Mediatorin mit zwei Klienten in ihrem Büro

Veröffentlicht am 25.11.2025

Als Jurist Mediator werden - Alle Infos zur Fortbildung

Prozesse vermeiden, Lösungen schaffen. Wir zeigen dir, wie du Mediation als Zusatzqualifikation nutzt!

Die Relevanz der Mediation für Jurist:innen

Als Jurist:in verfügst Du über die Fähigkeit zur präzisen Analyse und Strukturierung komplexer Sachverhalte – Kernkompetenzen, die in der Rechtsberatung unverzichtbar sind. Angesichts des gesellschaftlichen Wandels und der zunehmenden Komplexität von Streitfällen bietet die Mediation nicht nur eine zusätzliche Erweiterung deines beruflichen Spektrums, sondern auch eine gute Gelegenheit, deine juristischen Fortbildungen in einem zukunftsträchtigen Feld zu absolvieren.

Die Grenzen des traditionellen Systems

Das traditionelle Gerichtsverfahren, das auf dem kontradiktorischen Streitprinzip basiert, stößt in der modernen Konfliktbewältigung oft an seine Grenzen. Letztendlich handelt es sich hierbei um ein System, das typischerweise signifikante Nachteile bereithält:

  • Ineffizienz und Kostenrisiko: Die Dauer gerichtlicher Auseinandersetzungen ist oft schwer kalkulierbar. Dies führt zu hohen Prozesskosten und bindet zeitliche Ressourcen, ohne eine Garantie für einen zufriedenstellenden Ausgang.
  • Zerstörung von Beziehungen: Der Fokus liegt auf der Durchsetzung von Rechtspositionen, nicht auf der Erhaltung von Beziehungen. Dies ist besonders schädlich in langfristigen Geschäftspartner:innen- oder Familienkonflikten.
  • Mangelnde Nachhaltigkeit: Das Urteil schafft einen formalen Sieger und einen Verlierer. Es berücksichtigt jedoch selten die eigentlichen Interessen und Bedürfnisse der Parteien. Die Folge ist oft eine geringe Akzeptanz und mangelnde Bereitschaft zur dauerhaften Einhaltung der Entscheidung.
     

Mediation als zukunftsorientierte Streitbeilegung

Die Mediation bietet einen strukturierten, freiwilligen Prozess zur außergerichtlichen Konfliktlösung, der einen Paradigmenwechsel darstellt:

  • Interessenorientierung: Die Verhandlung konzentriert sich auf die Zukunft und die hinter den Rechtspositionen liegenden Interessen. Ziel ist die Erreichung eines nachhaltigen Win-Win-Ergebnisses, das von beiden Seiten aktiv mitgestaltet und getragen wird.
  • Vertraulichkeit und Kontrolle: Das Verfahren ist streng vertraulich. Die Parteien behalten die Entscheidungsgewalt über den Ausgang des Konflikts, was die Akzeptanz der Lösung massiv erhöht.
  • Effizienz: Aufgrund des direkten, lösungsorientierten Fokus ist die Mediation in der Regel schneller und damit wirtschaftlicher als ein Gerichtsverfahren.
     

Der/Die Jurist:in als glaubwürdige:r Prozessbegleiter:in

Jurist:innen sind prädestiniert für die Rolle der Mediator:innen und bringen einen unschätzbaren Mehrwert in diesen Prozess ein:

  1. Fundierte Risikoeinschätzung: Du kannst das Prozessrisiko (die rechtliche Konsequenz bei Scheitern der Verhandlung) verlässlich beurteilen und kommunizieren. Diese Einschätzung verleiht dem Mediationsprozess die notwendige Realitätsnähe und erhöht die Kompromissbereitschaft der Parteien.

  2. Struktur und Rechtssicherheit: Du stellst sicher, dass die erarbeitete Lösung nicht nur interessengerecht, sondern auch rechtssicher und umsetzbar ist, und kannst die finale Einigung juristisch präzise dokumentieren.
     

