Internet Governance

Verfasst von Matthias M. Hudobnik. 

Internet Governance

Vom NextGen@ICANN Programm zu ICANN’s At-Large Advisory Committee!

Matthias M. Hudobnik ist Jurist und Ingenieur, sog. »Legal Engineer«. Er beschäftigt sich seit mehr als fünf Jahren mit Cyber Law, Cyber Security, Internet Governance, Privacy, Legal Tech und hat weltweit Trainings in diesen Gebieten absolviert. Darüber hinaus sammelte er mehrjährige Berufserfahrung in den Bereichen Datenschutz, IT und Internet Engineering. Hier berichtet er von seinen Teilnahmen an den ICANN Meetings in Kopenhagen, Abu Dhabi und Barcelona.

Das NextGen@ICANN Programm bietet den Studierenden die einzigartige Möglichkeit, juristische Fähigkeiten auf internationalem Parkett zu präsentieren und von anderen Disziplinen zu lernen.

Der Leitspruch während meiner Studienzeit lautete: „Sich fernab vom klassischen juristischen Pfad zu bewegen“. Deswegen war ich ständig auf der Suche nach neuen Abenteuern über die Landesgrenzen hinaus, um mein bereits erworbenes interdisziplinäres Wissen zu erweitern, und meine Komfortzone als Student zu verlassen.

Die Entwicklung des Internets und dessen Governance faszinierten mich schon als Jugendlicher. Meinen ersten Domain-Namen erwarb ich bereits im Jahr 2002 und begann gleich darauf, meine erste Webseite zu erstellen. Seitdem bin ich vom Internet mehr als begeistert. Die Neugierde auf neue unbekannte Abenteuer wurde in mir erweckt, als ich von der Möglichkeit des NextGen@ICANN Programmes Kenntnis erlangte. Es war als Student die einmalige Chance die bedeutendsten Stakeholder im Internet-Ökosystem, insbesondere im Domain-Namen Sektor, kennen zu lernen und sich mit ein bisschen Glück mit Internet-Pionieren, wie z.B. Dr. Steve Crocker oder Dr. Vint Cerf persönlich auszutauschen.

Im Jahre 2017 setzte ich den ersten Schritt, indem ich mich mit dem Thema „Regulation of the Digital Environment“ für das ICANN58 Meeting in Kopenhagen bewarb und einen der 15 begehrten und auserkorenen Slots für mich ergatterte. Die ausgewählten Teilnehmer:innen waren von diversen Universitäten aus ganz Europa, wobei der Fokus der Auswahl immer auf der Region liegt, in der das ICANN Meeting stattfindet. Ein weiterer großer Vorteil ist, dass die Kosten für den Flug und die Unterkunft der NextGen-Teilnehmer:innen von ICANN übernommen werden und zusätzlich noch ein per Diem ausgeschüttet wird.
 

Für jene Leser:innen, die ICANN an dieser Stelle noch nicht kennen, es handelt sich um die „Internet Corporation for Assigned Names and Numbers“, eine Non-Profit Organisation, die für die Koordinierung und Vergabe von Domain-Namen und die Koordination des „Domain Name Systems“ (DNS) sowie der Zuteilung von Internet-Protokoll (IP)-Adressen, zuständig ist.

Bei jedem ICANN Meeting ist das NextGen Programm exakt durchgeplant und die Teilnehmer:innen erfahren alle wichtigen Informationen über das DNS, ICANN’s Mandat und die Möglichkeiten, sich in der Community zu engagieren. Die Vielfalt der Networking Events mit interessanten Persönlichkeiten aus Regierungen und Behörden, Tech-Konzernen, NGOs und Universitäten lassen auf eine ungezwungene Art und Weise den persönlichen „Small Talk“ zu. Bewaffnet mit dem Newcomer-Badge haben NextGen-Teilnehmer:innen quasi den Freibrief, Konferenzteilnehmer:innen mit unzähligen Fragen zu löchern. Die meisten von ihnen sind sehr offen und hilfsbereit ihr Knowhow weiter zu geben.

Eines der Highlights des ICANN58 Meetings war die Präsentation des eigenen, vorbereiteten Themas. Diese wurde live, remote übertragen und es konnten Leute aus der ganzen Welt daran teilnehmen und Fragen stellen. Der Gedanke dahinter ist, niemanden auszugrenzen und Interessierten zumindest eine virtuelle Teilnahme an den öffentlichen Sessions der ICANN Meetings zu ermöglichen, da die Regulierung des Internets für alle öffentlich zugänglich sein sollte und das Multi-stakeholder-Modell Anwendung finden sollte. Ein weiterer Höhepunkt war die Session mit ICANN’s CEO Göran Marby sowie das traditionelle „Public Forum“, wo Konferenzteilnehmer:innen öffentlich zum Mikrofon traten und Fragen an das ICANN Board stellten. Diese wurden in den meisten Fällen gleich live beantwortet. Während des ICANN Meetings lernte ich sehr viele interessante Leute kennen. Eine besondere Begegnung hatte ich mit dem Internet Pionier und damaligen Chair des ICANN Boards, Dr. Steve Crocker, der eine eindrucksvolle Persönlichkeit ist.

