Auch als Berufseinsteiger im Ausland als Jurist arbeiten?

Verfasst von Sebastian M. Klingenberg

International Desk - Karrierechance mit Auslandsbezug

Deutsche Kanzleien agieren auch weltweit

In Stellenausschreibungen finden sich immer häufiger Jobangebote von Kanzleien für so genannte International Desks. Doch was genau verbirgt sich hinter diesen Auslands-Desks? Was sind die Aufgaben von Anwält:innen, die innerhalb eines solchen Desks tätig sind? Was sind die Voraussetzungen, die für eine solche Stelle erfüllt sein müssen und können sich auch Berufseinsteiger:innen für solche Desks bewerben? Wir beantworten euch die wichtigten Fragen.
 

Was ist ein International Desk in einer Kanzlei?

Bei einem International Desk handelt es sich um eine besondere Abteilung innerhalb einer Kanzlei, die ihre deutschen Mandanten gezielt bei deren länderspezifischen Aktivitäten rechtlich unterstützt, auch vor Ort.

Möchte etwa ein international tätiger Konzern eine Niederlassung in einem bestimmten Land eröffnen, ergeben sich oftmals viele verschiedene Probleme, allein da sich bei grenzüberschreitenden geschäftlichen Angelegenheiten nicht nur juristische, sondern auch kulturelle Unterschiede auftun können.

Die Anwälte im jeweiligen Desk sind deshalb auf die jeweiligen Besonderheiten, Unterschiede etc. des jeweiligen Landes spezialisiert. Umgekehrt gestaltet es sich ähnlich, beispielsweise wenn ein Unternehmen einen bestimmten Spezialisten aus einem anderen Land verpflichten möchte. Es ist dann die Aufgabe der Desk-Anwälte sich etwa um Aufenthaltsgenehmigung, Wohnung und Arbeitsvertrag zu kümmern.

Für welche Länder gibt es solche International Desks?

Im Grunde kann es ein Auslands-Desk für jedes Land geben, solange die Kanzlei genügend Mandanten hat, die in diesem Land agieren. Beliebt sind jedoch insbesondere folgende Desks:

  • in Europa:
    Dänemark, Frankreich, Italien, Polen, Russland Schweden, Spanien, Türkei und UK
  • in Amerika:
    Argentinien, Brasilien, Kanada und U.S.A.
  • in Asien:
    China, Iran, Indien, Japan und Südkorea
  • in Afrika:
    Ägypten, Marokko, Südafrika und Tunesien
  • Australien

Welche Aufgaben fallen grundsätzlich bei International Desks an?

Die Aufgaben bei international Desks richten sich selbstverständlich nach dem Anliegen des Mandanten, können aber ein großes Spektrum an Rechtsgebieten erfassen, zum Beispiel:

  • Allgemeine Geschäftsbedingungen
  • Arbeitsrecht
  • Expat-Service für Unternehmen und Privatpersonen: Aufenthaltserlaubnis, Mietvertrag, Arbeitsvertrag etc.
  • Handelsrecht und UN-Kaufrecht
  • Immobilienrecht
  • Internationale Klagen
  • IT, Medien- und Werberecht
  • Sanierung & Umstrukturierung
  • Steuerrecht
  • Streitschlichtung, Mediation und internationales Schiedsverfahren
  • Urheberrecht und Geistiges Eigentum (IP)
  • Zollrecht
Ein Anwalt, der für seine Kanzlei in einem International Desks tätig ist, braucht nicht nur Kenntnisse über das jeweilige Rechtssystem, sondern auch etwaige kulturelle Kompetenzen.

Voraussetzung für die Arbeit im International Desk

Ein:e Anwält:in, der/die für seine/ihre Kanzlei in einem International Desks tätig ist, braucht nicht nur Kenntnisse über das jeweilige Rechtssystem, sondern auch etwaige kulturelle Kompetenzen.

Deshalb ist für das Arbeiten in einem Auslands-Desk unerlässlich, dass die dort beschäftigten Rechtsanwälte durch Auslandsstudium, Zusatzqualifikationen (etwa auch den Fachanwalt) und jahrelanger praktischer Tätigkeit besondere Expertise bei der erfolgreichen Beratung bzw. Betreuung von Mandanten mit Bezug zu diesen Sprachregionen und den dortigen Rechtssystemen erworben haben oder bereits als Jurist:in im Ausland gearbeitet haben.

Dementsprechend haben es Berufseinsteiger:innen auch eher schwer, auf Anhieb eine Anstellung innerhalb eines International Desks zu bekommen. Dies bedeutet allerdings nicht, dass die Chancen tatsächlich gen Null gehen, denn mittlerweile werden solche Auslands-Desks nicht nur von Großkanzleien angeboten, sondern auch von Kanzelboutiquen und mittelständischen Kanzleien.

Damit steigen selbstverständlich auch die Aussichten für Berufseinsteiger, insbesondere wenn sie mit Auslandserfahrungen oder auslandsbezogenen Zusatzqualifikationen (etwa Seminaren zu rechtsvergleichenden Themen oder ähnlichem) aufwarten können.

International Desks richten sich an Jurist:innen mit einem Hang zum Ausland, da zur Hauptaufgabe dieser besonderen Abteilungen einer Kanzlei die rechtliche Unterstützung ihrer deutschen Mandanten bei deren länderspezifischen Aktivitäten gehört, auch vor Ort. Es bedarf deshalb stets einer besonderen Expertise, nicht nur juristisch, sondern auch kulturell.

Die Anforderungen für eine solche Stelle sind deshalb in der Regel sehr hoch, weshalb Berufseinsteiger:innen es eher schwer haben werden. Wer sich allerdings frühestmöglich international spezialisiert und Auslandserfahrung bspw.  schon im Praktikum oder im Referendariat im Ausland sammelt, wird gute Chancen haben, für einen Auslands-Desk tätig zu werden.