Chance, unsere Kanzlei zukunftsorientiert aufzustellen. Mit MeTime gehen wir noch einen Schritt weiter und setzen auf Vertrauen und Flexibilität, um im Wettbewerb um die besten Talente zu bestehen und unser Team langfristig motiviert zu halten. Ich bin sehr zuversichtlich, dass der Plan aufgeht.
 

Vielen Dank, Frau Scheunemann und Herr Hügel!


Björn Frommer über Digitalisierung und innovative Rechtsberatung

Björn Frommer ist Rechtsanwalt und Managing Partner der Kanzlei FROMMER LEGAL sowie Gründungsmitglied und Beirat des Legal Tech Verbands Deutschland. Seine Kanzlei gilt als Vorreiter in der digitalen Rechtsberatung und hat schon früh einen für die konservative Branche recht innovativen Weg eingeschlagen. Wie die Digitalisierung seiner Kanzlei gelang, warum es dabei nicht nur um Technik ging und weshalb die Erwartungen an die digitale Transformation oft zu hoch sind, diskutiert Frommer in dieser Folge des New Lawyers Podcasts von TalentRocket mit Alisha Andert.