Junger Anwalt in Großraumbüro

Veröffentlicht am 05.12.2025

International Desks im Rechtswesen | Chancen und Hürden

Du möchtest als Anwält:in bei einem International Desk arbeiten? Erfahre hier alles zu Aufgaben und Voraussetzungen!

Ein International Desk ist für dich als Jurist:in die ultimative strategische Schnittstelle. Du bist dabei nicht einfach nur ein Expat, sondern ein Fachspezialist in einem ausländischen Büro, dessen Kernaufgabe es ist, als Rechts- und Kulturbrücke zu fungieren. Im Fokus steht die Sicherstellung der Compliance, die Begleitung komplexer M&A-Transaktionen und die Einhaltung deiner Heimatstandards (etwa deutsches Gesellschafts- oder Steuerrecht) im Gastland.

International Desk: Dein Sprungbrett in die globale Legal-Elite

Der International Desk (ID) ist im juristischen Kontext weit mehr als nur ein Job im Ausland – er ist eine strategische Position, die deine Karriere auf eine völlig neue Ebene hebt. Hier erfährst du, warum diese Rolle das ideale Sprungbrett für dich ist.

 

Die Rolle und Aufgabenfelder: Fokus auf die juristische Schnittstelle

Als Jurist:in am ID wirst du zur zentralen Ansprechperson für alle grenzüberschreitenden Rechtsfragen, die dein Heimatland und das Gastland betreffen.

  1. Fokus & Branchen: Obwohl International Desks (IDs) in vielen Sektoren relevant sind, dominieren sie besonders im juristischen Umfeld. In Großkanzleien liegt der Fokus auf der Begleitung komplexer Corporate/M&A-Transaktionen, der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit und dem IP-Recht. Steuer- und Wirtschaftsprüfungsgesellschaften setzen IDs vor allem für die internationale Steuerstrukturierung und Tax-Compliance ein. Schließlich nutzen Inhouse Legal Departments die Desks, um global funktionierende Compliance-Systeme aufzubauen und zu überwachen.
     
  2. Typische Projekte: Deine Arbeit zielt darauf ab, die Rechtskulturen zu übersetzen. Dies kann die Beratung deutscher Investoren:innen bei der Gründung von Gesellschaften nach lokalem Recht (oder umgekehrt), die Koordination grenzüberschreitender Due Diligence-Prozesse oder die Sicherstellung umweltrechtlicher Konformität umfassen. Du bist die Garantie dafür, dass die Mandant:innen oder das Unternehmen in beiden Jurisdiktionen rechtssicher handeln.

 

Der Mehrwert von International Desks für deine eigene Karriere

Die Erfahrung am ID liefert dir einen unschlagbaren Kompetenz-Mix, der dich für zukünftige Partner:innen- oder C-Level-Positionen unverzichtbar macht.

  • Sichtbarkeit: Du berichtest oft direkt an die Führungsebene (Managing Partner oder Geschäftsführung) und stehst in engem Kontakt mit wichtigen internationalen Mandant:innen oder Stakeholdern. Diese Nähe zum Entscheidungsprozess beschleunigt deine Sichtbarkeit massiv.
  • Beschleunigte Entwicklung: Du entwickelst dich schnell von der reinen Fachkraft zum "Legal Business Developer". Deine Rolle erfordert juristische Finesse, gepaart mit Vertriebs- und Verhandlungsgeschick. Diese unternehmerische Perspektive ist im Rechtswesen heute Gold wert.
  • Netzwerk: Du knüpfst ein hochwertiges, globales Netzwerk an Kolleg:innen, Klient:innen und lokalen Regulierungsstellen, das dir auf deinem weiteren Karriereweg Türen öffnet – ob in Deutschland oder international.

 

Aktuelle Gehaltstrends und Benefits

Positionen am International Desk werden aufgrund ihrer strategischen Relevanz und der geforderten Doppelqualifikation häufig sehr gut vergütet. Über das reguläre Gehalt hinaus profitieren ID-Mitarbeiter:innen oft von:

  • Mobilitäts- oder Auslandszuschlägen (Cost-of-Living-Adjustment).
  • Der Übernahme von Umzugskosten und Mieten.
  • Speziellen Boni-Regelungen, die an den Erfolg des Business Developments gebunden sind.

Kurz gesagt: Der International Desk ist der effizienteste Weg, um in kurzer Zeit ein internationales juristisches Profil aufzubauen, das dir die besten Türen öffnet.

