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 Veröffentlicht am 09.04.2021.

5 Möglichkeiten, Kolleg:innen zu fördern

Dr. Isabelle Berger-Steiner, wie können Kolleg:innen unterstützt und ermutigt werden?

breaking.through und TalentRocket haben verschiedene Juristinnen gebeten, ihre Top 5 Empfehlungen, Tipps, Gründe & Co zu verschiedenen Themen, die Jurist:innen in ihrem Arbeitsalltag begegnen, wenn nicht sogar fortwährend begleiten, mit uns zu teilen. Diese Woche mit Dr. Isabelle Berger-Steiner

Dr. Isabelle Berger-Steiner ist Head of Switzerland, France & Benelux und Chief Investment Officer bei Nivalion. Bevor sie 2018 für das Unternehmen tätig wurde, hat sie bereits für verschiedene Anwaltssozietäten als Prozessanwältin gearbeitet. Durch ihre Erfahrungen und Führungsposition weiß Dr. Isabelle Berger-Steiner, wie wichtig konstruktives Feedback ist.

Wie Kolleg:innen unterstützt und gefördert werden können und worauf hierbei geachtet werden sollte, erläutert Dr. Isabelle Berger-Steiner in ihren 5 Möglichkeiten, Kolleg:innen zu fördern.

1. Möglichkeit: Fördern durch Authentizität

Eine wichtige und sehr einfache Möglichkeit, Kolleg:innen zu fördern, ist für mich die Offenheit in Bezug auf meine eigene Situation. Durch das transparente Leben der eigenen beruflichen und privaten Rolle zeigt man jüngeren Kolleg:innen "en passant" auf, welche Möglichkeiten sie selbst haben. 

Besonders wichtig ist mir in diesem Zusammenhang, vorzuleben, dass die Vereinbarkeit von Beruf und Familie durchaus auch dann funktionieren kann, wenn man als Frau und Mutter bzw. Mann und Vater beruflich hohe Ambitionen hat. Ich versuche, dem auch bewusst Raum zu geben, indem ich im Gespräch immer wieder einmal meine private Situation kurz einblende und sage, was ich wie mache, was gerade gut klappt, oder eben auch gerade nicht so nach Plan läuft.

Gerade Frauen in Führungsrollen sind wichtige role models und sie sollten sich um Authentizität bemühen und auch Schwierigkeiten thematisieren (die immer noch häufig anzutreffende Einstellung "anything goes, man muss nur wollen/sich nicht so anstellen", gehört für mich entsorgt). Dies schafft den Boden dafür, dass Kolleg:innen das Vertrauen haben, mit diesem Thema selbst auch aktiv in den Austausch zu treten, nicht nur untereinander, sondern auch gegenüber Kolleg:innen mit höherer Seniorität.

2. Möglichkeit: Fördern durch Gewährleistung von Flexibilität

Als Vorgesetzte versuche ich, Arbeitsbedingungen zu fördern, welche der Vereinbarkeit von Familie (oder allenfalls auch Sport o.ä.) und Beruf zuträglich sind – und zwar für Männer gleichermassen wie für Frauen. Mir ist ein Anliegen, dass wir uns als Gesellschaft von der Vorstellung lösen, das Thema Kinder und Vereinbarkeit sei primär ein Frauenthema. Es ist ein Elternthema! Diese Sichtweise ist m.E. der allerbeste Treiber für die Förderung ambitionierter Frauen.

