Berufsalternativen und Orientierung für Juristen

Verfasst von Maryam Kamil Abdulsalam

5 Berufsalternativen für Juristen

Alternative Jobs für Juristen, die keine Juristen mehr sein möchten

Studium und Referendariat sind geschafft. Aber das Interesse an den klassischen Juristenberufen ist mit jeder Praxiserfahrung geschwunden? Anwalt, Staatsanwalt und Richter werden ist keine Option mehr? Nicht schlimm! Es muss nicht gleich ein neues Studium sein, um andere Berufe ergreifen zu können. Oder wie J. R. R. Tolkien es sagen würde: „Not all those who wander are lost!“

Manchmal muss man auf Abwege geraten, um den richtigen Weg für sich zu finden. Wir berichteten bereits vor einiger Zeit über einige Berufswege, die verwandt sind mit dem Jurastudium und eine gute Alternative bieten.

Es gibt aber abgesehen vom Steuerberater, dem Juristen im Polizeimanagement, dem Mediator und Wirtschaftsprüfer noch weitaus abwechslungsreichere und weniger juristische Berufe, in denen Juristen gesucht werden. Denn Arbeitgeber wissen, was junge Juristen in ihrem Ausbildungsweg gelernt haben: Durchhaltevermögen und stringentes Denken!

Alternative Wege für Jurist*innen

1. Assistenz der Geschäftsführung

Klingt nach dem unattraktiven Assistentenjob, den man nach Abschluss des 2. Examens niemals machen möchte? Ist es aber nicht. In großen Unternehmen wie Axel Springer oder der Allianz werden regelmäßig junge Juristen für Assistenten der Geschäftsführung oder des Vorstandes gesucht, in die sie langfristig investieren wollen. Während die Stelle bereits vielfältige und selbstständige Aufgaben in der Organisation, Öffentlichkeitsarbeit, im Marketing und der Erschließung neuer juristischer Geschäftsbereiche verspricht, bieten die Unternehmen langfristige Perspektiven: Nach zwei Jahren soll bereits Führungsverantwortung übergeben werden.

Nach 3-5 Jahren kann der Kandidat ins mittlere Management aufsteigen, und bereits nach 6-8 Jahren bietet sich die Perspektive im Seniormanagement. Diese Aussicht ist vor allem für diejenigen interessant, die bereits nach dem 1. Examen gleich in den Beruf starten möchten, denn der Abschluss des 2. Examens ist für derlei Stellen nicht zwingend notwendig.
 

2. Berufsbetreuer

Der eine entwickelt seine soziale Ader früh und studiert soziale Arbeit, Sozialpädagogik oder Lehramt. Der andere entdeckt sie erst spät und wird nach seinem Jurastudium Berufsbetreuer. Was das genau ist? Ein Berufsbetreuer betreut geistig behinderte und psychisch kranke Menschen nach §§1896 ff. BGB und kümmert sich um alle ihre rechtlichen und alltäglichen Angelegenheiten. Zu Beginn wurden diese Aufgaben hauptsächlich von Anwälten wahrgenommen, mittlerweile erobern mehr und mehr Sozialpädagogen, Alten- und Krankenpfleger und Verwaltungsfachkräfte dieses Berufsfeld.

Doch Juristen bringen noch immer einen großen Vorteil mit: Sie bringen vertiefte Kenntnisse im Betreuungsrecht oder zumindest ein geschultes Verständnis juristischer Sachverhalte mit. Berufsbetreuer wird man, indem man sich bei der örtlichen Betreuungsbehörde unter Vorlage eines polizeilichen Führungszeugnisses und einer Auskunft aus dem Schuldnerverzeichnis bewirbt. Das zuständige Gericht prüft dann beim nächsten Betreuungsfall die möglichen Kandidaten, auch hinsichtlich ihrer Ausbildung und Berufserfahrung, und bestellt letztlich einen Betreuer. Mit einem abgeschlossenen Jurastudium erweckt man bereits großes Vertrauen.

Selbstverständlich ist der Berufsweg des Berufsbetreuers nicht gepflastert mit Euroscheinen - so wie beinahe jeder soziale Beruf. Aber es können bis zu 44 Euro in der Stunde verdient werden.

Typische Kanzleikarriere ade:

3. Berufsschullehrer

Ebenfalls eher aus der sozialen Ecke: Der Berufsschullehrer! Was hat der Berufsschullehrer mit einem abgeschlossenen Jurastudium zu tun? Aufgrund des akuten Lehrermangels in zahlreichen Bundesländern werden Quereinsteiger jeder Couleur gesucht. Ohne Referendariat und Lehramtsstudium führt der Weg der Quereinsteiger gleich ins Klassenzimmer.