Schlüssel-Skills für den Erfolg: Was dich am ID unverzichtbar macht

Die Rolle am International Desk erfordert eine seltene Mischung aus juristischer Tiefe und unternehmerischer Geschicklichkeit. Um diese strategische Position erfolgreich auszufüllen, benötigst du nicht nur exzellente Examensnoten, sondern vor allem zukunftsorientierte Kompetenzen. Hier sind die entscheidenden Hard und Soft Skills, die dir am ID zum Durchbruch verhelfen:
 

Hard Skills, die jetzt zählen

Schlüssel-Skill Warum er am ID zählt (Juristischer Mehrwert)
Spezifisches Fachwissen Du musst dein Heimatrecht (z.B. Deutsches GmbH-Recht, HGB) perfekt beherrschen, um es im Gastland erklären und gegenüber dem lokalen Recht abgrenzen zu können.
Business Development & Akquise Die Rolle ist vertriebsorientiert. Du akquirierst neue Mandate oder Geschäftspartner:innen und bist der Motor für das Wachstum der Kanzlei/Abteilung im Zielland.
Technologie- & KI-Kompetenz Umgang mit globalen Legal-Tech-Lösungen und KI-Tools zur Datenanalyse, Compliance-Prüfung und Due Diligence. Effizienz ist entscheidend.



Die entscheidenden Soft Skills

Schlüssel-Skill Warum er am ID zählt (Juristischer Mehrwert)
Interkulturelle Kompetenz 2.0 Es reicht nicht, Bräuche zu kennen. Du musst die juristische Denkweise des Gastlandes (z.B. Common Law vs. Civil Law) wirklich *verstehen* und zwischen den Rechtskulturen vermitteln können.
Ambiguitätstoleranz & Flexibilität Du agierst oft in Grauzonen und unter unklaren Verhältnissen (z.B. bei plötzlichen Gesetzesänderungen oder Jurisdiktionskonflikten). Die Fähigkeit, mit Widersprüchen zu leben und dennoch zu liefern, ist essenziell.
Resilienz (Mentale Stärke) Die Position ist anspruchsvoll: Du stehst ständig im "Sandwich" zwischen der Zentrale (Heimatland) und dem Gastland. Deine mentale Stärke entscheidet über Erfolg oder Misserfolg.



Sprachanforderungen

Schlüssel-Skill Warum er am ID zählt (Juristischer Mehrwert)
Business English und/oder Lokale Sprache Exzellentes Business English ist die Basis. Die Beherrschung der lokalen Sprache (besonders in Kontinentaleuropa) signalisiert Respekt, baut Vertrauen auf und ist für die juristische Feinabstimmung oft unersetzlich. Alle weiteren Sprachkenntnisse sind selbstverständlich ein Plus.

 

Diese Kombination aus technischer Rechtskenntnis und zwischenmenschlicher Fähigkeit macht dich zu einem gefragten Spezialisten:in auf dem internationalen Parkett.

Herausforderungen und Fallstricke von International Desks

Die Arbeit am International Desk ist bereichernd, bringt aber auch spezifische Hürden mit sich, die du kennen und meistern musst. Gerade im juristischen Umfeld können diese Fallstricke nicht nur deine Karriere, sondern auch den Erfolg deiner Mandate gefährden. Sei dir dieser Aspekte bewusst:


Die "Doppelte" Juristische Identität

Als International Desk-Jurist:in bist du loyal der Kanzlei-Zentrale und gleichzeitig den Klient:innen sowie dem Gastland-Büro verpflichtet. Dies kann leicht zu Loyalitätskonflikten und widersprüchlichen Erwartungen führen:

  • Konflikt der Standards: Die Zentrale erwartet strikte Einhaltung der Heimat-Compliance, während das lokale Büro pragmatische Lösungen nach Gastland-Gepflogenheiten sucht. Hier musst du ein feines diplomatisches Gespür beweisen.
  • Wissens-Monopol: Du bist oft die einzige Person, die beide Systeme wirklich versteht. Dies führt zu hohem Druck und geringem Puffer bei Abwesenheit oder Krankheit.

 

Die administrativen und rechtlichen Hürden

Auch wenn deine Kanzlei oder dein Unternehmen dich unterstützt, musst du dich proaktiv um die formalen Rahmenbedingungen kümmern.

Wichtig: Die folgenden Hinweise ersetzen keine professionelle Rechts- oder Steuerberatung!

