Junger Mann mit Laptop im Büro

Veröffentlicht am 02.12.2025

Selbstbewusst auftreten - Die beste Körpersprache und -haltung für Jurist:innen

Nonverbale Kommunikation bei Juristen: Dein Körper sagt mehr, als du denkst...

Der richtige Einsatz von Sprache zählt für Jurist:innen zu den fundamentalen Voraussetzungen im Berufsleben, egal ob im Berufsalltag oder bei der Beantwortung von Fragen im Vorstellungsgespräch. Sie legen Wörter oder ganze Sätze nach verschiedenen Methoden aus, sie fragen sich, ob bestimmte Halb- oder Absätze auch auf vorangegangene und folgende Sätze anzuwenden sind oder sie formulieren Gutachten aus. Die Sprachgewandtheit ist eine der wichtigsten Eigenschaften im juristischen Gefecht.

Trotzdem kommt es in der Juristerei auch auf etwas ganz anderes an, etwas, dass an der Universität kaum oder gar nicht gelehrt wird. Etwas, dass im Unterbewusstsein seine Wirkung entfaltet und somit nicht selten darüber entscheidet, ob unsere Worte überhaupt auf Gehör stoßen werden oder nicht. Die Rede ist von unserer Körpersprache (Mimik, Gestik) und Körperhaltung, eben unserer nonverbalen Kommunikation.

Die Macht der nonverbalen Kommunikation

Ein kurzer Blick auf die wissenschaftlichen Fakten: Verschiedene Studien zeigen, dass ein überwiegender Teil der zwischenmenschlichen Kommunikation nonverbal stattfindet – oft wird von 60 bis 65 Prozent gesprochen!

Das bedeutet: Wenn du mit Mandanten, Richtern oder Verhandlungsgegnern sprichst, entscheidet dein Auftreten, deine Haltung und deine Mimik maßgeblich darüber, ob deine Worte überhaupt auf Gehör stoßen und ob dir vertraut wird.

 

Warum nonverbale Kommunikation für Juristen entscheidend ist

Im Recht geht es um Glaubwürdigkeit und Überzeugung. Du kannst fachlich absolut brillant sein – der beste Jurist der Welt. Aber was bringt dir das, wenn du:

  • Unsicher wirkst: Mit hängenden Schultern und gesenktem Kopf auftrittst?
  • Misstrauen säst: Durch nervöses Zappeln oder verschränkte Arme dem Gegenüber signalisierst, dass du etwas zu verbergen hast?

Die Wahrheit ist:

Ohne fachliche Kompetenz geht nichts. Aber trotz bestehender Expertise hängt der Erfolg von Verhandlungen oder Plädoyers oft von deiner Fähigkeit ab, Souveränität auszustrahlen und Vertrauen aufzubauen.

Dein nonverbales Signal entscheidet im Unterbewusstsein deines Gegenübers blitzschnell darüber, ob du als kompetenter "Gewinnertyp" oder als unsicherer Außenseiter wahrgenommen wirst. Das ist der entscheidende Vorsprung abseits des Fachwissens, den du dir erarbeiten musst.

Die wichtigsten Signale für Souveränität: So wirkst du selbstbewusst

Wenn du Souveränität ausstrahlen willst, musst du deine Aufmerksamkeit auf die Teile deines Körpers lenken, die am meisten über dein inneres Befinden verraten – nämlich deinen Kopf, deine Hände und sogar deine Füße. Durch bewusste Kontrolle dieser Bereiche kannst du deine Botschaft maximal verstärken.

 

Kopfhaltung und Blickkontakt

Dein Kopf ist der Hauptsitz deiner Präsenz. Wie du ihn hältst, beeinflusst, wie offen, ehrlich und respektvoll du wahrgenommen wirst.

  • Kopf hoch! (Im wahrsten Sinne des Wortes): Halte deinen Kopf gerade und aufrecht. Das signalisiert Offenheit und Selbstachtung. Ein gesenkter Kopf hingegen wird sofort mit Unterwürfigkeit oder Nervosität assoziiert.
  • Blickkontakt als Vertrauensanker: Direkter Augenkontakt (etwa 60–70 % der Gesprächszeit) ist der wichtigste Baustein für Vertrauen. Achte darauf, dein Gegenüber anzusehen, während du sprichst, um zu zeigen, dass du hinter deinen Worten stehst.
  • Die Stimme profitiert: Eine aufrechte Kopfhaltung verbessert automatisch die Stimmlage und die Lautstärke. Das, was du sagst, kommt "gerade heraus" – ein nonverbales Signal für Ehrlichkeit und Klarheit.

