7 tipps zur Gründung der eigenen Kanzlei als Rechtsanwalt

Verfasst von Sebastian M. Klingenberg

So gründest du deine eigene Kanzlei!

In 7 Schritten zur Selbstständigkeit als Jurist

Die Gründung einer eigenen Kanzlei bringt viele Hürden mit sich. Ein selbstständiger Jurist muss als Unternehmer tätig werden. Die Universität lehrt jedoch nicht, wie man als Anwalt unternehmerisch tätig wird. Sie lehrt „lediglich“ die rechtliche Bewertung feststehender oder festzustellender Tatsachen aus der Vergangenheit.

Eine unternehmerische Entscheidung beruht demgegenüber auf mehr oder weniger gesicherten Prognosen und bezieht sich auf die Zukunft. Wie sich dieser „Widerspruch“ in Einklang bringen und sich daraufhin eine erfolgreiche Kanzlei gründen lässt, erfahrt ihr hier:
 

1. Schritt: Die Zulassung als Anwalt

Das erfolgreiche Ablegen der Zweiten Juristischen Prüfung (ehemals: Zweites Staatsexamen) führt nicht automatisch dazu, dass man Rechtsanwalt ist. Vielmehr muss zunächst eine Zulassung erfolgen, über die auf Antrag die jeweilige Rechtsanwaltskammer am OLG (vgl. §§ 6 ff. BRAO) entscheidet.

2. Schritt: Notwendige Vorüberlegungen

Wer als selbstständiger Anwalt tätig sein möchte, muss zunächst einige Vorüberlegungen auf der Makroebene zur Entwicklung des anwaltlichen Geschäftsmodells anstellen:

  • Soll die Kanzlei alleinig oder mit anderen gegründet werden?
  • Welche Rechtsform soll sie haben?
  • Welche Rechtsgebiete sollen abgedeckt werden?
  • Wo erscheint die Gründung am sinnvollsten (beispielsweise Stadt oder Dorf etc.)?

Darüber hinaus müssen auch Vorüberlegungen in der unternehmerischen Mikroebene erfolgen: Es müssen konkrete Strategien und Ziele erdacht werden, insbesondere mit Blick auf die Unternehmensplanung (Finanzen, Liquidität und Investition), Mandantenakquisition, Personalverwaltung, Office Management sowie Rechnungswesen.

Vorüberlegungen im mandantenorientierten Bereich sind ebenso sinnvoll, etwa zur geplanten Bibliothek oder Datenbank sowie zur Durchführung des Datenschutzes.
 

3. Schritt: Die Umsetzung des Geschäftsmodells

Die Umsetzung des Geschäftsmodells beginnt mit der Anmeldung der freiberuflichen Tätigkeit beim Finanzamt. Selbstverständlich müssen aber auch die notwendigen Sachmittel bereit gestellt sein, etwa Raum, Arbeitsgeräte und EDV, Büromaterial und gegebenenfalls ein Kraftfahrzeug. Ferner bedarf es einiger Sicherheitsvorkehrungen, etwa einer Erste Hilfe Ausrüstung sowie einer Feuerlöschung.

In dieser Phase ist unter Umständen auch bereits Personal einzustellen, sei es in Form eines Sekretariats oder einer Assistenz. Das Sekretariat befindet sich anders als die Assistenz auf einer stark ausgeprägten Hierarchieebene.

Es arbeitet lediglich an übertragenen Aufgaben, während die Assistenz innerhalb bestimmter Gebiete selbstständig arbeitet. Darüber hinaus wird dem Sekretariat keine Verantwortung übertragen, stattdessen wird die Arbeit vielmehr kontrolliert. Der Assistenz wird demgegenüber viel Vertrauen in die Aufgabenerfüllung geschenkt.

Wichtig ist außerdem das Erscheinungsbild (die sog. Corporate Identity). Essentiell ist dabei, dass Firmenfarben und Firmenschriftbild stets einheitlich sind, vor allem auf Briefbogen, Visitenkarten und Firmenschild.

4. Schritt: Die Mandantenakquisition

Die Akquisition von Mandanten erfolgt oftmals durch ein geschicktes Marketing, welches wiederum ein gut durchdachtes Geschäftsmodell voraussetzt. Die Marketingmaßnahmen sind allerdings beschränkt: Rechtliche Grenzen ergeben sich zum einen aus dem UWG, aber auch aus dem Berufsrecht (Sachlichkeit, Werbung um einzelne Mandate).

