Deine Eltern kommen aus Afghanistan, du bist in Deutschland geboren. Hat deine Herkunft bzw. die deiner Familie an der Uni oder in Bewerbungsgesprächen eine Rolle gespielt?
Über den einen oder anderen Scherz über meine Herkunft während der Zeit an der Universität musste ich selbst lachen. In Bewerbungsgesprächen spielte meine Herkunft keine Rolle.
Neben Deutsch und Englisch sprichst du auch fließend Farsi und Paschto. Sind diese Sprachkenntnisse ein großer Vorteil?
Farsi und Paschto, die beiden Amtssprachen in Afghanistan, spielen außerhalb meines Familienkreises leider keine Rolle. Aber es ist schön, sie sprechen zu können, weil sie Teil meiner Identität sind. Außerdem sprechen Paschto nur sehr wenige Menschen auf der Welt. Die Fähigkeit, diese Sprache sprechen und weitergeben zu können, ist etwas Besonderes.
LL.B., Auslandssemester, Nebenjobs, Praktika und Regelstudienzeit – Naturtalent oder langjähriger Schlafmangel?
Weder, noch. Ein gewisses Talent ist bestimmt von Nöten, um Jura erfolgreich zu Ende zu bringen. Bei mir spielten aber Fleiß und Disziplin eine größere Rolle. Immer, wenn es darauf ankam und Prüfungen anstanden, habe ich mich bestmöglich auf diese vorbereitet. Ausreichenden Schlaf hatte ich grundsätzlich immer. Ich muss aber auch gestehen, dass das EBS-Programm auf einen zügigen Abschluss ausgelegt ist. Wenn man dieses Tempo einhalten kann (und das kann man, wenn man will), dann ist das Ganze in der Form machbar. Für den anschließenden Master benötigt man aufgrund der wirtschaftswissenschaftlichen Fächer im Grundstudium und der dort gesammelten Creditpoints auch nur zwei Semester. Auch wenn das Studienprogramm relativ verschult ist, muss man eigenständig für die Prüfungen lernen und seine Zeit optimal managen.
Hast du an der EBS Wiesbaden oder im Referendariat am Landgericht Darmstadt Menschen mit einem ähnlichen Hintergrund kennengelernt und falls ja, wie wichtig sind solche Verbindungen?
An der EBS Universität war ich mit meinem Migrationshintergrund – jedenfalls im ersten Studienjahr – eher eine Ausnahme. Als Nachteil habe ich das jedoch nicht empfunden. Im Referendariat sah das schon etwas anders aus. Die Arbeitsgemeinschaften am Landgericht Darmstadt waren heterogener. Verbindungen zu Menschen mit Migrationshintergrund sind genauso wichtig wie welche zu Menschen ohne. Die Herkunft sollte gerade im akademischen Bereich keine Rolle spielen.
Gab es einen Punkt, an welchem du kurz davor warst, alles hinzuschmeißen? Welche Motivation ließ dich bis zum Ende durchhalten?
Ja, kurz vor dem Auslandssemester war ich mir meines Weges nicht mehr sicher. Jura wollte ich auf alle Fälle weiter studieren, aber ich habe mir die Frage gestellt, ob es ernsthaft Sinn ergibt, das Fach privat zu studieren. Ich stellte mir Worst-Case-Szenarien vor. Was ist, wenn ich das Studium nicht schaffe? Oder durch das Examen falle? Kurze Zeit später waren diese negativen Gedanken jedoch wieder verschwunden und während meines Auslandssemesters konnte ich ohnehin wieder viel Energie tanken. Durchhalten war für mich die einzige Option. Kurz nach meinem Auslandssemester absolvierte ich ein Praktikum in einer amerikanischen Kanzlei. Auch das motivierte mich. Die Arbeit und die Kollegen gefielen mir so sehr, dass ich mir die Option, in einer Großkanzlei zu arbeiten, unbedingt offenhalten wollte. Der konkrete Berufswunsch entwickelte sich dann während der Stationen im Referendariat.