Erste Law Clinic Deutschlands für Gründer:innen

Veröffentlicht am 05.12.2022

Eine Law Clinic für Startups

Alexander Zwilling von der Corporate Law Clinic im Interview

Alexander Zwilling, 25, ist aktuell Referendar in Köln, wo er zuvor auch sein 1. Examen absolviert hat. Bereits während seines Jurastudiums an der Universität zu Köln konnte er zudem in die Startup-Welt eintauchen: Die dort gegründete Corporate Law Clinic (CLC) berät Gründer:innen in der Frühphase bei allen rechtlichen Fragen. Alexander ist derzeit das dienstälteste Mitglied der CLC und vor allem als Teamleiter und im PR Bereich aktiv. Sein Beratungsschwerpunkt liegt im Gesellschaftsrecht.

Alexander Zwilling
Alexander Zwilling

Alexander, du bist Teamleiter bei der Corporate Law Clinic in Köln. Seit wann gibt es die Law Clinic und aus welchen Gründen ist das Projekt entstanden?

Die CLC gibt es jetzt seit 2015. Entstanden ist die Idee aus einer Änderung des RDG und der Möglichkeit, bei entsprechenden Voraussetzungen Pro-bono-Rechtsberatung durch Studierende anzubieten – gerade im Startup-Bereich kann das Gold wert sein.

Viele wissen natürlich, dass es in der ersten Due Diligence auch auf rechtliche Fragestellungen ankommt. Das Geld, um sich schon früh rechtlich umfangreich beraten zu lassen, ist aber logischerweise häufig nicht da. Hier wird zu Google und Co. gegriffen, bevor Kanzleien für mehrere Tausend Euro beauftragt werden. Andersherum kennen wir alle das Jurastudium und den fehlenden Praxisbezug im ersten Examen. Die Corporate Law Clinic bedient beide Seiten.
 

Was sind die Ziele der Corporate Law Clinic?

Kurz zusammengefasst: Startups helfen und Mitglieder ausbilden. Wir wollen unseren Mandant:innen rechtliche Topleistungen bieten und das erarbeitet von Studierenden, die später top ausgebildet ins Berufsleben gehen, weil sie bei uns schon früh am Mandat und mit Praxisbezug gearbeitet haben. Die Beratung findet von den Mitgliedern im Ehrenamt statt, das heißt man muss natürlich auch die Zeit finden bzw. sich diese nehmen, um für beide Seiten das Beste herauszuholen. 
 

Wie genau ist die Law Clinic aufgebaut? Gibt es verschiedene Fachbereiche und Teams?

Was die Fachbereiche betrifft, ist es relativ einfach: Wir haben Beratungsschwerpunkte im Gesellschafts-, Arbeits- und IP/IT-Recht. Wir machen auch viele andere Sachen, aber grob würde ich es so aufteilen.

Was den Aufbau im Team angeht, gibt es drei Dinge hervorzuheben:

  1. Es gibt Mandatsleiter:innen. Das sind die Mitglieder, die entweder schon viel Erfahrung bei uns gesammelt haben oder sich durch besondere Qualifikationen im sonstigen Berufsleben auszeichnen. Hier ist es einfach unfassbar wichtig, dass Gründer:innen eine Person haben, die die fachliche Expertise hat, um auch mal schnell eine Frage zu beantworten und vor allem auch ein Mandat zu planen und zu koordinieren.
  2. Jede:r kann alles machen, muss aber nicht. Wir geben allen die Möglichkeit den Fähigkeiten entsprechend mitzuarbeiten und so eingebunden zu werden, wie es das Mitglied will. Wer mehr machen will, kann mehr machen. Wer nicht, guckt erstmal nur bei einem Mandat mit in die Arbeit rein, da sind wir flexibel.
  3. Jede:r sollte überall mal reingeguckt haben, das heißt, in alle Bereiche, in denen wir beraten. Einmal, um potenziell mehr Verantwortung zu übernehmen, falls gewünscht, und zum anderen, weil wir gerne ausbilden wollen. Da ergibt es Sinn, nicht nur ein Rechtsgebiet zu machen, sondern sich auch mal selbst ins kalte Wasser zu schmeißen.

