Wirtschaftsjurist Marc Geiger im New Lawyers Podcast

Verfasst von Laura Hörner|Veröffentlicht am 13.07.2022

Legal Operations: Anwält:innen das Leben leichter machen

Wirtschaftsjurist Marc Geiger im New Lawyers Podcast

Seine Karriere bei der Kanzlei Gleiss Lutz begann Marc Geiger während eines Praxissemesters. Heute leitet der Diplom-Wirtschaftsjurist dort die Abteilung Legal Operations und Business Technologies. In dieser Folge des New Lawyers Podcast von TalentRocket spricht er mit Alisha Andert darüber, welche Projekte er mit seinem Team im Laufe der Zeit umgesetzt hat – und wie sie ein Tool entwickelten, um Schutzsuchende aus der Ukraine bei ihrer Ankunft in Deutschland zu unterstützen.

 

Bereits über 20 Jahre ist es her, dass Marc Geiger seinen ersten Arbeitstag bei Gleiss Lutz antrat. In seiner Rolle als Director of Legal Operations & Business Technologies entwickelt er gemeinsam mit seinem Team Programme und Methoden, um die tägliche Arbeit aller Mitarbeiter:innen der Kanzlei einfacher und effizienter zu gestalten. Eine genaue Definition für Legal Operations gibt es laut Geiger nicht: Im Prinzip gehe es aber darum, Prozesse zu optimieren – mit dem Ziel, beispielsweise Doppeleingaben zu vermeiden und repetitive Aufgaben zu minimieren.

Im Fokus steht dabei natürlich die Digitalisierung ebendieser Prozesse. Dennoch ist Legal Operations nicht mit Legal Tech gleichzusetzen. Geiger erklärt den Unterschied so: Bei Legal Tech gehe es darum, die direkte Zusammenarbeit mit den Mandant:innen zu verbessern. Legal Operations kümmere sich hingegen vorrangig um interne Prozesse.

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Legal Operations bei Gleiss Lutz: Von Anfang an dabei

Als Marc Geiger 2003 bei Gleiss Lutz einstieg, verstand man unter Legal Operations noch Dokumentenmanagement und Knowledgemanagement. Letzteres hatte einen vergleichbaren Stellenwert mit Legal Tech zur heutigen Zeit. Es gab eine große Community und Netzwerkveranstaltungen, die sich mit dem Thema befassten und Kanzleien miteinander verbanden.

Mit der Zeit rückten dann unterschiedliche Herausforderungen in den Mittelpunkt der Legal Operations Abteilung: Compliance, Practice Management, Legal Tech... in seinen mehr als 20 Jahren bei Gleiss Lutz hat Geiger für all diese Themen Prozesse etabliert – und war dabei nicht selten Vorreiter in der deutschen Kanzleiwelt. Mit an Bord sind natürlich auch Entwickler:innen und andere Expert:innen, die dazu beitragen, dass die Lösung aus möglichst vielen Perspektiven betrachtet wird.

Digitale Lösungen für arbeitsintensive Fälle

Als wichtige Legal Operations-Projekte der letzten Jahre nennt Geiger den FactTracker sowie den Claim Bot „Rocket“. Letzterer entstand aus einem Fall heraus, in welchem für eine Mandantin bis Ende des Jahres rund 500 Klagen eingereicht werden mussten. Dabei war allerdings zu erwarten, dass alle dafür notwendigen Daten erst kurz vor Weihnachten eingehen würden – bei Millionen von Belegdaten eine große zeitliche Herausforderung. Dank des daraufhin entwickelten Claim Bots, der den Anwälten die „Fleißarbeit“ komplett abnehmen konnte, gelang die fristgerechte Einreichung der Klagen dennoch.

