Interview Junior Legal

David Blech

Finanzverwaltung, Dozent im Fachbereich Steuer

Das steht auf meiner Visitenkarte:

David Blech
Dozent Fachbereich Steuer
Hessische Hochschule für Finanzen und Rechtspflege
Studienzentrum der Finanzverwaltung und Justiz Rotenburg a. d. Fulda
Josef-Durstewitz-Straße 2-6
36199 Rotenburg an der Fulda


Warum haben Sie sich für einen Berufseinstieg in der Finanzverwaltung des Landes Hessen entschieden?

Da gibt es mehrere Gründe, die dafür gesprochen haben. Ich bin aus Hessen, lebe gerne hier und wollte daher auch einen Arbeitgeber im schönen Hessen. Für den Berufseinstieg stellt sich für viele die grundsätzliche Frage, ob beim Staat oder doch freie Wirtschaft. Während meiner juristischen Ausbildung habe ich das Geschäft mehrerer Rechtsanwaltskanzleien, darunter auch großer namhafter Wirtschaftskanzleien kennenlernen dürfen. Eine spannende Zeit mit interessanten Mandaten und einer Aussicht auf einen hohen Verdienst, aber eben auch als Gegenleistung einer Menge Zeit. Arbeitszeiten, die bei terminintensiven Arbeiten auch mal deutlich über 21 Uhr hinaus oder sogar in das Wochenende hinein gehen können, konnte und wollte ich mir für ein Familienleben zumindest nicht vorstellen. Da sich das Land Hessen als familienfreundlicher Arbeitgeber mit der Vereinbarkeit von Familie und Beruf zeigt, war der Einstieg hier eine naheliegende Option. Ich brachte darüber hinaus ein paar Vorkenntnisse im steuerlichen Bereich durch mein Schwerpunktstudium und einer Arbeitstagung für Rechtsreferendare im Steuerrecht am Studienzentrum in Rotenburg a. d. Fulda - einem Ort, den ich wiedersehen sollte - und ein großes Interesse an wirtschaftlichen Zusammenhängen mit. Auch der durch das einjährige Trainee-Programm einfach gemachte und begleitete Einstieg machten mir die Entscheidung für die Finanzverwaltung des Landes Hessen sehr leicht. Im Übrigen brauchen der Einstieg mit der Besoldungsgruppe A13 und die Vorzüge des Beamtenstatusses einen Vergleich mit der Wirtschaft nicht scheuen. Ein adäquates Äquivalent muss in der freien Wirtschaft erstmal verdient werden, was bei gleichwertiger work-life-balance des öffentlichen Dienstes sehr anspruchsvoll werden dürfte.


Was ist das Besondere an der Finanzverwaltung des Landes Hessen?

Hier gibt es mehrere Besonderheiten und Vorzüge. Wie schon bei meinen Motiven für die Arbeitgeberauswahl benannt, ist das einjährige Trainee-Programm zum Berufseinstieg – übrigens bei voller Besoldung – sehr hilfreich. Nicht selten hört man bspw., dass der Einstieg in der Justiz – etwa als Richter oder Staatsanwalt – etwas abrupter erfolgt. Mit diesem begleiteten Einstieg in der Finanzverwaltung hört es nicht etwa auf. Auch das Fortbildungsprogramm kann sich sowohl in steuerfachlicher Sicht, als auch in puncto Führungskräftefortbildung sehen lassen. Darüber hinaus sind die Entfaltungsmöglichkeiten in der hessischen Finanzverwaltung mannigfaltig, ob nun als Sachgebietsleiter in einem der 35 hessischen Finanzämter, als Referent bei der Oberfinanzdirektion (OFD) Frankfurt a.M. oder beim Hessischen Ministerium der Finanzen (HMdF) in Wiesbaden, oder eben als Dozent an der Hessischen Hochschule für Finanzen und Rechtspflege in Rotenburg a.d. Fulda. Der Berufseinstieg für Juristen in der hessischen Finanzverwaltung ist überwiegend von der Tätigkeit als Sachgebietsleiter geprägt. Man ist direkt Führungskraft im mittleren Management eines Finanzamtes, gleichzeitig aber auch fachlich gefordert. Gerade diese Möglichkeit, sich schon früh im Berufsleben als Führungskraft zu entfalten, gibt einem die Chance zu einer Persönlichkeitsentwicklung, welche einem ein ausschließlich fachlich geprägter Juristenjob nicht zu bieten hat. Neben den weiteren Entwicklungsmöglichkeiten als Referent bei der OFD/dem HMdF gibt es schließlich noch die Möglichkeit, als Dozent in der Ausbildung der künftigen Finanzbeamtinnen und Finanzbeamten am Studienzentrum in Rotenburg a. d. Fulda mitzuarbeiten. Die Tätigkeit in der steuerfachlichen Ausbildung junger Menschen bedingt natürlich ein gewisses fachliches, aber auch pädagogisches Interesse, wie auch eine entsprechende Eignung. Auch hier wartet der Dienstherr mit entsprechenden pädagogisch-didaktischen Vorbereitungskursen auf. Die hier aufgezählten Möglichkeiten sind nur die Einstiegsmöglichkeiten. Im späteren Verlauf der Laufbahn bieten sich entsprechend unterschiedliche Aufstiegsmöglichkeiten, bspw. als Vorsteher eines Finanzamtes, als Referatsleiter bei der OFD/dem HMdF oder als Fachgebietsleiter eines Faches an der HHFR. Die Bandbreite an Entwicklungsmöglichkeiten ist wirklich enorm.


