Anforderungen an Führungskräfte von heute: eine neue Rollenverteilung
Die Rolle der Führungskraft hat sich radikal gewandelt. Früher reichte es aus, juristisch exzellent zu sein und Wissen von oben nach unten weiterzugeben. Heute brauchen Legal Leader ein breites Spektrum an Fähigkeiten:
- Emotionale Intelligenz ist essenziell, um Teams empathisch zu führen und die Bedürfnisse der Mitarbeitenden wirklich zu verstehen.
- Change-Management-Kompetenzen sind gefragt, um Organisationen sicher durch den permanenten Wandel zu steuern.
- Die Ergebnisse des Legal Tech Monitors 2025 verdeutlichen: Technologisches Grundverständnis wird unerlässlich, um Innovationen in Legal Tech und Automatisierung nicht nur zu verstehen, sondern aktiv zu gestalten.
- Zudem verlangt der Markt Diversitäts- und Inklusionskompetenz: Unterschiedliche Perspektiven im Team zu fördern, ist längst kein „Nice to have“ mehr, sondern entscheidender Wettbewerbsfaktor.
Juristische Exzellenz bleibt die Grundlage, aber als moderner Legal Leader gehst du weit darüber hinaus. Du bist vor allem Gestalter von Teamdynamik und Unternehmenskultur. Du fungierst als Coach, der Potenziale erkennt und gezielt fördert. Du schaffst Freiräume, in denen Mitarbeitende Verantwortung übernehmen und sich entfalten können, statt auf enge Vorgaben zu warten. Vertrauen und Transparenz ersetzen Kontrolle und Hierarchie. Wer heute führt, muss zuhören können, Konflikte moderieren und Diversität im Team aktiv leben. Statt Autorität durch Position entsteht Führungsstärke durch persönliche Haltung und authentische Kommunikation. Diese neue Rollenverteilung ist herausfordernd – bietet aber zugleich die Chance, Führung auf eine nachhaltige und inspirierende Basis zu stellen.
Anpassung an neue Arbeits- und Organisationsformen
Remote Work, flexible Arbeitszeiten und hybride Kanzleistrukturen sind längst Realität. Diese Entwicklungen verlangen auch von Führungskräften in der Rechtsbranche ein Umdenken. Wo früher Sichtbarkeit im Büro als Maßstab galt, zählen heute Vertrauen, Ergebnisorientierung und klare Kommunikation der Ziele. Auch hier macht der Legal Tech Monitor 2025 deutlich: Legal-Tech-Unternehmen haben oft die besten Karten, wenn es um die Gewinnung neuer Talente geht. Der Grund liegt auf der Hand – je stärker sich ein Unternehmen auf Digitalisierung einlässt, desto attraktiver wirkt es für junge Jurist:innen auch als Arbeitgeber.
Moderne Führung lebt vom Miteinander, nicht von physischer Präsenz. Als fortschrittliche Führungskraft bringst du daher Menschen zusammen – auch wenn sie nicht am selben Ort arbeiten. Du setzt auf digitale Zusammenarbeit, flexible Arbeitsmodelle und crossfunktionale Teams. Du gestaltest Strukturen, in denen Eigenverantwortung und Agilität keine Schlagworte sind, sondern gelebte Realität. Dabei weißt du: Führung auf Distanz verlangt mehr Aufmerksamkeit, nicht weniger. Regelmäßige Check-ins, transparente Kommunikation und digitale Feedbackschleifen ermöglichen es dir, dein Team klar auszurichten und dauerhaft zu motivieren. Indem du neue Arbeitsformen aktiv mitgestaltest, schaffst du ein Umfeld, das nicht nur produktiv, sondern auch attraktiv ist – für dein aktuelles Team genauso wie für die digitalen Talente der nächsten Generation.
Elemente neu gedachter Führungskultur
Innovative Führung in der Rechtsbranche basiert also auf einer Kultur, die Offenheit, Zusammenarbeit und Sinnhaftigkeit in den Mittelpunkt stellt. Als Führungskraft solltest du dich nicht mehr nur über Macht und Status definieren, sondern über Haltung, Werte und die Fähigkeit, Menschen miteinander zu verbinden. Die Studie „The Future of Leadership“ von der Bucerius Law School in Zusammenarbeit mit Egon Zehnder beschäftigt sich mit dem Thema, wie die Zukunft für Führungskräfte in der Rechtsbrache aussieht und nennt Qualifikationen, die modernes Leading ausmachen:
- Mindset schlägt Fachwissen
Für moderne Legal Leader ist die vielleicht wichtigste Erkenntnis: Es sind nicht allein deine juristischen Fähigkeiten, die dich zu einer starken Führungskraft machen, entscheidend ist vor allem dein Mindset. Wenn du andere wirklich erfolgreich führen willst, musst du bei dir selbst anfangen. Selbstreflexion ist hierfür der Schlüssel: Wie bewusst nimmst du dich und dein Verhalten wahr? Wie offen bist du dafür, deine Überzeugungen kritisch zu hinterfragen? Vor allem: Bist du bereit, dich selbst weiterzuentwickeln? Ein „Growth Mindset“, also der feste Glaube daran, dass Entwicklung immer möglich ist, bildet das Fundament moderner Führung. Denn wer sich selbst verändern kann, kann auch andere begleiten, inspirieren und stärken.