Erlaubt sind jedoch beispielsweise ein vielsagender Internetauftritt, Unternehmensbroschüren, Vorträge, Veröffentlichungen und Mandantenveranstaltungen sowie das allgemeinen Netzwerken.

Darüber hinaus sind mögliche Mandantenerwartungen Teil des Marketings. Diese Erwartungen variieren je nach der Mandantenzielgruppe. Zu den wichtigsten Mandantenerwartungen gehören etwa professionelle Abläufe mitsamt fristgerechter und sachgerechter Bearbeitung sowie Konfliktlösung, Erfolg in der Sache, transparente Honorargestaltung, verständliche Sprache sowie ein guter Service, also freundlicher Umgang, Zuverlässigkeit, Erreichbarkeit und Schnelligkeit in der Bearbeitung.

Im Übrigen sind auch die Öffnungszeiten sowie die Möglichkeiten von Hausbesuchen an den jeweiligen Erwartungen der Mandanten auszurichten. Darüber hinaus ist Mundpropaganda oftmals das beste Marketing. Wer den Mandantenerwartungen gerecht wird, wird in aller Regel mit entsprechender Werbung der eigenen Mandanten entlohnt.

Im Allgemeinen gilt also folgender Grundsatz: „Das schönste Marketing nützt nichts, wenn die Mandantenerwartungen enttäuscht werden.“
 

5. Schritt: Umsatz und Gewinn

Der Gewinn einer Anwaltskanzlei hängt maßgeblich vom erzielten Umsatz ab. Der Umsatz hängt wiederum von Anzahl und der Zahlungskraft der Mandanten ab. Es ist deshalb nicht unüblich, dass der für den Gewinn erforderliche Umsatz in der Regel erst nach einiger Anlaufzeit erreicht wird. Bis dahin wird der Betriebsgewinn nicht zum Leben reichen. Diese Zeit ist also ebenso zu finanzieren, was eine erhöhte Kreditwürdigkeit voraussetzt.
 

6. Schritt: Buchführung und Rechnungswesen

Rechtliche Vorgaben zur Buchführung und dem Rechnungswesen ergeben sich neben dem HGB auch aus den Steuergesetzen sowie dem Berufsrecht.

So hat auch ein selbstständiger Jurist etwa verschiedene steuerrechtliche Pflichten: umsatzsteuerrechtliche Pflichten sind beispielsweise die monatliche Umsatzsteuermeldung (sog. Ist-Versteuerung), einkommensteuerliche Pflichten sind hingegen zum Beispiel die jährliche Einkommensteuererklärung sowie die quartalsmäßigen Vorauszahlungen.

Darüber hinaus sind monatliche Lohnsteuerabzüge und Meldungen vorzunehmen.

Die Akquisition von Mandanten erfolgt oftmals durch ein geschicktes Marketing, welches wiederum ein gut durchdachtes Geschäftsmodell voraussetzt.

5 Tipps für die eigene Mandantenakquise:

7. Schritt: Beachtung der beruflichen Pflichten

Der Rechtsanwalt hat viele berufliche Pflichten, die sich aus der BRAO [Bundesrechtsanwaltsordnung] und der BORA [Berufsordnung für Rechtsanwälte] ergeben, insbesondere Verschwiegenheit sowie Gewissenhaftigkeit und Unabhängigkeit.

Darüber hinaus besteht das Verbot der widerstreitenden Interessen. Eine erhöhte Aufmerksamkeit bedarf es ferner bei der Behandlung fremder Gelder oder Werbung. Daneben ist der selbstständige Anwalt auch dazu verpflichtet, eine Haftpflichtversicherung abzuschließen.
 

Die Gründung einer eigenen Kanzlei, also der Weg in die Selbstständigkeit, ist kein einfacher. Eine gründliche Planung ist dabei stets von Vorteil. Der hier angegebene Überblick kann die Fülle der einzelnen Schritte und ihre Probleme jedoch nur anreißen. Empfehlenswert ist deshalb der DAV-Ratgeber für junge Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte, der vom Deutschen Anwaltverein und dem FORUM Junge Anwaltschaft im Deutschen Anwaltverein für eine „Schutzgebühr“ i.H.v. 5 Euro herausgegeben wird. 

GLADE MICHEL WIRTZ
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GLADE MICHEL WIRTZ

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