Wie sieht die tägliche Arbeit in der hessischen Finanzverwaltung / HHFR für einen Berufseinsteiger aus?

Die tägliche Arbeit eines Berufseinsteigers, nach Abschluss des einjährigen Trainee-Programmes, hängt vom jeweiligen Einsatzgebiet ab. Als Sachgebietsleiter in einem Finanzamt gilt es natürlich, Kontakt mit den Menschen in seinem Sachgebiet zu halten, um immer auf dem Laufenden zu sein. Dabei ist man stets Ansprechpartner für die Belange seiner Sach- und Mitarbeiter, ob nun fachlich, arbeitsorganisatorisch, oder auch nur die Urlaubsplanung betreffend. Rein fachlich ergeben sich bestimmte eigene Zuständigkeiten, sodass auch hier eine gewisse Arbeit an den Steuerfällen zum Tragen kommt. Darüber hinaus sollte man aber auch den Kontakt mit den anderen Sachgebietsleiterkollegen und der Vorsteherin/dem Vorsteher halten. Hierzu finden regelmäßige Besprechungen statt, welche auch eine Teilnahme erfordern. Aber auch tägliche Arbeiten wie das Durchsehen der Eingangspost müssen erledigt werden.
Davon unterscheidet sich der Berufsalltag eines Dozenten an der HHFR sehr. Natürlich muss man sich als Berufseinsteiger erstmal in dem neuen Arbeitsumfeld der HHFR orientieren. Ob es das räumliche Umfeld, die technische Ausstattung oder die richtigen Ansprechpartner sind, es ist stets eine freundliche Kollegin oder ein freundlicher Kollege ansprechbar. Als Dozent ist es natürlich die Kernaufgabe, in Lehrveranstaltungen den Studierenden den Lehrstoff anhand der vorgegebenen Lehrpläne zu vermitteln. Übrigens eine sehr erfüllende Tätigkeit. Dazu sieht die Lehrverpflichtungsverordnung pro Woche etwa 18 Lehrveranstaltungsstunden vor. Jedes Fachgebiet (Abgabenordnung, Einkommensteuer, usw.) wird von einer Fachgebietsleiterin oder einem Fachgebietsleiter fachlich gesteuert. Es ist daher hilfreich, von Beginn an mit der Fachgebietsleitung, aber auch mit den Kolleginnen und Kollegen, die das gleiche Fach unterrichten, den Kontakt zu suchen und im Laufe der Zeit zur gemeinsamen Abstimmung aufrecht zu erhalten. Es bleibt nicht aus, dass eine zu haltende Lehrveranstaltungsstunde natürlich vorbereitet werden muss. Das kann Zeit in Anspruch nehmen, gerade wenn man mit der Lehrtätigkeit beginnt. Gleichzeitig bietet sich einem dabei aber die Chance, sich in einer systematischen Herangehensweise, fachlich vertieft mit dem Steuerrecht so auseinanderzusetzen, wie es einem sonst die praktische Tätigkeit im Finanzamt nicht ermöglicht. Bei der praktischen Ausgestaltung des Unterrichts ist man – je nach fachlichen Vorgaben der Fachgebietsleitung – grundsätzlich frei. Ob nun das klassische Lehrgespräch – bspw. begleitet durch eine PowerPoint-Präsentation –, eine kleinere oder größere Bearbeitung von Fällen oder gar eine Arbeit in Kleingruppen als Mittel eingesetzt wird, hängt auch vom persönlichen Stil des/der jeweiligen Dozenten/Dozentin ab. Zusätzlich zu den Lehrveranstaltungen gibt es natürlich Klausuren. Auch die Korrekturtätigkeit gehört zum Berufsalltag eines Berufseinsteigers an der HHFR. Für Kolleginnen und Kollegen, die nicht direkt im Einzugsbereich von Rotenburg a.d. Fulda wohnen und unter der Woche am Studienzentrum untergebracht sind, gibt es grundsätzlich die Möglichkeit, an einem Tag in der Woche einen Heimarbeitstag eingeplant zu bekommen.


