Beim Stichwort Digitalisierung denkt man sofort an die Innovation Autonomes Fahren. Mit welchen rechtlichen Herausforderungen werden Sie dahingehend als Anwalt im Bereich IP und IT konfrontiert?
Vielfach in der breiten Öffentlichkeit wird beim Thema Autonomes Fahren die Frage der Haftung für autonome Fahrmanöver und die Übertragung ethischer Abwägungsentscheidungen in Gefahrensituationen auf die Technik diskutiert. Hierbei handelt es sich zwar um wichtige Grundsatzfragen. Diese dürften aber weniger von juristischer als von ethisch-sozialer Relevanz sein.
Juristisch weitaus relevanter sind hier die datenschutzrechtlichen Fragestellungen und Fragen der Inhaberschaft an den generierten Daten. Weniger sichtbar, aber genauso spannend und oft kontrovers, ist die in diesen Projekten oft notwendige Kooperation verschiedener Unternehmen aus unterschiedlichen Branchen und oft Ländern. Bei Telematiklösungen steht hinter dem Service für den Endkunden oft eine komplexe Zusammenarbeit des "klassischen" Unternehmens mit Endkundenbeziehung (Kfz-Hersteller, Versicherung) mit den Lieferanten innovativer Hardware und Software/Apps und z.B. den Anbietern von Telekommunikations-/Übertragungsleistungen.
Die Datenschutzgrundverordnung hat uns gerade noch gefehlt! Jetzt mal ehrlich, was halten Sie persönlich von der DSGVO, Herr Dr. Heise? War diese notwendig?
Die DSGVO war sicherlich notwendig, um innerhalb der EU eine höhere Harmonisierung des Datenschutzrechts zu erreichen. Das ist leider aufgrund der zahlreichen Felder, in denen nationale Sonderregelungen möglich bleiben, nur teilweise gelungen. Ich hätte mir auch eine gewisse Privilegierung der Datenübermittlung innerhalb von Konzernen gewünscht. Ob die drastisch erhöhten Dokumentationsanforderungen wirklich zu einem transparenteren und bewussteren Umgang mit personenbezogenen Daten beitragen, wird erst die Praxis in den nächsten Jahren zeigen.
Digitalisierungsrecht als Querschnittsmaterie erfordert die Kenntnis sowohl der digitalen Methoden als auch der digitalen Inhalte. Wie macht Ihre Kanzlei Ihren Anwälten das benötigte Know-how zugänglich?
Grundsätzlich legen wir Wert darauf, dass sich unsere Mitarbeiter kontinuierlich fachlich fortbilden. Sie profitieren dabei von einem großen Angebot interner, aber auch externer Schulungen und Seminare. Natürlich steht hierbei die juristische Ausbildung etwas mehr im Vordergrund. Trotzdem gilt: Ohne ein gewisses Verständnis der technischen Zusammenhänge ist eine maßgeschneiderte Beratung nicht möglich. Im Einzelfall erfordert das dann auch mal eine mehr oder weniger mühevolle Recherche. Ein gewisses Grundinteresse an IT-Themen ist da sicherlich hilfreich. Schlussendlich sind wir aber Juristen im IT-Bereich und nicht ITler mit juristischer Fachausrichtung.
Digitalisierung ist unsere Zukunft. Welche weiteren Aspekte machen die Rechtsberatung in Digitalisierungsprojekten für Berufseinsteiger gerade so spannend?
Der besondere Reiz an der Beratung in IT-Projekten liegt natürlich in der besonderen Innovationskraft der Branche, und der Möglichkeit, neue Produkte und Ideen hautnah zu erleben und ihre Umsetzung zu unterstützen und mitzugestalten. Wir helfen mit, dass gute Ideen und neue Technologien ihren Weg in den Markt finden.
Da der technische Fortschritt und oft die daran anknüpfende Gesetzgebung immer neue Herausforderungen schaffen, besteht in unserem Beratungsfeld – anders vielleicht als in "etablierteren" Rechtsgebieten – gerade für junge Kollegen eine gute Möglichkeit, sich zu profilieren. Auch die Chance, schon früh Kontakte zu Mandanten aufzubauen ist besser – gerade in der Startup Szene sind die Entscheider ja oft im selben Alter wie unsere jungen Kollegen.
Ihr Fazit?
Auch jenseits aller Schlagworte bietet das IT-Recht ein spannendes, weit gefächertes Beratungsfeld mit der Möglichkeit, neue technische Innovationen hautnah mitzuerleben und an ihrer Umsetzung mitzuwirken. Gerade weil das IT-Recht als Rechtsgebiet nicht zum klassischen Ausbildungskanon gehört, bietet sich hier eine Chance für aufgeschlossene junge Kolleginnen und Kollegen, die Freude an Neuem haben.
Vielen Dank, Herr Dr. Heise, LL.M., und Herr Dr. Schmitz!