New Lawyers: Franziska Stalleicken & Alisha Andert

“Kunst braucht keinen Anwalt, Künstler manchmal schon.”

Franziska Stalleicken bei New Lawyers

Franziska Stalleicken ist Anwältin für Kunstrecht. Schon früh wusste sie, dass sie Kunst & Recht miteinander kombinieren möchte und hat nach dem ersten Examen einen Master in Kunstgeschichte am legendären Auktionshaus Christie’s in London absolviert. Mit Alisha Andert spricht sie darüber, was Kunstrecht umfasst, über ihren Werdegang und klassische Mandate sowie Highlights ihrer Tätigkeit.  

 

Was ist Kunstrecht?

Im Gegensatz zum Öffentlichen Recht oder Strafrecht ist das Kunstrecht kein eigener Fachbereich und die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass es während des Studiums zu keinen oder nur sehr wenigen Begegnungen mit dem Kunstrecht kommt. So erging es auch Franziska Stalleicken, die 2000 an der HU Berlin ihr Jurastudium begann und dort keine maßgeschneiderten Vorlesung zum Kunstrecht im Lehrplan hatte, sondern sich erst nach und nach in diese Nische vorwagte, um in den Rechtswissenschaften einen Bereich zu finden, der sie auch persönlich interessierte.

Inhaltlich ist Kunstrecht, so Franziska Stalleicken, ist kein eigenständiges Rechtsgebiet, sondern Querschnittsmaterie verschiedener Rechtsgebiete. Hier treffen zum Beispiel Kaufrecht, Auktionsrecht, Stiftungsrecht oder Denkmalschutzrecht (um nur eine kleine Auswahl zu nennen) und zum Teil auch Steuerrecht aufeinander. Demnach bringt Kunstrecht eine ziemliche Bandbreite mit sich und auch die Akteure, mit denen man es in dem Bereich als Jurist zu tun hat, kommen aus unterschiedlichen Bereichen. 

Der Weg ins Kunstrecht

Die Begeisterung für die Kunst wurde Franziska Stalleicken mehr oder weniger in die Wiege gelegt. Nicht selten, berichtet sie, sind Künstler im Elternhaus zu Gast gewesen, die spontan Wände oder Decken in Leinwände verwandelten. Wie wichtig ihr die Kunst über die Jahre hinweg werden sollte, zeigte sich nicht zuletzt auch im Jurastudium, wenn es nach der Bibliothek die Abkürzung über den Bebelplatz in die Staatsoper Unter den Linden ging, um Erholung vom Lernen und den Klausuren zu suchen und zu finden.

Ein Zufall war es gewissermaßen, der Franziska Stalleicken auch beruflich der Kunst näher bringen sollte. Zusätzlich motiviert durch ein Interview mit einer damaligen Direktorin des traditionsreichen Auktionshauses Christie’s, die nicht nur Kunsthistorikerin, sondern auch Juristin war, folgte der Entschluss, ebenfalls nach dem ersten Examen, einen Master in Kunstgeschichte zu absolvieren. 

So führte der Weg Franziska Stalleicken selbst nach London zu Christie’s, wo sie einen Master in History of Art and Art-world Practice absolvierte. Dem einjährigen Masterstudium folgten weitere 3 Jahre bei Christie’s sowie verschieden Tätigkeiten in der britischen Hauptstadt, sodass aus einem geplanten Jahr in London letztlich acht Jahre wurden. Das vorangegangene Jurastudium hat sich hier zudem positiv bewährt: Vor allem in der Schätzungsabteilung ist zwar einerseits kunsthistorische Expertise gefragt, andererseits nehmen auch Präzision und analytischer Sachverstand, nicht zuletzt auch in der Erstellung umfangreicher Dokumente, eine zentrale Funktion ein – auch, da derartige Dokumente aus steuerrechtlichen oder versicherungstechnischen Gründen erstellt werden.

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Jura & Kunst: Wer braucht wen?

Könnten Jura und Kunst gegensätzlicher sein? Auf der einen Seite haben wir in den Rechtswissenschaften die Präzision und das Regelwerk, was das juristische einem gibt. Auf der anderen Seite haben wir die Kunst, die davon lebt, Regeln zu brechen. Wie passt das?

“Natürlich, Kunst bricht Konventionen, sie ist am Puls der Zeit, geht voran, ist Avantgarde. Sie kann allerdings nur Regeln brechen, da es Regeln gibt. Wenn es keine ordnende Kraft in der Gesellschaft gäbe, könnte man auch keine Regeln brechen und die Gesellschaft nicht mit neuen Denkanstößen provozieren. Die Kunst braucht keine Juristen, aber Künstler vielleicht schon.”

Wie beide Disziplinen sich beispielsweise ineinander fügen, zeigt ein aktuelles Mandat, in dem ein Künstler bei der Erstellung des Regelwerks für einen Kunstfonds auf juristische Beratung angewiesen war und das Recht der Kunst in diesem Fall gewissermaßen einen Rahmen verleiht und Voraussetzungen schafft, in denen sie wirken kann. 

Ein typischer Tag im Kunstrecht?

“Tatsächlich denke ich, dass sich mein normaler Arbeitsalltag nur wenig von dem eines anderen Juristen unterscheidet, wenngleich es natürlich hier und dort ein paar Highlights gibt.”

Zu diesen Highlights zählt zum Beispiel die Betreuung eines Mandanten in Brasilien und der Kooperation mit dortigen lokalen Anwälten. Dank fließender Portugiesischkenntnisse und an der HU Berlin erworbenen Kenntnissen des brasilianischen Rechts konnte zudem die Herausforderung der Übersetzung der Zeugenaussagen gemeistert werden. 

Davon abgesehen, so Franziska Stalleicken, hatte sie zudem das Glück, insbesondere während ihrer Zeit in London bei verschiedenen Kunstsammlern, in spektakulären und mit Kunst gefüllten Büros arbeiten zu dürfen – dies sei schon etwas anderes als in einer herkömmlichen Anwaltskanzlei zu sein. Ebenso bekäme sie als Juristin im Kunstrecht die Möglichkeit, spektakuläre Veranstaltungen in der Kunstwelt besuchen zu können, verschiedene Künstler und Akteure aus dem Kunsthandel kennenzulernen und so ganz nah am Puls des Geschehens zu sein. 

Wie zwei aktuelle Mandate von Franziska Stalleicken aussehen, warum sie eine Hauswand an einem öffentlichen Münchener Platz besonders im Blick hat und welchen Tipp sie Jurastudierenden gibt, die insbesondere vor dem Examen mit sich kämpfen, hört ihr in der neuen Folge New Lawyers.

 

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