Die Qualifikation als Mediator:in ermöglicht es dir also, deine Rechtskenntnis konstruktiv als neutrale:r Prozessmanager:in einzusetzen und damit den steigenden Bedarf an effektiven, beziehungserhaltenden Konfliktlösungsstrategien zu bedienen.


Das Berufsbild: tägliche Aufgaben und notwendige Skills

Die Rolle des Mediators oder der Mediatorin erfordert einen fundamentalen Perspektivwechsel: weg von der juristischen Advokatur hin zur neutralen Prozesssteuerung. Hier erfährst du, was dich in der täglichen Arbeit erwartet und welche Qualifikationen du mitbringen solltest.
 

Der Mediationsprozess: die Kernaufgaben

Als Mediator:in bist du für das Verfahren verantwortlich und führst die Konfliktparteien strukturiert durch die fünf Phasen der Mediation. Deine Hauptaufgaben sind dabei prozessualer Natur:

  • 1. Strukturierung und Organisation: Du etablierst die Spielregeln für die Verhandlung (Vertraulichkeit, Freiwilligkeit) und schaffst einen sicheren Rahmen. Du bist der oder die neutrale:r Moderator:in des Prozesses.
  • 2. Erforschung der Hintergründe: Die zentrale Aufgabe ist es, die Interessen und Bedürfnisse hinter den geäußerten Rechtspositionen freizulegen. Du stellst Fragen, die Klarheit über die Ursachen des Konflikts schaffen.
  • 3. Kommunikationsbrücke bauen: Du wirkst aktiv auf eine konstruktive und respektvolle Kommunikation hin. Oftmals bist du dafür zuständig, festgefahrene Kommunikation zu übersetzen und Missverständnisse aufzulösen.
  • 4. Generierung von Optionen: Du begleitest die Parteien bei der Entwicklung kreativer Lösungsmöglichkeiten – fernab der klassischen juristischen Logik. Quantität vor Qualität ist hier das Motto (Ja, richtig: In dieser Phase steht die Ideensammlung, also Quantität, im Vordergrund.)
  • 5. Dokumentation der Einigung: Du unterstützt die Parteien bei der Bewertung der gefundenen Optionen (unter Berücksichtigung des juristischen Prozessrisikos) und sorgst für die finale, rechtssichere Ausformulierung der Abschlussvereinbarung.

 

Das Anforderungsprofil: Soft Skills als Schlüssel zum Erfolg

Während die juristische Expertise die Basis bildet, sind es die sozialen und persönlichen Kompetenzen, die einen erfolgreichen Mediator oder eine erfolgreiche Mediatorin auszeichnen. Diese Fähigkeiten sind für dich entscheidend:

  • Sozial- und Kommunikationskompetenz: Die Fähigkeit, aktiv zuzuhören, Empathie zu zeigen und die Emotionen der Parteien zu managen. Du musst in der Lage sein, Spannungen zu neutralisieren.
  • Allparteilichkeit: Der wichtigste Skill. Du musst absolut neutral bleiben und zu jeder Zeit den Anschein der Parteilichkeit vermeiden. Deine Loyalität gilt dem Prozess, nicht dem Inhalt oder einer bestimmten Partei.
  • Strukturierungs- und Führungsfähigkeit: Du musst den Prozess leiten, ohne selbst inhaltlich zu entscheiden. Dies erfordert die Fähigkeit, selbst in chaotischen Situationen den Überblick zu behalten und die Diskussion auf die Interessen zu lenken.
  • Lebenserfahrung und Urteilsvermögen: Diese helfen dir, die Realitätstauglichkeit von Lösungsvorschlägen schnell zu erkennen und die Parteien zu erden, ohne dabei ihre Autonomie zu untergraben.
     

Als Jurist:in bringst du die analytischen Voraussetzungen mit, die Mediationsausbildung vermittelt dir die spezifischen Prozess- und Kommunikationsmethoden, um diese Soft Skills effektiv in der Praxis einzusetzen.