- Vom Fachspezialisten zur Führungspersönlichkeit
Viele Jurist:innen definieren sich über ihre fachliche Exzellenz. Doch hast du eine Führungsrolle (z. B. als Managing Partner oder General Counsel) inne, so verschiebt sich der Fokus: Die Hauptaufgabe besteht nicht mehr darin, juristische Probleme zu lösen, sondern Menschen zu befähigen, Entscheidungen zu treffen, Verantwortung zu übernehmen und gemeinsam Ergebnisse zu erzielen. Das bedeutet auch: Delegieren lernen, Kontrolle abgeben, Vertrauen schaffen.
- Beziehungsorientierung und psychologische Sicherheit
Als moderner Legal Leader verstehst du dich als Beziehungsmanager. Aktives Zuhören, klares Kommunizieren und ein Umfeld zu schaffen, in dem sich Menschen sicher fühlen, auch in Phasen von Unsicherheit und Wandel, ist dafür unabdingbar. Psychologische Sicherheit, also das Vertrauen, auch Fehler machen und kritische Fragen stellen zu dürfen, ist ein Schlüsselfaktor für Teamleistung, Innovation und Engagement.
- Integrität als Führungswährung
Als wichtigste Führungsqualität wurde von den Befragten in der Umfrage der Bucerius Law School in Zusammenarbeit mit Egon Zehnder Integrität genannt. Diese Schlüsselqualifikation wurde von Führungskräften in Kanzleien und Rechtsabteilungen von Unternehmen noch vor juristischer Expertise oder technologischem Verständnis angegeben. Überraschen sollte dies jedoch nicht: Gerade in einem Umfeld, das komplex und oft unübersichtlich ist, braucht es jemanden, der klar, verlässlich und authentisch handelt. Wenn du ethisch konsistent agierst, transparent kommunizierst und zu deinen Werten stehst, schaffst du Vertrauen. Und genau dieses Vertrauen ist die Grundlage dafür, dass Menschen bereit sind, dir zu folgen – gerade in Zeiten des Wandels.
- Führung bedeutet: Wandel gestalten
Führung funktioniert heutzutage nicht mehr ohne Veränderung. Wenn du als Legal Leader wirklich effektiv sein willst, reicht es nicht, auf Wandel zu reagieren – du musst ihn aktiv gestalten. Das heißt: Du stellst den Status quo in Frage, nimmst Menschen mit und machst Mut. Du gibst Veränderung einen positiven Rahmen – selbst wenn Unsicherheit mitschwingt. Und du schaffst einen Raum, in dem Lernen erlaubt ist, Fehler dazugehören und Entwicklung möglich wird. Veränderung ist kein einmaliges Projekt, sondern ein ständiger Begleiter. Als Legal Leader der Zukunft bist du der- oder diejenige, der sie kommunikativ, strukturell und emotional trägt.
- Veränderung beginnt bei dir
Viele der befragten Führungskräfte betonten rückblickend: Sie hätten gerne früher gelernt, mit Unsicherheit, Selbstzweifeln und Druck besser umzugehen. Die Fähigkeit zur Selbstführung – also der bewusste Umgang mit dem inneren Dialog, Emotionen und Intuition – wurde als elementar für gute Führung genannt.
Auch Vielfalt ist heute weit mehr als ein gesellschaftliches Ideal – sie ist ein echter Wettbewerbsvorteil. Unterschiedliche Perspektiven bringen bessere Entscheidungen, mehr Innovationskraft und kreative Lösungen. Als moderne Führungskraft gestaltest du nicht nur vielfältige Teams, sondern sorgst vor allem dafür, dass sich alle gehört, respektiert und eingebunden fühlen. Echte Inklusion entsteht nicht zufällig, sie braucht Haltung, Bewusstsein und Struktur. Deine Aufgabe ist es, Räume zu schaffen, in denen sich Talente unabhängig von Herkunft, Geschlecht oder Lebensweg entfalten können. Das bedeutet: Barrieren abbauen, faire Rahmenbedingungen schaffen und Vielfalt gezielt als Stärke einsetzen. Dazu brauchst du mehr als strategisches Denken, du brauchst Haltung. Du hörst zu, gibst Orientierung, förderst Vertrauen. Du bist bereit, Kontrolle abzugeben und eingefahrene Denkweisen zu hinterfragen. So schaffst du ein Umfeld, in dem nicht nur Teams stärker werden, sondern Menschen über sich hinauswachsen können.