Wie werden Berufseinsteiger von der Finanzverwaltung des Landes Hessen gefördert?

Der Berufseinstieg in die hessische Finanzverwaltung wird vom Arbeitgeber mit dem oben erwähnten, einjährigen Trainee-Programm begleitet. Man lernt Schritt für Schritt, Arbeitsbereich für Arbeitsbereich die Finanzverwaltung kennen, wird dabei über ein Mentoring Programm begleitet und erhält zusätzlich noch die theoretische Grundlage in Kursen an der Bundesfinanzakademie. Diese Kurse befassen sich überwiegend mit steuerfachlichen Themen, aber auch mit der Führungskräfteausbildung. Dieses Trainee-Programm schließt sodann mit dem sogenannten Übungssachgebiet ab. Man übernimmt für ein paar Monate die Verantwortung für mehrere Arbeitsbereiche, um so ganz praktisch diese Tätigkeit kennenzulernen. Auch der Einstieg in die Tätigkeit als Dozent wird vom Arbeitgeber mit Vorbereitungskursen begleitet. So werden Grundlagenkurse zur Pädagogik, aber auch mehrere spezielle Module zur Didaktik angeboten. Diese Kurse werden von sehr erfahrenen Dozenten geleitet und sind äußerst hilfreich.


Welche Qualifikationen bzw. Vorkenntnisse sollte ein Berufseinsteiger für die Tätigkeit in der hessischen Finanzverwaltung / an der HHFR mitbringen?

Rein formal sollten es für den Einstieg in den höheren Dienst der hessischen Finanzverwaltung schon zwei juristische Staatsexamina sein, die mindestens befriedigend im oberen Bereich abgeschlossen sein sollten. Für einen Einstieg als Jurist in der hessischen Finanzverwaltung ist das Interesse am Steuerrecht und an wirtschaftlichen Zusammenhängen hilfreich. Vertiefte steuerrechtliche Kenntnisse müssen nicht vorhanden sein, da diese während des einjährigen Trainee-Programmes insbesondere im Rahmen der Kurse an der Bundesfinanzakademie vermittelt werden. Als Führungskraft sollte man natürlich eine ausgeprägte soziale Kompetenz mitbringen. Die Kommunikation und Kooperation im Team ist bei dieser Tätigkeit unabdingbar. Die Verwaltung ist moderner als manch ein Außenstehender glaubt. So sollte man Neuerungen gegenüber aufgeschlossen sein und eine gewisse Flexibilität mitbringen.
Für den Einstieg in die Dozententätigkeit sollte man darüber hinaus schon ein vertieftes fachliches Interesse, aber eben auch eine pädagogische Grundeignung mitbringen. Man sollte einfach gerne mit jungen Menschen zusammenarbeiten.


Was ist das Spannendste, Unvergesslichste, Witzigste, Aufregendste, was Ihnen bisher in ihrem Berufsalltag passiert ist?