 

Hände und Arme: Offenheit zeigen

Deine Gliedmaßen sind die einfachsten Indikatoren für deine emotionale Abwehrhaltung. Du möchtest Offenheit, nicht Ablehnung, signalisieren.

  • Vermeide verschränkte Arme: Sie sind der Klassiker und bedeuten fast immer eine Abwehrhaltung, Vorbehalte oder innere Abschottung. Halte deine Arme so offen wie möglich (locker seitlich hängend oder für Gesten nutzbar).
  • Der "Daumeneffekt": Wissenschaftler empfehlen, die Daumen möglichst offen zu zeigen, da sie evolutionär als positiv und ungefährlich wahrgenommen werden. Das erzeugt ein positives Gefühl von Offenheit.
  • Die "Steeple"-Geste: Berühre die Fingerspitzen beider Hände, während die Handflächen und Finger gespreizt sind – diese Geste ("Kirchturm") wird oft von selbstbewussten Menschen genutzt und unterstreicht Konzentration und Kompetenz.

 

Füße und Körperhaltung

Wusstest du, dass deine Füße oft als der ehrlichste Teil deines Körpers gelten? Sie verraten, was dein Gehirn mit Mimik und Gestik vielleicht noch zu überspielen versucht.

  • Füße ruhig halten: Unruhiges Wippen, Scharren oder Zittern mit den Füßen signalisiert Anspannung und innere Unruhe. Halte deine Füße während wichtiger Gespräche bewusst still.
  • Die Ausrichtung zählt: Achte darauf, dass deine Füße während des Gesprächs zu deinem Gegenüber zeigen. Füße, die in Richtung des Ausgangs ausgerichtet sind, senden ein klares (wenn auch unbewusstes) Signal, dass du am liebsten fliehen oder das Gespräch beenden möchtest.
  • Aufrechte Körperhaltung: Stehe oder sitze aufrecht, um deine Schultern zu öffnen und deine Präsenz zu maximieren. Hängende Schultern minimieren dich optisch und wirken kleinlaut.

 

Übersichtstabelle: Souveränität in der Praxis

Um die wichtigsten Fakten schnell zu erfassen, hier eine Übersicht über die Dos and Don'ts deiner souveränen Körpersprache:

Bereich Souverän und Vertrauenswürdig (Do) Unsicher und Reserviert (Don't)
Kopfhaltung Aufrecht, Blick auf Augenhöhe Gesenkt oder geneigt, schaut oft weg
Blickkontakt 60-70% halten Meiden, ständig umherschweifen
Arme Offen (locker, für Gesten bereit) Verschränkt vor der Brust
Hände "Steeple"-Geste (Fingerspitzen berühren sich), offene Daumen Faustballen, an den eigenen Händen festhalten
Füße/Beine Ruhig, zum Gesprächspartner ausgerichtet Zappeln, wippen, zum Ausgang zeigend
Haltung Aufrecht und entspannt Eingesunken oder mit hängenden Schultern
Lächele nur, wenn es ehrlich gemeint ist. Ein ernstes Gesicht, das konzentriert wirkt, ist immer besser als ein Lächeln, das falsch und aufgesetzt wirkt.

Die größten Fehler: Was du unbedingt vermeiden solltest

Souveränität bedeutet nicht nur, die richtigen Signale zu senden, sondern vor allem auch, die falschen Signale zu unterdrücken. Einige unbewusste Verhaltensweisen können selbst den besten Eindruck in Sekundenschnelle zerstören. Diese "No-Gos" solltest du unbedingt kennen und vermeiden.

 

Das gefälschte Lächeln

Ein echtes, offenes Lachen ist die stärkste positive Ausdrucksform, die wir haben. Es baut Brücken und verbindet. Aber Vorsicht: Etwas, das so positiv ist, birgt große Gefahr, wenn es gefälscht wird.

  • Erkennung: Ein unechtes Lächeln wird oft nur mit den Lippen gezogen, während die Augenpartie starr bleibt.
  • Wirkung: Das Gegenüber merkt das Ungleichgewicht fast immer. Im besten Fall hält man dich nur für unlustig; im schlimmsten Fall nimmst du eine gravierende Täuschung oder mangelnde Aufrichtigkeit an.
  • Der Rat: Lächele nur, wenn es ehrlich gemeint ist. Ein ernstes Gesicht, das konzentriert wirkt, ist immer besser als ein Lächeln, das falsch und aufgesetzt wirkt und damit Vertrauen untergräbt.