Besonders geschätzt werde von Mandant:innen auch der FactTracker, welcher als Reaktion auf eine ähnlich herausfordernde Situation entstand. In entsprechendem Fall mussten hunderttausende Sachverhaltsinformationen herausgearbeitet werden. Auch diese Herausforderung war mit herkömmlichen Mitteln kaum zu bewältigen. Der von Geiger und seinem Team entwickelte, multidimensionelle Datenbank FactTracker ermöglichte es dann unter anderem, mithilfe einer Art von „künstlicher Intelligenz“ die Informationen zu ordnen, in Relation zueinander zu setzen, Widersprüche zu identifizieren sowie ein Personenverzeichnis zu erstellen.

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Soziales Engagement: Digitaler Wegweiser für ukrainische Geflüchtete

Ihre Expertise setzen Geiger und sein Team nicht nur für die Kanzlei selbst ein. Das zeigt ihr Engagement in der Ukraine-Krise eindrücklich: In etwas mehr als 48 Stunden entwickelten sie ein Tool für Schutzsuchende in Deutschland. Mithilfe des digitalen Wegweisers können diese sich in dem ihnen fremden Land schnell zurechtfinden, die für sie wichtigen Hilfsangebote identifizieren und sich in der deutschen Bürokratie besser zurechtfinden.

In der langen Zeit, in der ich in der Kanzlei arbeite, [war dies] das sicherlich mit Abstand emotionalste Projekt, was ich mitleiten durfte.
- Marc Geiger

Die Idee dazu kam Geiger, als er zu Beginn des Angriffskrieges in den Nachrichten junge Familienväter sah, die sich von ihren Frauen und Kindern verabschiedeten. Diese emotionalen Szenen gingen ihm als Vater besonders nah und gleich am nächsten Morgen stellte er dem Managing Partner seine Vision vor. Von dem Moment an, in dem er das „Go“ für das Projekt bekam, stand sein Telefon nicht mehr still: Jeder wollte mitmachen. Sein Team sprach unter anderem mit Ärzt:innen, Migrationsanwält:innen und mit Menschen, die den Migrationsprozess selbst durchlaufen haben. So schafften sie es, in kürzester Zeit online zu gehen. „In der langen Zeit, in der ich in der Kanzlei arbeite, [war dies] das sicherlich mit Abstand emotionalste Projekt, was ich mitleiten durfte“, fasst Geiger diese Erfahrung zusammen.

 

Wenn dich interessiert, wie sich Legal Operations mit der Zeit weiterentwickelt hat und du wissen möchtest, was eine Kanzlei in Zukunft braucht, um Top-Mandate für sich zu gewinnen, dann hör doch mal rein in diese Folge des New Lawyers Podcasts!

Die Themen dieser Folge im Überblick:

 

  • Ab 02:26: Icebreaker-Frage: Welche Eigenschaft mögen deine Freunde am meisten und welche am wenigsten an dir?
  • Ab 04:37: Was bedeutet Legal Operations?
  • Ab 06:58: Was ist der Unterschied zwischen Legal Tech und Legal Operations?
  • Ab 08:32: Wie bist du zu deiner Rolle gekommen und wie hat sie sich verändert?
  • Ab 14:00: Knowledgemanagement
  • Ab 15:04: Was ist die Aufgabe der Abteilung Legal Operations & Business Technologies?
  • Ab 19:02: Was sind für euch wichtige Themen?
  • Ab 25:54: Wie seid ihr in die Kanzleiarbeit integriert?
  • Ab 28:41: Interdisziplinäre Zusammenarbeit
  • Ab 30:39: Hilfstool für den Ukraine-Krieg
  • Ab 38:15: Wie müssen sich Kanzleien in der Zukunft bezüglich Digitalisierung aufstellen?
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Laura Hörner
Kulturwirtschaft Uni Passau

Als freie Autorin schreibt Laura Hörner bei TalentRocket über Themen rund um die juristische Karriere. Besonders interessiert sie sich dabei für die vielfältigen Karrierewege, die Jurist:innen offenstehen.