Juristen werden sehr gerne für die Ausbildung von Rechtsanwaltsfach- oder Notarfachangestellte an die Berufsschule geholt. Nicht selten gibt es aber auch an Abendschulen das Fach „Recht“, das von niemandem besser unterrichtet werden kann als von Juristen.
 

4. Ombudsmann / -frau

Wieder etwas klassisch-juristischer ist das Berufsbild des Ombudsmannes. Dem Beruf des Mediators nicht ganz unähnlich ist der Ombudsmann eine eingerichtete Stelle, die Aufgaben unparteiisch und unabhängig schlichten soll. Ombudsmänner werden von der Stadt bzw. der Stadtverwaltung eingestellt und sollen Unstimmigkeiten zwischen Bürgern und der Verwaltung regeln.

Ein Schlichtungsverfahren läuft ähnlich ab wie ein Gerichtsverfahren: Argumente und Meinungsverschiedenheiten der beteiligten Parteien werden angehört, Sachverhalte geprüft, rechtliche Bewertungen vorgenommen. Nur kommt es am Ende nicht zu einem Urteil, sondern zu einer Schlichtung. Ombudsmänner gibt es nicht nur in der Verwaltung, sondern auch für Versicherungsfälle.

Der Ombudsmann für Versicherungen ist eine außergerichtliche Streitbeilegungsstelle, die für die Mitglieder der angeschlossenen Versicherungsunternehmen kostenfrei arbeitet und den Verbraucher rund um seine Rechte berät. Im Streitfall prüft er den Sachverhalt und spricht seine Empfehlung aus. Er kann den Versicherer auch bis zu 10.000 Euro Leistung verpflichten.

Gerade bei Organisationen, die nicht bloß als Geldgeber fungieren, sondern in Reform- und Entwicklungsarbeit in den Partnerländern arbeiten, sind spannende Arbeitgeber.

5. Entwicklungshilfe und -zusammenarbeit

Insbesondere für Juristen, die gerne mit globalem Horizont arbeiten und nicht nur auf Deutschland beschränkt sein wollen, sind Karrierechancen in der Entwicklungshilfe bzw -zusammenarbeit geeignet. Voraussetzungen sind natürlich entsprechende Sprachkenntnisse (Englisch in jedem Fall, jede weitere Sprache ist ein Plus) und Auslandserfahrung sowie Offenheit für fremde Länder und Kulturen.

Gerade bei Organisationen, die nicht bloß als Geldgeber fungieren, sondern in Reform- und Entwicklungsarbeit in den Partnerländern arbeiten, sind spannende Arbeitgeber. Denn dort warten unter dem Begriff „Good Governance“ Umstrukturierungsaufgaben im rechtlichen Bereich: Beratung hinsichtlich der Reform des Rechtssystems, Entwurf neuer Gesetze oder Modernisierung veralteter Rechtsnormen. Aber auch die direkte Beratung von Regierungen in bestimmten Handlungsfeldern, wie beispielsweise dem Aufbau des Arbeitsmarktes und dem Kampf gegen Korruption, sind Tätigkeitsfelder, die prädestiniert sind für Juristen.

Weniger juristisch, dafür aber mindestens genauso spannend ist die Mitwirkung an gesellschaftlich Strukturreformen

Wie werden Verwaltungseinrichtungen effektiv aufgebaut? Wie können Akteure der Gesellschaft besser in staatliche Prozesse eingebunden werden? Wie können bereits bestehende Strukturen auf nationaler, regionaler und kommunaler Ebene genutzt und ausgebaut werden? Entsprechende Arbeitgeber sind hier die GIZ, UNDP oder auch die Konrad-Adenauer-Stiftung mit ihren zahlreichen Auslandsbüros. Auch kleinere NGOs und Stiftungen arbeiten auf diesem Feld und suchen immer wieder Juristen. 
 

Man muss nicht immer das machen, was ohnehin schon jeder macht, sondern das, wozu einen die eigenen Talente befähigen und was einem selbst Freude bereitet. Nur weil man nicht Anwalt, Staatsanwalt oder Richter geworden ist, bedeutet das nicht, dass man versagt hat oder das Studium umsonst war. Dafür sind die Alternativen viel zu abwechslungsreich, spannend und herausfordernd.