Der Weg zum „Zertifizierten Mediator:in“: Ausbildung und Qualitätssicherung

Da der Beruf der Mediatorin oder des Mediators per se nicht gesetzlich geschützt ist, ist die richtige Ausbildung entscheidend, um am Markt Glaubwürdigkeit und Qualität zu demonstrieren. Als Jurist:in solltest du den Fokus klar auf den Erwerb des Titels „Zertifizierte:r Mediator:in“ legen.

Das 2012 in Kraft getretene Mediationsgesetz hat den Begriff der „Zertifizierten Mediator:in“ geschaffen, um einen Qualitätsrahmen zu definieren. Die Ausbildung muss den Anforderungen der Zertifizierte-Mediatoren-Ausbildungsverordnung (ZMediatAusbV) entsprechen. Nur wenn du diese Anforderungen erfüllst, darfst du diesen Titel führen.
 

Die Eckdaten der Ausbildung

Kriterium Mindestanforderung/Richtwert Anmerkung für Jurist:innen
Umfang Mindestens 120 Präsenzstunden Basis für die Zertifizierung nach ZMediatAusbV.
Dauer Typischerweise 6 bis 18 Monate Erfolgt meist berufsbegleitend (Wochenendmodule).
Kosten Zwischen 2.000 € und 8.000 € Hohe Varianz; achte auf inkludierte Supervision.
Erforderliche Nachweise 4 Supervisionsfälle und weitere Fortbildung Für die dauerhafte Führung des Titels notwendig.

 


Worauf du bei der Wahl des Instituts achten musst

Für Jurist:innen ist die Qualität des Ausbildungsinstituts von besonderer Bedeutung. Wähle nicht nur nach Preis oder Ort, sondern bewerte folgende Kriterien:

  • Anerkennung der Bundesverbände: Prüfe, ob die Ausbildung von einem der großen Fachverbände (wie z.B. BAFM oder BM) anerkannt wird. Dies signalisiert dem Markt einen hohen Qualitätsstandard.
  • Zertifizierung nach ZMediatAusbV: Stelle sicher, dass die Ausbildung dich zur Zertifizierten Mediator:in qualifiziert.
  • Juristischer Hintergrund der Ausbilder:innen: Idealerweise sollten die Ausbilder:innen selbst einen juristischen Hintergrund haben oder zumindest über Expertise in der Wirtschafts- und Rechtsmediation verfügen. Dies garantiert, dass die vermittelten Techniken auch auf komplexe Rechtskonflikte anwendbar sind.
  • Praxisbezug und Supervision: Achte auf den Anteil an praktischen Übungen (Rollenspiele) und darauf, dass Supervision – die professionelle Begleitung bei deinen ersten eigenen Mediationsfällen – fester Bestandteil des Curriculums ist.

Die Ausbildung ist nur der Anfang: Der Titel der Zertifizierten Mediator:in erfordert eine regelmäßige Fortbildung und Supervision, um die Qualifikation aufrechtzuerhalten.

Praktische Umsetzung: Karrierechancen für Jurist:innen

Die erworbene Qualifikation als Zertifizierte:r Mediator:in eröffnet dir vielfältige und zukunftsorientierte berufliche Wege. Deine juristische Expertise, kombiniert mit Mediationskompetenz, schafft in komplexen Rechtsgebieten einen klaren Mehrwert.

 

Einsatzgebiete und Modelle

Deine Qualifikation macht dich für spezifische Bereiche besonders wertvoll. In der Wirtschaftsmediation klärst du Gesellschafterkonflikte und M&A-Streitigkeiten, wobei dein Wissen über Verträge unentbehrlich ist. Auch im Familien- und Erbrecht sowie im Bau- und Immobilienrecht hilfst du, komplexe, hochbelastete Sachverhalte außergerichtlich zu lösen.

Diese Qualifikation lässt sich flexibel integrieren. Du kannst sie als zusätzliche Dienstleistung in deine bestehende Anwaltskanzlei einbinden, wobei die klare Trennung der Rollen (Anwalt:in vs. Mediator:in) essenziell ist. Alternativ gründest du eine reine Mediationskanzlei und nutzt deine juristische Glaubwürdigkeit als Alleinstellungsmerkmal. Drittens bist du als interne:r Konfliktmanager:in im Inhouse-Bereich von Großunternehmen für die Prävention und schnelle Schlichtung interner Streitigkeiten gefragt.

