Interview Kriminalrätin

Leonie Dahlke

Leiterin der Führungsstelle Direktion Kriminalität beim Polizeipräsidium Münster

Warum hast du dich für die Polizei in NRW entschieden?

Da ich in einer Polizistenfamilie aufgewachsen bin, war mir das Berufsbild des Polizisten mit den verschiedensten Eindrücken vertraut, z.B. aufreibenden Einsatzsituationen, langwierigen Ermittlungen mit Erfolgen und Misserfolgen, aber auch mit der Belastung durch Bereitschaftsdienste und dem Fehlen des pünktlichen Feierabends. Ich hatte gleichwohl immer den Eindruck, dass der Beruf meine Eltern erfüllt und sie gerne zur Arbeit gehen. Bereits zum Ende der Schulzeit gab es so auch für mich die Überlegung, mich bei der Polizei zu bewerben. Aufgrund einer angebotenen Rechtskunde AG war jedoch auch mein Interesse für das Jurastudium geweckt worden.

Im Rahmen meines Studiums bildeten im Bereich des Öffentlichen Rechts das Polizei- und Ordnungsrecht einen Schwerpunkt. Da mich dieses Themenfeld sehr interessierte, entschied ich mich, das vorgesehene Verwaltungspraktikum beim Polizeipräsidium Recklinghausen zu absolvieren. Hier konnte ich Einblicke in die praktische Arbeit und die verschiedensten Bereiche der Polizei gewinnen. Insbesondere die Vielfältigkeit der polizeilichen Tätigkeitsfelder und das Arbeitsklima haben mich positiv überrascht.

Parallel zum Studium habe ich ab dem 2. Semester als studentische Hilfskraft am Kriminologischen Institut der Uni Münster gearbeitet. Hierbei konnte ich durch die Mitarbeit bei einer Panel-Studie weitere theoretische und auch praktische Bezüge der polizeilichen Arbeit kennenlernen. Die Studie mit 3400 Duisburger Jugendlichen hatte zum Ziel, die Entstehung sowie die Verläufe devianter und delinquenter Handlungsstile zu verfolgen und zu erklären. Um auch das Dunkelfeld der Jugendkriminalität darstellen zu können, war ich unter anderem beim PP Duisburg damit betraut, Polizeiakten auszuwerten. Mein Interesse für die Polizei wuchs damit weiter. Bis zu dem Zeitpunkt war mir die Möglichkeit, sich als Juristin bei der Polizei bewerben zu können, jedoch noch nicht bekannt.

Als es darum ging, sich im Rahmen des Studiums für einen Schwerpunkt zu entscheiden, wählte ich den kriminologischen Schwerpunktbereich. Meine Seminararbeit hatte die polizeilichen Maßnahmen beim G8 Gipfel in Heiligendamm zum Thema. Insoweit konnte ich mich sehr detailliert mit den rechtlichen Grenzen und Möglichkeiten des polizeilichen Maßnahmenkatalogs befassen.

Als ich durch meine Mutter von der Möglichkeit des Direkteinstiegs bei der Polizei NRW gehört habe, war für mich klar, dass dies die optimale Chance wäre, meine Interessen für die polizeiliche und die juristische Arbeit zu verknüpfen. Bei der Polizei habe ich das Gefühl am richtigen Platz zu sein.

Ich musste nicht lange überlegen und habe mich direkt nach Bestehen des 2. Staatsexamens erfolgreich bei der Polizei beworben. Auch jetzt bin ich darüber immer noch sehr froh.

Wie schaut dein Werdegang aus?

Nach dem Abitur habe ich im Oktober 2006 das Jurastudium bei der Westfälischen Wilhelms Universität in Münster begonnen. Nach Ablegen des 1. Staatsexamens war ich für das Referendariat dem LG Essen zugewiesen. Nach Ablegen des 2. Staatsexamens habe ich mich direkt bei der Polizei NRW beworben. Nach erfolgreichem Bestehen der einzelnen Verfahrensabschnitte, begann für mich die Einführungsphase für Direkteinsteiger.

Was sind deine Highlights in deinem Job?

Als Erstverwendung wurde ich mit der Leitung der Führungsstelle der Direktion Kriminalität beim PP Münster betraut. 
Hier lerne ich alle Facetten der Kriminalpolizeilichen Arbeit sowie spartenübergreifendes Einsatzgeschehen kennen. Es geht um Strukturen und Abläufe, die für einen Neuling aufschlussreich und anspruchsvoll sind. Nach nunmehr acht Monaten habe ich in Teilen das Gefühl, einen Überblick zu haben. Ich freue mich, in kleinen Schritten meinen Erfahrungsschatz erweitern zu können und bin sehr dankbar für die Unterstützung meiner Kollegen. Die Führungsstelle fungiert durch Vermittlung neu geforderter Aufgaben und der Umsetzung im polizeilichen Alltag auch als Schnittstelle zwischen den Landesoberbehörden und den Kollegen der Direktion Kriminalität. Obwohl es viele Vorgaben gibt, bleibt gleichwohl ausreichend Gestaltungsspielraum, um auch eigene Ideen einzubringen.

Wo liegen deine größten Herausforderungen?

Durch das Klima in der Dienststelle macht es Freude, sich alltäglich den neuen Herausforderungen zu stellen. Die Sorge, als junge Frau ohne Berufserfahrung auf Ablehnung zu stoßen, war gänzlich unbegründet. Ich wurde freundlich aufgenommen und unterstützt. Ich musste mich daran gewöhnen, immer und immer wieder Fragen zu stellen. Meine Kollegen zeigen großes Verständnis und Geduld und erleichtern mir den Umgang mit unbekannten Aufgaben. Ich gehe sehr offen mit meinem bisher geringen polizeilichen Erfahrungsschatz um und profitiere von der Erfahrung meiner Kollegen. 
Völlig neu war für mich auch die Rolle als Führungskraft. Insoweit hat es mir geholfen, dass man im Rahmen der Einführungsphase eine Führungshospitation durchläuft und erfahrenen Führungskräften über die Schulter gucken konnte. Im Alltag verlasse ich mich hier vor allem auf mein Bauchgefühl. Ich denke, es bedarf einfach auch ein wenig Zeit, um sich in diese Rolle einzufinden.

Was erwartet dich in nächster Zeit?

Da ich erst vor acht Monaten meine Erstfunktion beim PP Münster begonnen habe, wird in den kommenden zwei bis drei Jahre keine berufliche Veränderung anstehen. 
In der nächsten Zeit werde ich meine Kenntnisse von den Abläufen der Organisation vertiefen und so hoffentlich noch mehr Handlungssicherheit erlangen. Ich fühle mich sehr wohl in meiner Dienststelle und freue mich auf die kommende Zeit.

Welchen Rat hast du für Interessierte?

Wichtig ist es wohl, sich einerseits selbst zu prüfen, ob der Polizeidienst dem eigenen Naturell entspricht, da man jederzeit woanders Verwendung finden kann und sich immer wieder auf neue Herausforderungen einlassen muss. Andererseits kann man nur etwas beurteilen, was man kennt. Daher sollten sich Interessierte um Praktika in einer Polizeibehörde bemühen und Gespräche mit Direkteinsteigern des höheren Dienstes der Polizei führen. Insoweit stehe ich für Rückfragen gerne zur Verfügung.

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