Hallo Frau Dr. Molinari, hallo Herr Halim, ist es für Sie beide ungewohnt, als Associates für Baker McKenzie an vorderster Front zu stehen, wie bei diesem Interview?
Valesca Molinari: Im Gegenteil. In meinem Arbeitsalltag ist das keine Ausnahme, sondern die Regel. Bei der Mandatsbearbeitung habe ich seit Tag eins Mandantenkontakt und Verantwortung – zunächst für kleinere Arbeitspakete, mittlerweile für ganze Workstreams oder Teilprojekte. Anders, aber gleichermaßen spannend ist es, an vorderster Front bei der Diskussion und dem Erfahrungsaustausch zu Innovation und Legal Tech mitzuwirken.
Gerade letzte Woche war ich eingeladen, mit einem Partner aus unserem Londoner Büro einen Vortrag zum Thema Innovation in Rechtsabteilungen zu halten. Am nächsten Tag sprach ich bei einer Veranstaltung der Syndikusanwälte in Hamburg über Legal Innovation sowie Legal Tech und diskutierte anschließend mit den Syndikusanwälten darüber.
Valentino Halim: Die Rolle des „ersten Frontmanns“ hat in meinem Arbeitsalltag mein Mentor, ein IT-Partner. Doch da ich mit ihm zusammen, also im Tandem, Mandate betreue, hatte ich von Beginn an Gelegenheit, im direkten Kontakt mit dem Mandanten und mit Projektverantwortung zu arbeiten. Dazu kommt, dass ich während meines Studiums und Referendariats mehrere Jahre IT-rechtliche Erfahrungen in Unternehmen und Kanzleien sammeln konnte. Außenkontakt ist für mich daher selbstverständlich.
Bevor wir über die Innovation des Anwaltsberuf sprechen, vielleicht ein kurzer Einblick: Was waren Herausforderungen beim Wechsel von Referendariat auf Großkanzlei?
Valesca Molinari: Ich hatte bereits nach meinem Ersten Staatsexamen und vor dem Einstieg ins Referendariat mehrere Jahre gearbeitet. Daher war ich froh, endlich loslegen zu können. Vor allem die Zeit als Unternehmensgründerin, in der ich gemeinsam mit einem Gründungspartner für alle Bereiche des Start-ups zuständig war, bereitete mich auf viele Situationen vor.
Das gilt z.B. für den Mandantenkontakt, Verhandlungssituationen und auch für das Projektmanagement. Eine neue Erfahrung beim Einstieg in die Großkanzlei war jedoch, dass einige Mandanten auf einen allein schon deshalb anders reagierten, weil man jetzt Berufsträger war und als Rechtsanwalt unterzeichnete.
Valentino Halim: Ich musste mich anfangs ein wenig umstellen auf die gesteigerten Anforderungen an ein effizientes Selbst-, Zeit- und Projektmanagement – trotz meiner Erfahrungen, die ich sammeln konnte. Als Referendar bewältigt man Aufgaben eher linear, in der anwaltlichen Arbeit ist man in viele Mandate und Projekte parallel und mit eigener Verantwortung involviert und arbeitet häufig mit mehreren Beteiligten zusammen.
Ich plane und organisiere mich daher heute vorausschauender und flexibler. Kurzfristige Änderungen oder zusätzlicher Workload machen es außerdem oft nötig, neu zu priorisieren und den geplanten Tagesablauf mitunter umzuorganisieren. Gerade, dass ein Arbeitstag so gut wie nie einem anderen ähnelt, finde ich reizvoll.