Unabhängig vom Modell positioniert dich die Mediationsqualifikation als zukunftsorientierte:r Jurist:in, der oder die auf nachhaltige Lösungen setzt.

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Häufig gestellte Fragen zur Fortbildung als Mediator

Ist die Ausbildung zum Mediator für Juristen sinnvoll?

Ja, absolut. Die Mediationsausbildung erweitert dein berufliches Profil erheblich. Du lernst, Konflikte nicht nur nach Rechtspositionen zu analysieren, sondern nach den Interessen der Parteien aufzulösen. Dies ist wertvoll:

  • Als Anwält:in: Du kannst Mandant:innen in außergerichtlichen Verhandlungen besser beraten und Konflikte schneller beenden.
  • Als Richter:in/Staatsanwält:in: Du kannst die Potenziale alternativer Streitbeilegung besser einschätzen.
  • Als Unternehmensjurist:in: Du optimierst internes Konfliktmanagement und sparst Prozesskosten.

Was bedeutet "Zertifizierter Mediator"?

Der Begriff der Mediator:in ist in Deutschland nicht geschützt. Der Begriff "Zertifizierte:r Mediator:in" hingegen wurde eingeführt, um einen Qualitätsstandard zu setzen. Du solltest darauf achten, dass deine Ausbildung die Anforderungen der Zertifizierte-Mediatoren-Ausbildungsverordnung (ZMediatAusbV) erfüllt. Nur mit diesem Zertifikat darfst du dich offiziell "Zertifizierte:r Mediator:in" nennen.


Muss ich meine Anwaltszulassung ablegen, um als Mediator:in tätig zu sein?

Nein. Viele Jurist:innen sind als Anwält:in und Mediator:in tätig. Dabei ist lediglich die Rolle strikt zu trennen: Als Anwält:in vertrittst du eine Partei parteilich. Als Mediator:in bist du allparteilich und darfst keine der Parteien juristisch beraten. In einem konkreten Fall musst du dich entscheiden, welche Rolle du einnimmst.


Welche Vorteile habe ich als Jurist:in gegenüber anderen Mediator:innen (z. B. Psycholog:innen)?

Dein größter Vorteil ist die Rechtskenntnis und die Einschätzung des Prozessrisikos. Du kannst die Parteien fundiert über die rechtliche Konsequenz aufklären, falls die Mediation scheitert (Worst-Case-Szenario). Diese Glaubwürdigkeit ist entscheidend, um die Parteien zu realistischen Kompromissen zu bewegen. Zudem kannst du die am Ende erzielte Einigung juristisch präzise als Vertrag formulieren.


Wie integriere ich Mediation in meine Kanzlei?

Du hast verschiedene Möglichkeiten: Du bietest Mediation als eigenständige Dienstleistung an. Alternativ nutzt du die gelernten Mediationstechniken als Anwält:in für bessere Verhandlungsergebnisse und zur Vermeidung von Klagen. Als Jurist:in bist du besonders prädestiniert für die Wirtschaftsmediation oder komplexe Erb- und Familienstreitigkeiten.


Wie lange dauert die Ausbildung zum Mediator und mit welchen Kosten muss ich rechnen?

Die zertifizierte Ausbildung umfasst in der Regel mindestens 120 Präsenzstunden und dauert berufsbegleitend ca. 6 bis 18 Monate. Du musst mit Kosten zwischen 2.000 € und 8.000 € rechnen, abhängig vom Institut und dem Umfang der inkludierten Supervision.


Kann ich die Kosten der Ausbildung zum Mediator steuerlich geltend machen?

Ja. Da die Ausbildung der Erweiterung oder Sicherung deiner beruflichen Tätigkeit dient, sind die Kosten in der Regel als Werbungskosten (bei Angestellten) oder als Betriebsausgaben (bei Selbstständigen) abzugsfähig. Informiere dich hierzu am besten bei deinem Steuerberater oder deiner Steuerberaterin.