Dazu gehören als Grundvoraussetzung flexible Arbeitszeitmodelle. Damit ist es aber nicht getan. Entscheidend ist die positive Einstellung und uneingeschränkte Akzeptanz dieser Modelle innerhalb der Führungsetage. Diese Akzeptanz muss gelebt werden. Mir persönlich ist völlig einerlei, ob die an mich berichtenden Mitarbeiter:innen physisch vor Ort sind oder von zu Hause arbeiten (wobei im Sinne eines Grundsatzes eine gewisse Mindestpräsenz wichtig ist, das fördert den Teamgeist und stärkt die DNA eines Unternehmens). Es spielt für mich auch keine Rolle, wenn meine Mitarbeiter:innen Arbeitstage schieben oder – wie ich auch! – zu gewissen Zeiten nicht erreichbar sind (und sich dafür abends, wenn die Kinder im Bett sind, nochmals dransetzen). Wichtig ist mir aber, dass ich darüber informiert bin, und dass wir genügend überschneidende Zeiten haben, an denen wir uns besprechen können. 

Corona hat definitiv geholfen, diese Sicht zu institutionalisieren. Wir sind alle aufgerufen, Sorge dafür zu tragen, dass wir diese Errungenschaft auch nach der Krise beibehalten. Ich habe mir vorgenommen, mich dafür nach Corona aktiv einzusetzen. Meine Vision ist, dass es normal wird, wenn Eltern z.B. auch einmal an einem Vormittag eine Kindergartenaufführung besuchen (solange es den Unternehmensbetrieb wegen wichtiger Sitzungen o.ä. nicht über Gebühr stört); sie werden die entsprechende Zeit ja ohnehin nacharbeiten, wenn sie die richtige Einstellung haben. 

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3. Möglichkeit: Fördern durch Fokus auf Stärken

Fokus auf die Stärken, nicht auf die Schwächen, unter gleichzeitiger Förderung des Selbstvertrauens. 

In diesem Zusammenhang möchte ich Folgendes betonen: Vor allem Frauen haben mitunter die Tendenz, zu sehr an sich zu zweifeln und ihr eigenes Licht unter den Scheffel zu stellen, was ihnen rasch als Durchsetzungsschwäche oder möglicherweise sogar als fehlende Ambitioniertheit in Bezug auf eine Kader-/Führungsrolle ausgelegt wird. Vorgesetzte sollten dafür ein Sensorium entwickeln und dies bewusst im Sinne eines konstruktiven Inputs ansprechen und zu einer Kurskorrektur ermutigen. Gleichzeitig sollten sie sich bewusst sein, dass es Frauen mit zunehmender Erfahrung und persönlicher Reife häufig leichter fällt, diese Kurskorrektur umzusetzen. Wer Frauen fördern will, sollte diesbezüglich geduldig sein und keine vorschnellen negativen Schlüsse ziehen. 

4. Möglichkeit: Fördern durch Möglichkeit zur Positionierung

Kolleg:innen die Möglichkeit geben, sich nach innen und außen zu positionieren. Wer das Glück hat, ein Team zu führen und von diesem entlastet zu werden, sollte sich wo immer möglich darum bemühen, selbst in den Hintergrund zu treten und seine Mitarbeiter:innen «scheinen» zu lassen.

Das ist ein Ausdruck von Wertschätzung, stärkt das Selbstvertrauen, und dient der Positionierung innerhalb des Unternehmens bzw. der Kanzlei sowie gegen aussen bei Kunden/Klienten. Aus meiner Sicht ist dies ein tolles Mittel, mehrere Fliegen mit einer Klappe zu schlagen – ganz ohne Aufwand für einen selber!

Fokus auf die Stärken, nicht auf die Schwächen, unter gleichzeitiger Förderung des Selbstvertrauens.
Dr. Isabelle Berger-Steiner

5. Möglichkeit: Fördern durch Netzwerken

Kolleg:innen auf die Wichtigkeit des Netzwerkens und der eigenen Außendarstellung hinweisen und sie einerseits ermutigen, diesbezüglich aktiv zu werden, und andererseits Unterstützung anbieten. 

*Herzlichen Dank an meine sehr geschätzten Kolleginnen Claudia Boysen, Olivia Furter und Franziska Studer für den wertvollen Gedankenaustausch im Hinblick auf diesen Artikel!