Es gibt also keine festen Teams. Die Mandatsleiter:innen fragen immer intern, wer Lust und Zeit hat zu unterstützen. So kommen immer unterschiedliche Konstellationen zustande.

Erfolgsgeschichten sollten nicht an fehlendem rechtlichen Rat in der Frühphase scheitern.
Alexander Zwilling

Die Corporate Law Clinic ist die erste Law Clinic für Gründer:innen in Deutschland. Warum hat sich die Law Clinic auf Gründer:innen spezialisiert und in welchen Bereichen beratet ihr überwiegend?

Auf Gründer:innen spezialisiert sind wir zum einen aus dem schon genannten Punkt, dass hier erheblicher Beratungsbedarf besteht, den Kanzleien einfach nicht abdecken können oder auch wollen, weil zu wenig bezahlt werden kann.

Zum anderen finde ich persönlich, dass wir nicht vergessen sollten, dass Gründer:innen von heute, große Unternehmer:innen von morgen sein können. Erfolgsgeschichten sollten nicht an fehlendem rechtlichen Rat in der Frühphase scheitern. Aus Sicht der Beratenden ist der Bereich natürlich auch einfach spannend. Es ändert sich häufig täglich was in der Konstellation. Das sind manchmal wirklich vogelwilde Geschichten und man lernt nicht nur, als Berater:in damit umzugehen, sondern auch wirtschaftlich zu denken, anstatt immer nur die „Jurabrille“ aufzuhaben.

Der Schwerpunkt liegt da meistens auf dem Gesellschaftsrecht. Einfach, weil es hier um die Struktur geht. Um diese Struktur rum werden dann natürlich Marken- und Urheberrechte immer relevanter und die ersten Arbeitnehmer:innen sind meistens auch ein Thema.  
 

Wie genau funktioniert die Bearbeitung an den Fällen?

Es läuft meistens so, dass sich die Gründer:innen bei uns melden und wir in ein Erstgespräch gehen, um den Beratungsbedarf mit unseren Kapazitäten zu matchen. Manchmal ist es leider so, dass die Mandate zu umfangreich sind bzw. besser gesagt zu sehr unter Zeitdruck stehen. Denn das ist sicher auch ein Nachteil bei uns: Die Beratung braucht mehr Zeit als bei einer Kanzlei, wo Geld bezahlt wird.

Wenn wir ein gutes Erstgespräch hatten, nehmen wir das Mandat mit und bilden intern ein Team. Ab dann läuft eigentlich alles wie bei einer Wirtschaftskanzlei auch. Wir bearbeiten die Aufgaben mit dem Schwerpunkt auf der Ausbildung der Mitglieder, sprich: Alle arbeiten, wenn sie wollen, an den Dokumenten.

Am Ende der Bearbeitung steht dann der wichtigste Schritt: Unsere Beirät:innen müssen, das ist gesetzlich vorgegeben, unsere Arbeit reviewen, bevor wir die Unterlagen an die Gründer:innen übergeben.
 

Inwieweit ist die studentische Beratung von Gründer:innen rechtlich möglich und was passiert, wenn Mandant:innen vor Gericht vertreten werden müssen?

Das ist immer die große Frage. Wir dürfen beraten, solange sich die Gründer:innen anwaltliche Beratung nicht leisten können. Heißt: Wir sind spätestens mit der ersten Finanzierung raus. Es geht bei uns darum, die Gründer:innen auf genau diese Situation optimal vorzubereiten. Gerichtliche Vertretung ist tatsächlich nicht möglich. Wobei hier zum Glück auch eher selten Anfragen kommen.

Ein Blick über den juristischen Tellerrand durch ehrenamtliche Arbeit

Was müssen du und dein Team vor der Annahme eines Mandats alles beachten? Gibt es Fälle, die die Corporate Law Clinic nicht annehmen kann bzw. darf?

Die beiden Aspekte, die uns bei der Aufnahme begrenzen, sind tatsächlich wie immer: Zeit und Geld. Wenn die Zeit zu eng wird und Gründer:innen am besten gestern ein Ergebnis wollen, dann passt das nicht zu unserem Konzept.