  • Steuerliche Komplexität: Du wirst in zwei Jurisdiktionen steuerpflichtig. Eine sorgfältige Planung bezüglich Doppelbesteuerungsabkommen ist unabdingbar.
  • Berufsrechtliche Zulassung: Prüfe, ob deine Zulassung als Anwält:in (z.B. in Deutschland) im Gastland anerkannt wird und ob eine Registrierung als "Foreign Legal Consultant" oder Ähnliches erforderlich ist.
  • Sozialversicherung und Rente: Kläre frühzeitig die Regelungen zur Weiterzahlung in die heimische Sozialversicherung oder den Aufbau lokaler Ansprüche, um keine Lücken zu riskieren.

 

Reintegration und der nächste Schritt

Die Rückkehr an den Heimatstandort (Repatriierung) ist ein oft unterschätzter Fallstrick, der speziell bei ID-Positionen auftritt:

  • Veränderte Strukturen: Die Kollegen:innen und internen Prozesse haben sich in deiner Abwesenheit weiterentwickelt. Dir droht ein Gefühl des "Out-of-Sync"-Seins.
  • Wissensverlust: Du musst aktiv daran arbeiten, das am International Desk erworbene Wissen und Netzwerk in die Heimatstruktur zu überführen, sonst verpufft der Mehrwert deiner Erfahrung.
  • Die neue Rolle finden: Nach dem hohen Maß an Eigenverantwortung und Sichtbarkeit am ID kann der Wiedereinstieg in eine teamzentriertere Rolle herausfordernd sein. Plane deinen nächsten Karriereschritt bereits vor deiner Rückkehr strategisch.

Welche Kanzleien bieten International Desks an?

Bedenke, dass der Begriff International Desk eher eine funktionale Bezeichnung darstellt, während viele Kanzleien ihr eigenes Naming für die Auslandsentsendung verwenden.

 

Kanzlei ID / Internationale Strategie Fokus & Aufgaben (Jura-Bezug)
Luther Rechtsanwälte Explizite Nutzung des Konzepts "International Desks". Gezielte Länderschwerpunkte (z.B. Italian Desk) zur Begleitung von Markteintritten und Investitionen. Fokus auf die Vermeidung von Reibungsverlusten und Fallstricken zwischen den Rechtskulturen.
Baker McKenzie Weltweit starkes Netzwerk mit Betonung auf Cross-Border Capabilities. Fokus auf grenzüberschreitende Mandate (M&A) und Streitigkeiten (Litigation & Arbitration), oft mit speziellem Fokus auf Jurisdiktionen wie Asien. Partner:innen in Deutschland leiten regelmäßig transnationale Mandate.
White & Case Agieren als Globales Netzwerk mit 45 Niederlassungen in 31 Ländern. Beratung von führenden Mandant:innen in internationalen Branchen und Märkten. Förderung des Nachwuchses durch das Referendar Mobility Programm (Wahlstationen in weltweiten Büros).
Clifford Chance Agieren als vollständig integriertes, globales Unternehmen. Beratung von Mandant:innen in globalen Märkten bei komplexen M&A-Transaktionen, Finanzierungen und ständigen regulatorischen Änderungen (z.B. in Deutschland für globale Mandanten).
Linklaters Betonung der Koordination globaler Verfahren (z.B. bei FDI) und des nahtlosen Services rund um den Globus. Spezialisiert auf hochkarätige Transaktionen, komplexe Finanzierungen und die globale Koordination von Mandaten. Starke Praxis in FDI (Foreign Direct Investment) mit globaler Verfahrenskoordination.
Hogan Lovells Definiert sich als Global Connected Enterprise mit lokalen Insights. Die Kanzlei nutzt das integrierte globale Talentnetzwerk (2.800 Anwälte:innen) zur Gewährleistung von globaler Reichweite und lokalem Einblick in jedem Mandat.
Noerr Präsenz in wichtigen europäischen Hauptstädten (Brüssel, London) und New York. Unterstützung von Klient:innen bei Investitionen, M&A-Projekten und Compliance-Untersuchungen, wobei exzellente Beratung auch über Ländergrenzen hinweg gewährleistet wird.
Gleiss Lutz Nutzt ein "Best Friends Network" und bündelt Expertise in länderspezifischen Gruppen (z.B. Indien Advisory Group). Fokus auf die Beratung deutscher Unternehmen bei Transaktionen im Ausland und ausländischer Unternehmen bei Geschäftsaktivitäten innerhalb Deutschlands/EU.