Dr. Steve Crocker (former Chair of ICANN’s Board of Directors) und Matthias M. Hudobnik beim ICANN60 Meeting in Abu Dhabi (links) und Matthias M. Hudobnik, Göran Marby (ICANN’s President & CEO) und León Sánchez (Vice-Chair of ICANN’s Board of Directors) beim Internet Governance Forum in Berlin 2019 (rechts)
Dr. Steve Crocker (former Chair of ICANN’s Board of Directors) und Matthias M. Hudobnik beim ICANN60 Meeting in Abu Dhabi (links) und Matthias M. Hudobnik, Göran Marby (ICANN’s President & CEO) und León Sánchez (Vice-Chair of ICANN’s Board of Directors) beim Internet Governance Forum in Berlin 2019 (rechts)

Nach erfolgreicher Teilnahme am NextGen@ICANN Programm war meine Neugierde noch größer, tiefer in diese einzigartige Internet-Community einzutauchen. Gesagt, getan! Ich wurde nach meiner Bewerbung erfolgreich als einer von vier „Ambassador“ für das NextGen@ICANN Programm, am ICANN60 Meeting in Abu Dhabi ausgewählt. Meine Aufgabe war es für mehrere NextGen-Teilnehmer:innen verantwortlich zu sein, die ich während des gesamten ICANN60 Meetings unterstützte, und meine Expertise in diesen Bereichen an sie weiter zu geben. Bei meiner Teilnahme am ICANN60 Meeting in Abu Dhabi knüpfte ich selbst wiederum sehr interessante Kontakte, erweiterte mein Wissen rund um das DNS und tauchte tiefer in das Multi-stakeholder-Modell ein. Das ICANN60 Meeting ermöglichte mir die verschiedenen „Policy Development Processes“ und Stakeholder sowie deren Schwerpunkte genauer unter die Lupe zu nehmen.

Ich beendete schließlich meine extensive Aufbauphase mit der Teilnahme am ICANN63 Meeting in Barcelona im Rahmen des Fellowship Programmes und absolvierte somit alle Community Programme innerhalb von ICANN. Nun war ich für den nächsten Schritt bereit, um eine neue Rolle in der sehr diversen und internationalen Internet-Community zu übernehmen. Ich entschloss mich, für die Interessen der Internet-Endnutzer:innen einzutreten, um die Vorhaben in der At-Large Community zu stärken, da ich davon überzeugt war, dass ich dort am meisten Impact und Expertise einbringen konnte.

Daraufhin nahm mich die „EURALO Individuals’ Association“ als Mitglied auf. Mein beherztes Engagement honorierte die Europäische Regionale At-Large-Organisation (EURALO), die sogenannten Endnutzer Community im europäischen Raum, und nominierte mich eineinhalb Jahre nach meiner Teilnahme als NextGen@ICANN, mit Zwischenstationen als „Ambassador“ und Mitglied des NextGen-Auswahlausschusses, für die Position als EURALO Co-Vorsitzender des ALAC-Unterausschusses für Öffentlichkeitsarbeit und Engagement. Letztendlich entschied ich die Wahl für mich und hielt diese Position fast eineinhalb Jahre inne. In dieser Zeit baute ich mit Hilfe der At-Large Community die Öffentlichkeitswirksamkeit auf diversen Internet-Events in ganz Europa u.a. re:publica in Berlin aus und begeisterte neue interessierte Teilnehmer:innen für die Entwicklung des Internets. Eines der Highlights war, dass ich die At-Large-Community beim Internet Governance Forum 2019 in Berlin repräsentierte, wobei ich im Vorfeld die Organisation der jeweiligen Öffentlichkeits- und Engagement-Aktivitäten federführend leitete.

Nachdem das einzig beständige der Wandel ist und ich mich nach eineinhalb Jahren in der Öffentlichkeitsarbeit weiter entwickeln wollte, führte kein Weg daran vorbei, sich als einer von drei Mitgliedern für das At-Large Advisory Committee (ALAC) in der europäische Region EURALO zu bewerben, um noch stärker die Interessen der Internet-Endnutzer:innen zu vertreten. Zu diesem Zeitpunkt wäre ich der jüngste und erste Österreicher in so einer Position gewesen. Und es geschah tatsächlich so: die Internet Community nominierte und wählte mich schlussendlich für diese Führungsposition, was mich persönlich besonders freute!

Das ALAC hat die Pflicht, die Interessen der Internet-Endnutzer:innen weltweit zu verstehen und zu vertreten, damit es letztlich zu Verbesserungen kommt. Dieses Committee ist zwar nicht direkt an der Entwicklung von ICANN-Richtlinien und Entscheidungen beteiligt, arbeitet aber daran die vorgeschlagenen ICANN-Richtlinien und Entscheidungen, die die Ansichten und Bedürfnisse der einzelnen Internet-Endnutzer:innen auf regionaler und globaler Ebene genau wiederspiegeln, zu analysieren und Beratung zu diesen Vorschlägen an das ICANN Board zu leisten.

Mit meiner persönlichen Story und den daraus resultierenden Werdegang möchte ich die Leser:innen motivieren und gleichzeitig aufzeigen, welche Möglichkeiten so ein Programm bietet und welche Auswirkungen eine Teilnahme mit sich bringen kann. Deshalb kann ich nur die Empfehlung weitergeben, den Schritt zu wagen, die persönliche Komfortzone zu verlassen, sich auf neue Abenteuer einzulassen und diese einzigartige Möglichkeit zu nutzen! So eine Teilnahme hilft außerdem, sich von der breiten Masse abzuheben und das heute wohl wichtigste Medium Internet wegweisend weiterzuentwickeln. Dabei werden auch sehr wichtige Skills in einem sehr internationalen Umfeld erlernt, die für das spätere juristische Handwerk sehr hilfreich sein können.

NextGen@ICANN58-Teilnehmer:innen
NextGen@ICANN58-Teilnehmer:innen

ICANN ist immer auf der Suche nach jungen, motivierten und interessierten Persönlichkeiten, denen die Zukunft des Internets am Herzen liegt und, die sich aktiv in die Policy-Debatte einbringen wollen. Das NextGen@ICANN Programm kann ich zum Start jedem Internet-Begeisterten nur wärmstens empfehlen! Deswegen – Go for it!
 

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