Aisha Gringel – Wie wichtig ist Networking für Jurist:innen?

Die Vernetzung mit anderen spielt in Aisha Gringels Leben eine große Rolle – sei es in dem von ihr mitgegründeten Akademikernetzwerk ADAN oder bei ihrer juristischen Karriere in den USA. In dieser Folge des New Lawyers Podcasts von Talent Rocket spricht sie mit Alisha Andert darüber, wie Jurist:innen Networking für sich nutzen können, über ihre Erfahrungen als Juristin in den USA und darüber, wie man einen Verein gründet.

Man weiß relativ früh, was man nicht möchte – aber nur selten, was man möchte. Diese Erfahrung hat auch Aisha Gringel zu Beginn ihrer Karriere gemacht. Sie startete in einer Boutiquekanzlei, wo sie zwar schnell viel lernte und Verantwortung übernehmen konnte, aber auch fast so arbeitete wie eine selbständige Anwältin. Stattdessen wünschte sie sich eine kollaborative, vielseitige und internationale Arbeitsumgebung, die sie heute in der Inhouse-Abteilung einer großen Fluggesellschaft gefunden hat.

Von der Boutiquekanzlei zu ihrer jetzigen Stelle hat Gringel noch viele weitere Karriereschritte unternommen. Besonders spannend: ihre Erfahrungen in den USA. Dort absolvierte sie einen LL.M. und arbeitete als Anwältin. Eine der größten Herausforderungen während dieses Vorhabens war für sie, ihr Skill Set zu erklären – schließlich verfügte sie zu Beginn noch nicht über einen amerikanischen Abschluss. Dass sich das deutsche Jurastudium von dem amerikanischen unterscheidet und auch die Art zu lernen und zu arbeiten grundlegend anders ist, sieht Gringel aber nicht unbedingt als Nachteil. So sei ihr etwa die Fähigkeit, lange Texte zu analysieren, zugute gekommen, auf die im deutschen Jurastudium besonders viel Wert gelegt wird.

Networking gehört in den USA zum Alltag

Anders war in den USA nicht nur das Studium an sich, sondern auch der Weg dorthin. Während es in Deutschland klare Voraussetzungen gibt, könne man in den USA einiges verhandeln – zum Beispiel die Zulassungsbedingungen oder die Kosten. Gringel rät dazu, sich einfach zu trauen und auch Law Schools zu kontaktieren, von denen man vielleicht denkt, man hätte ohnehin keine Chance. Dem sei nämlich oft gar nicht so.

Auch sonst ist der persönliche Kontakt in den USA viel wichtiger als hierzulande. Das zeigt sich vor allem an dem hohen Stellenwert, der dort dem Networking zukommt. Direkt an der Uni lernen die Studierenden in Sessions, wie man sogenannte Informal Interviews führt, sich also bei anderen Menschen vorstellt und mit ihnen über Jobmöglichkeiten oder Praktika spricht. In den USA ist dies keineswegs ungewöhnlich, sondern eher an der Tagesordnung – ganz anders als in Deutschland, wo das Potenzial von Networking laut Gringel noch nicht ganz erkannt ist. „Ich glaube, das wird in Deutschland noch ein bisschen unterschätzt, dass Netzwerken ein Skill ist, dass man diesen Skill auch einfach trainieren muss.“

Für ein Informal Interview sei es wichtig, sich vorher zu überlegen, was man selbst mitbringt und was man genau von der anderen Person möchte. Ein Elevator Pitch und eine gesunde Portion Selbstvertrauen können dabei helfen, sich selbst gut zu verkaufen und andere für sich zu gewinnen, auch wenn man vielleicht noch nicht viel berufliche Erfahrung vorweisen kann.

Das Netzwerk ADAN: Gegenseitiger Support kann viel verändern

Schon lange bevor Gringel in den USA war, hat sie den Wert von Networking für sich erkannt. 2014 gründete sie mit einer Gruppe von damals 14 Bekannten das Afro Deutsche Akademiker Netzwerk, kurz ADAN. Die Gruppe bestand aus Akademiker:innen mit vorwiegend afrikanischem Hintergrund, die alle dieselben Erfahrungen gemacht hatten: Viele in ihrem Tätigkeitsfeld sehen nicht aus wie sie und sie hatten zu kämpfen, um dorthin zu kommen, wo sie heute sind.

Gemeinsam tauschten sie sich über Themen wie der Frage nach dem richtigen Karriereschritt, der Bewerbung auf ein Praktikum, aber auch zu ganz alltäglichen Fragen aus – zum Beispiel, wie man Small Talk in der Kaffeeküche macht. Der Support und auch die Möglichkeit, sich gegenseitig auf Stellen aufmerksam zu machen, half allen Beteiligten sehr. So sehr, dass sie einen offiziellen Verein gründeten, der heute über 500 Mitglieder aus den unterschiedlichsten Branchen verzeichnet – von Jurist:innen, Ärzt:innen und Ingenieur:innen über Polizist:innen bis hin zu Kreativen.

ADAN ist es ein Anliegen, den afrikanischen Kontinent miteinzubeziehen und einen positiven Blick auf diesen zu ermöglichen, der in den Medien oft zu kurz komme – und das, obwohl die Region so viel Potenzial biete. Der Verein ist dabei nicht nur ein berufliches Netzwerk, sondern bietet auch Formate für Schüler:innen und Studierende an. So gibt es ein Mentoring-Programm und eine Karrieremesse, bei der etwa Zalando als Partner fungiert. Mit ADAN inspires wurde zudem ein spannendes Projekt verwirklicht, bei dem bemerkenswerte Persönlichkeiten über ihren Werdegang berichten.

Dich interessiert, welche Erfahrungen Aisha Gringel als Mentorin gemacht hat? Oder du möchtest mehr über das Thema Networking erfahren? Dann hör doch mal rein in diese Folge des New Lawyers Podcasts.

Die Themen dieser Folge im Überblick:

• Ab 01:59: Icebreaker-Frage: Wie lenkst du dich von der Arbeit ab?
• Ab 04:03: Warum war die Arbeit in einer Boutiquekanzlei nicht das Richtige für dich?
• Ab 06:20: Job in den USA: Welche Herausforderungen gab es?
• Ab 07:50: Der LL.M in den USA
• Ab 08:22: Welche Tipps hast du für Jurist:innen, die in die USA möchten?
• Ab 11:20: Wie wichtig ist Networking in den USA?
• Ab 13:14: Wie kann ein Informal Interview aussehen?
• Ab 16:56: Was gefällt dir an der Inhouse-Arbeit bei einem Flugunternehmen?
• Ab 19:14: Die Gründung von ADAN
• Ab 21:53: Für wen ist ADAN gedacht?
• Ab 24:40: Wie lief die Anfangsphase der Gründung ab?
• Ab 25:08: Wie hat sich der Verein seit der Gründung entwickelt?
• Ab 27:45: Was sind deine Erfahrungen mit Mentoring?
• Ab 30:46: Wie wichtig ist Netzwerken in Deutschland für Juristen?