 

Verräterische Beruhigungsgesten (Adaptoren)

In Stresssituationen oder wenn du dich unwohl fühlst, greift dein Körper automatisch auf Beruhigungsmechanismen zurück. Diese Gesten sind leicht zu erkennen und werden von deinem Gegenüber unweigerlich als Signal für Nervosität oder Unsicherheit interpretiert. Gerade der Berufseinstieg als Anwält:in kann solche Situationen mit sich bringen. Umso wichtiger ist es, die Mechanismen von Adaptoren zu verstehen.


Diese "Adaptoren" solltest du unbedingt stoppen:

  • Berührungen im Gesicht: Unbewusstes Streicheln, Reiben oder Kratzen von Nase, Wange oder Kinn.
  • Herumfummeln: Das ständige Spielen mit Ringen, Uhren, Stiften oder Kleidung (z. B. am Kragen zupfen).
  • Körperabreiben: Das Abstreifen der Handflächen an den Oberschenkeln oder das Reiben der Hände aneinander.
     
Wichtig: Diese Gesten bestätigen dem Gesprächspartner den Verdacht des Unbehagens, den er aufgrund deiner Worte oder der Situation vielleicht schon hatte. Du entlarvst dich damit selbst!

 

Übersicht: Die größten nonverbalen Tabus

Kategorie Was du vermeidest (Don't) Warum es schadet
Mimik Falsches Lächeln Zerstört die Glaubwürdigkeit und wirkt unaufrichtig.
Körperpflege Berühren/Reiben von Gesicht oder Haar Signalisiert Nervosität und innere Anspannung (Stress).
Hände/Objekte Herumfummeln an Kleidung, Stiften oder Ringen Lenkt ab und bestätigt Unsicherheit oder Unruhe.
Stressabbau Reiben der Handflächen an Oberschenkeln Ist eine klassische Beruhigungsgeste, die Angst verrät.

Nonverbale Signale erkennen: Dein Gegenüber "lesen"

Nachdem du deine eigene Körpersprache optimiert hast, kommt die spannende Frage: Kannst du den Spieß umdrehen und deinen Gesprächspartner, den Zeugen oder den Gegner lesen?

Die kurze Antwort lautet: Ja, aber mit Vorsicht!

Bestimmte Gesten, oft als "Tells" bezeichnet (ein Begriff aus dem Poker), können relativ eindeutig sein und geben zumindest eine Richtung vor, in die die Gedanken deines Gegenübers gehen.

Die Herausforderungen bei der Interpretation

Die Analyse der Körpersprache ist keine exakte Wissenschaft, besonders nicht in juristischen oder geschäftlichen Kontexten, wo viel auf dem Spiel steht. Drei Faktoren erschweren das "Lesen" deines Gegenübers:

  1. Die Mischform: Signale treten selten in Reinform auf. Ein Schulterzucken kann Unsicherheit bedeuten, aber auch Kälte. Du siehst fast immer eine Kombination aus verschiedenen Verhaltensweisen, die eine eindeutige Zuordnung schwierig machen.
  2. Die Bewusstheit: Im Geschäftsleben und in der Juristerei beschäftigen sich immer mehr Menschen aktiv mit Körpersprache. Dein Gegenüber ist sich der Wirkung bewusst und versucht möglicherweise, bestimmte Signale zu kompensieren oder dich sogar gezielt zu manipulieren.
  3. Individuelle Basislinien: Jeder Mensch hat eine "Baseline" – ein normales nonverbales Verhalten. Was bei dem einen Nervosität ist (z. B. eine Handbewegung), ist bei dem anderen vielleicht nur eine Marotte. Du musst erst die normale Basislinie deines Gegenübers erkennen, um Abweichungen (die "Tells") richtig deuten zu können.

 

So ziehst du das richtige Fazit

Daher gilt die oberste Regel der nonverbalen Analyse:

Im Zweifel solltest du stets den Inhalt der Aussagen und die Eindrücke der Körpersprache miteinander abgleichen. Ziehe dein Fazit nur aus der Kombination dieser beiden Elemente.

Sei skeptisch, aber aufmerksam! Nutze deine Beobachtungen nicht als Beweis, sondern als Hinweis, um gezielter nachzufragen oder die Glaubwürdigkeit der gesprochenen Worte besser einschätzen zu können.

Deine nonverbalen Beobachtungen sind dein Frühwarnsystem, nicht dein Urteil.