Es ist nicht so, dass wir noch nie schnell ein Mandat über die Bühne gebracht haben, aber vor allem der Aspekt der Prüfung durch die Beiratskanzleien ist ein Punkt, bei dem man häufig keine fixen Zusagen geben kann. Übrigens zu Recht: Hier arbeiten Top-Jurist:innen ebenfalls pro bono.

Der andere Aspekt ist Geld: Wer genug hat, den müssen wir dann leider auch abweisen. Das kommt dann immer auf den Einzelfall an. Worauf wir inzwischen extrem achten ist, dass die Mandate vor allem unseren Mitgliedern einen Mehrwert bieten. Recherchen kann ich auch in Kanzleien machen. Im besten Fall müssen viele Dokumente entworfen werden, bei denen man sich zwangsweise mit materiellen Grundfragen auseinandersetzt. 
 

Du bist aktuell Rechtsreferendar am OLG Köln und bereits seit über fünf Jahren bei der Corporate Law Clinic. Inwiefern konntest du von der Arbeit bei der Law Clinic im Studium und jetzt auch im Referendariat profitieren?

Im Referendariat bis jetzt noch gar nicht, aber ich bin aktuell auch noch beim Zivilgericht. Wobei mir die Corporate Law Clinic bis jetzt immer geholfen hat, ist die Jobsuche und eben auch bei der Suche nach meiner Anwaltsstation. Die CLC ist in jedem Vorstellungsgespräch ein Thema.

Mir persönlich hat die CLC vor allem Motivation mitgegeben. Ich habe hier früh gemerkt, in welche Richtung es für mich gehen soll. Das hat mich vor allem durch das erste Examen getragen, das ja dann doch etwas länger ist. Ich hoffe, das läuft während des Referendariats ähnlich.
 

Welche Aufgaben hast du als Teamleiter und gibt es ein Projekt, das dir besonders in Erinnerung geblieben ist?

Teamleiter:innen sind für den Flow im Mandat zuständig. Gespräche mit den Gründer:innen, Beirät:innen und natürlich den Mitgliedern. Ich versuche immer selbst an den Dokumenten mitzuarbeiten, wobei es immer darum geht, Sachen im Team zu erklären und vielleicht auch mal Rückfragen zu beantworten. Natürlich sind die Teamleiter:innen auch die, die die Suppe auslöffeln müssen, wenn mal was nicht so gut läuft. Ich tue mich immer schwer nur ein Mandat hervorzuheben, aber aus dem Anlass, dass ich jetzt dort arbeite, würde ich das FinTech „naro“ nennen. Wir haben hier umfangreich in allen Bereichen beraten, absolutes Mustermandat, die Gründer sind inzwischen echt gute Freunde von mir, meine Chefs und die Idee werden definitiv einiges verändern. 

Werde Teil des Teams der Corporate Law Clinic Köln!

Team der Corporate Law Clinic
Team der Corporate Law Clinic

Was motiviert dich, in der Law Clinic zu arbeiten? Und was möchtest du Jurastudierenden, Doktorand:innen und Referendar:innen mit auf den Weg geben, die sich für die Arbeit in der Law Clinic interessieren?

Mich hat zu Beginn einfach der Bereich gereizt. Man lernt im Startup-Ökosystem spannende Menschen kennen, man bekommt unfassbar viel Dankbarkeit entgegengebracht, unterstützt gute Ideen und lernt einfach unfassbar viel.

Zur zweiten Frage: Wir brauchen euch! Aktuell müssen wir viele gute Mandate abweisen, weil wir zu wenig Kapazitäten haben. Ihr lernt viel, knüpft Kontakte, findet Jobs und man hat bei uns immer jemanden, der einem egal zu was Fragen beantwortet. Aber: Wer jetzt schon keine Zeit hat, sollte sich überlegen, ob aktive Mitarbeit wirklich Sinn ergibt. Auch, wenn es ein Ehrenamt ist, wir brauchen verlässliche Leute. Aber wir finden sicher eine Lösung. 
 

Dein Fazit?

Erstmal: Danke für die Möglichkeit des Interviews. Ich glaube, zusammengefasst kann ich sagen: Es ist ein Ehrenamt mit manchmal hohen zeitlichen Anforderungen, aber auch viel Outcome. Wir freuen uns über jede Kontaktaufnahme!


Vielen Dank, Alexander!