Auf der Suche nach dem nächsten Karriereschritt im In- oder Ausland?

Fazit und häufige Fragen

Der International Desk (ID) – ob explizit benannt oder als Rolle in einem global integrierten Netzwerk ausgefüllt – ist heute die Königsdisziplin für ambitionierte Jurist:innen. Diese Position bietet dir die einzigartige Chance, juristische Spitzenexpertise mit unternehmerischer Verantwortung und internationaler Sichtbarkeit zu verbinden. Du bist nicht nur Anwält:in; du bist Geschäftsentwickler:in und Kulturvermittler:in. Wer die Herausforderungen der doppelten juristischen Loyalität und der administrativen Komplexität meistert, wird mit einer Karriere belohnt, die sich auf der Partner:innen-Ebene oder im internationalen Management auszahlt. Dein am ID erworbenes Profil ist der Schlüssel zur globalen Legal-Elite.


Häufige Fragen rund um den International Desk

Was ist der Unterschied zwischen International Desk und Secondment?

 

  • Ein Secondment ist eine temporäre, operative Ausleihe (meist 3 bis 12 Monate). Das Ziel ist primär die Weiterbildung des Mitarbeiters:in und der Know-how-Transfer zur Verbesserung der Klient:innen-Beziehung. Die Rolle dient dem Gewinn von Netzwerk und Qualifikationen.
  • Die Position am International Desk (ID) ist eine strategische, langfristige Rolle (meist 2 bis 5 Jahre oder länger). Das Hauptziel ist der Geschäftsaufbau (Business Development) und die Sicherstellung der Heimat-Expertise im Ausland. Der ID-Jurist:in trägt hohe unternehmerische Verantwortung und fungiert als Karriere-Turbo, der direkt auf die Partner:innen- oder Führungsebene abzielt.

Ist der International Desk nur etwas für Berufseinsteiger:innen?


Nein, ganz im Gegenteil. Obwohl manche Kanzleien jungen Talenten die Möglichkeit geben, frühzeitig ID-Luft zu schnuppern (etwa über ein längeres Secondment im Anschluss an das Examen), ist die Position des ID-Juristen:in selbst meist für erfahrene Anwält:innen konzipiert. Die Kanzleien benötigen Jurist:innen, die nicht nur die fachliche Expertise, sondern auch das nötige Standing für Business Development und eigenverantwortliches Handeln mitbringen. Oftmals werden dafür Jurist:innen mit einigen Jahren Berufserfahrung gesucht, die kurz vor dem Senior- oder Partner:innen-Status stehen.


Werden die Chancen auf den Partnerstatus durch den International Desk verbessert?


Ja, deutlich. Der ID-Einsatz gilt als starker Katalysator für die Partner:innen-Laufbahn. Durch die Rolle erwirbst du eine einzigartige Kombination aus fachlicher Expertise, Business Development-Fähigkeiten und Führungserfahrung. Du demonstrierst dem Management deine Fähigkeit, eigenverantwortlich komplexe Projekte zu steuern und zum Wachstum der Kanzlei beizutragen. Diese Fähigkeiten sind für den Weg zum Partnerstatus oft entscheidender als die reine juristische Qualifikation.


Wie lange dauert der Einsatz am International Desk?


Die Dauer ist in der Regel mittelfristig bis langfristig angelegt und liegt meist zwischen zwei und fünf Jahren. Die kurze Dauer eines Secondments (unter einem Jahr) reicht nicht aus, um das nötige Netzwerk aufzubauen und die Business Development-Ziele zu erreichen. Kanzleien und Unternehmen investieren stark in die ID-Position und erwarten daher eine entsprechende Verweildauer, um den Return on Investment zu sichern. Eine Rückkehr an den Heimatstandort nach dieser Zeit ist meist vertraglich vorgesehen (Repatriierung).


Welche Fachbereiche profitieren von einem International Desk?


Besonders gefragt sind Jurist:innen aus Bereichen, die stark von grenzüberschreitenden Transaktionen und regulatorischen Unterschieden abhängen. Dazu zählen primär: Corporate/M&A, Internationale Schiedsgerichtsbarkeit (Arbitration), Steuerrecht sowie Compliance & Regulatory. Die Aufgabe besteht hier darin, die Kompatibilität der jeweiligen Heimatrechtsordnung mit den lokalen Gegebenheiten sicherzustellen und die Mandant:innen durch den internationalen Rechtsdschungel zu führen.