Der Ausgang der Klausuren ist für mich jedes Mal spannend. Als Dozent bereitet man sich auf seinen Unterricht vor und plant seine Einheiten. Wieviel jeder Studierende aber im Einzelnen an Zeit investiert, sieht man spätestens bei den Klausurergebnissen. Spannend ist dabei nicht nur generell das Gesamtergebnis, sondern auch, ob hier vielleicht manch einer hervorsticht, von der/dem man es überhaupt nicht erwartet hatte.
Absolut unvergesslich wird unsere kurze plötzliche und sehr umjubelte Tanzeinlage als Gruppe von Dozenten auf einer Karnevalsfeier für die Studierenden bleiben. Das ist sicher nicht der Arbeitsalltag des Dozenten am Studienzentrum. Unvergesslich bleibt es trotzdem. Und es zeigt, dass der Aufenthalt unter der Woche auch solch Kontakt zu den Studierenden ermöglicht.
Die Korrektur von Klausuren gehört eigentlich zum eher spaßfreien Teil des Dozentenalltags. Wenn sich dann jedoch die Verfasserin/der Verfasser der Klausur am Ende der Bearbeitung für die schwierige Lesbarkeit aufgrund der etlichen Querverweisungen und Ergänzungen entschuldigt und einem dann noch fröhliche Weihnachten wünscht, dann huscht einem doch ein Schmunzeln übers Gesicht.
Ich war selten so aufgeregt wie vor meiner ersten Lehrveranstaltungsstunde. Man bereitet sich auf alle Eventualitäten vor, hat Unterrichtsstoff für die nächsten fünf Stunden im Kopf, weil man noch nicht sicher einschätzen kann, wie lange etwas reicht. Wirklich sehr aufregend. Aber am Ende alles halb so schlimm. Und inzwischen hat sich auch hier eine gewisse Routine eingestellt.


Was ist das Beste an der Arbeit in der Finanzverwaltung des Landes Hessen?

Das ist ganz klar die Kombination aus der dargestellten Bandbreite an Entwicklungsmöglichkeiten, bei gleichzeitig angenehmer work-life-balance.


Welche Einschränkungen bringt der Beruf mit sich?

Wer wie ich noch nicht in der unmittelbaren Nähe von Rotenburg a.d. Fulda wohnt, ist unter der Woche zumeist an der HHFR untergebracht oder muss täglich relativ weit pendeln. Die Unterbringung unter der Woche bedeutet eine Trennung von seinem persönlichen Umfeld, welche aber zumindest durch den erwähnten Heimarbeitstag pro Woche und zwischenzeitig durch die fehlende Anwesenheitspflicht zu den Klausurterminen reduziert ist. Immerhin gibt es vor Ort viele Freizeitangebote, um auch den Alltag im Büro auszugleichen.


Was ist Ihr Ausgleich zum Büroalltag?

Ich treibe Sport. Ich nutze öfter das Schwimmbad des Studienzentrums – kostenfrei. Ab und an ergibt sich die Möglichkeit, auch mit Kolleginnen und Kollegen abends in der Turnhalle des Studienzentrums noch etwas Sport zu treiben. Aber natürlich kann man auch wunderbar an der Fulda entlang joggen. Abends trifft man sich dann hin und wieder mit Kolleginnen und Kollegen in der Caféteria und lässt den Tag mit einem alkoholfreien Bier ausklingen.


Welche drei Begriffe assoziieren Sie mit dem Wort Jura?

Genauigkeit, Argumentation, Frieden.

Genauigkeit, weil mich Jura in der Präzision meiner Ausdrucksweise ungeheuer geschult hat.
Argumentation, weil die Rechtsanwendung dann besonders spannend wird, wenn man mit seiner Position durch juristische Argumente zu überzeugen versucht.
Frieden, weil das Ziel der Rechtsanwendung im Idealfall die Befriedung eines Verhältnisses ist.


Sie planen ein jura-freies Wochenende auf einer einsamen Insel und dürften drei Dinge mitnehmen. Welche wären das?

Einen eBook reader, um statt Fachliteratur viel mehr Belletristik oder Sachbücher zu verschlingen. Ein Schweizer Taschenmesser, um auf der Insel für alle Eventualitäten gewappnet zu sein. Einen Fußball, den ich zunächst bespielen und bei einem unfreiwillig längeren Aufenthalt dann Mister Wilson nennen kann.


Welchen Tipp würden Sie gerne jedem Nachwuchsjuristen mitgeben:

Prüfe genau, was Du den Rest Deines Berufslebens für wen machen willst. Gib Dich nicht mit dem Erstbesten zufrieden. Informiere Dich umfassend und nutze jede Möglichkeit, Dich in verschiedenen Disziplinen auszuprobieren.