Erzählt man in seinem Bekanntenkreis, dass man Jura studiert, gibt es eigentlich nur zwei Reaktionen. Entweder wird man darauf angesprochen, ob man nicht Angst hätte Taxifahrer zu werden oder aber es kommen Bemerkungen hinsichtlich des ausstehenden Reichtums, den man als Jurist:in später zu erwarten habe.
Zugegeben, beide Ansichten mögen überspitzt sein – und doch spiegeln sie auf ihre Weise wider, wie in den Medien über Jurist:innen und ihre Gehälter gesprochen wird. Wie aber sieht es wirklich auf den Gehaltschecks von Juristen ohne Doppelprädikat, LL.M und Doktortitel aus?
Beginnen wir mit einer kleinen Ernüchterung: Die Spitzengehälter von über 100.000 Euro für Berufseinsteiger:innen sind ohne Prädikatsexamen nicht zu erzielen.
Hier landen nur die absoluten Spitzenkandidat:innen. Doch auch für prädikatslose Jurist:innen gibt es keinen Grund den Kopf in den Sand zu stecken.
Unbestritten bleibt: Jurist:innen sind und bleiben stark an ihre Examensnoten gebunden. Selbst nach vielen Jahren Berufserfahrung behalten die Abschlussnoten ein erstaunlich hohes Gewicht – ein Umstand, der dem juristischen Berufsbild nahezu ein Alleinstellungsmerkmal verleiht. Während in anderen Branchen die praktische Erfahrung mit der Zeit zunehmend wichtiger wird, bleibt in der Juristerei der Blick auf die Noten oft unverändert entscheidend.
So vielfältig die beruflichen Möglichkeiten ohne Prädikat auch sein mögen – im Studium sollte dennoch das Ziel eines Prädikatsexamens im Vordergrund stehen!
Ohne Prädikatsexamen zum Staat?
Der Staatsdienst ist für viele Absolvent:innen ein echter Berufswunsch. Jobsicherheit, solide Bezahlung und eine familienfreundliche Work-Life-Balance kommen der viel zitierten Generation Y und Z oft gerade recht. Doch wie stehen die Chancen für Jurist:innen ohne entsprechende Prädikatsexamina auf einen Job beim Staat?
In der Verwaltung gar nicht schlecht. Wer nicht gerade eine Karriere als Diplomat:in anstrebt und auch nicht zwangsläufig Leiter einer Bundes- oder Landesbehörde werden möchte, der hat im Staatsdienst durchaus Optionen, auch ohne Prädikat.
Die Stellenausschreibungen für Verwaltungsjurist:innen im höheren Dienst sind regelmäßig mit Noten aus dem Bereich „befriedigend“ ausgeschrieben. Ab durchschnittlich 6,5 Punkten können Jurist:innen hier also auf den ersehnten Job beim Staat hoffen.
Mehr Infos dazu: Jobchancen als Jurist im öffentlichen Sektor - Staatsnoten sinken
Doch auch die begehrtesten Positionen im Staatsdienst – etwa als Richter:in oder Staatsanwalt:in – sind mittlerweile nicht mehr ausschließlich den Jurist:innen mit Doppelprädikat zugänglich. Angesichts des steigenden Bedarfs wurden die Anforderungen nach und nach angepasst.
Selbst Notenhochburgen wie Hamburg sehen mittlerweile vor, dass auch Jurist:innen mit 8 Punkten im zweiten Staatsexamen für die Bewerbung zugelassen werden. Zudem rechnet der Staat, anders als die meisten Kanzleien, den universitären Schwerpunkt nicht aus den Examensnoten heraus.