Patentprozessführung bei Finnegan

Veröffentlicht am 14.12.2022

„Im Patentrecht ist kein Fall wie der andere“

Dr. Antje Brambrink von Finnegan im Interview über Patentprozessführung und Patentstreitigkeiten

Dr. Antje Brambrink ist Rechtsanwältin und Counsel bei der IP-Kanzlei Finnegan in München. Sie ist auf Patentstreitigkeiten im Bereich Life Sciences spezialisiert und berät Unternehmen vor allem bei der Durchsetzung oder der Abwehr von Ansprüchen aus Patentverletzungen und vertritt sie vor Gericht.

Dr. Antje Brambrink
Dr. Antje Brambrink

Frau Dr. Brambrink, Sie sind seit Juli 2022 bei Finnegan im Bereich Patent Litigation tätig. Wie sah Ihr Weg in das Patentrecht aus? Und worauf haben Sie sich spezialisiert?

Dass ich den Weg in das Patentrecht einschlagen würde, war zu Beginn meines Jurastudiums noch nicht absehbar. Ich hatte zuvor mehrere Jahre als Zahnärztin gearbeitet und wollte mein Wissen aus den Bereichen Medizin, Naturwissenschaft und Recht miteinander kombinieren. Daher lag für mich zunächst das Arzthaftungsrecht nahe und dementsprechend richtete ich meine Stationen im Referendariat aus. Danach fügte sich alles wie von selbst. 

Nach dem Referendariat wollte ich in einer Großkanzlei das Handwerkszeug des Juristen lernen. Im Bewerbungsgespräch bei einer internationalen Großkanzlei schlug mir der Senior Partner aufgrund meiner Doppelqualifikation den Einstieg in das Patentrecht vor. Die Kombination von Naturwissenschaft und Jura hörte sich für mich sehr spannend an und ich wagte den Sprung ins kalte Wasser: Obwohl ich keinerlei Vorkenntnisse im Patentrecht hatte, startete ich als Associate im Patentrecht. Um meine Expertise im Bereich Life Sciences Patent Litigation weiter auszubauen, wechselte ich Anfang 2020 in ein darauf spezialisiertes Team einer anderen Großkanzlei, bevor ich im Juli 2022 zu Finnegan stieß. Hier liegt mein Fokus nun ebenfalls im Bereich Health Care und Life Sciences Patent Litigation.
 

Finnegan ist im Januar 2022 mit einem siebenköpfigen Team in München gestartet. Was hat Sie davon überzeugt, als Quereinsteigerin zu Finnegan zu wechseln? Was macht München zu einem entscheidenden Standort für Patentprozesse? 

Finnegan ist eine international bekannte Größe im Patentrecht. Wir bearbeiten vor allem hochkarätige Großmandate, sprich wirtschaftlich relevante Fälle für bekannte, global agierende Unternehmen. Da wir oft in standortübergreifenden Teams arbeiten, war für mich besonders wichtig, dass die Teamarbeit gut funktioniert. Da ich bei Finnegan nicht nur auf hochkompetente, sondern vor allem auch auf sehr sympathische Kollegen stieß, hat alles wunderbar gepasst. 

Gereizt hat mich auch die Möglichkeit, den Aufbau eines neuen Standortes in einem für die Kanzlei neuen Markt mit hohem Entwicklungspotenzial mitgestalten zu können. Dass Finnegan in München sitzt, hat die Entscheidung vereinfacht. München bietet unglaublich viel und ist ein bedeutender Standort im Patentrecht. Hier werden nicht nur viele Patentverletzungsverfahren vor den Zivilgerichten geführt, sondern hier sind auch das Bundespatentgericht, das Deutsche Patent- und Markenamt sowie das Europäische Patentamt angesiedelt. Im Zuge der Etablierung des Einheitlichen Patentgerichts (Unified Patent Court, kurz: UPC) wird München als Standort noch mehr Bedeutung gewinnen. 
 

Was zeichnet die Arbeit in der Patentprozessführung besonders aus?

Eine Besonderheit ist die Kombination von Jura und Technik, welche die Arbeit sehr abwechslungsreich macht. Patentrechtsstreitigkeiten spielen zudem oft auf globaler Ebene, so dass es viele Berührungspunkte mit dem internationalem Recht gibt. Als Prozessanwälte im klassischen Sinne müssen wir das Verfahrensrecht sehr gut beherrschen und im Patentrecht „zu Hause“ sein. Andererseits befassen wir uns intensiv mit technischen und naturwissenschaftlichen Themen. Dabei tauschen wir uns im Team mit Patentanwälten aus, die ihre besondere technische oder naturwissenschaftliche Expertise einbringen.

„We are everything IP.“

Was reizt Sie persönlich besonders an der Patentprozessführung, und mit welchen Fragen beschäftigen Sie sich aktuell?

Besonders reizvoll finde ich die Kombination von Recht und Naturwissenschaft und dass im Patentrecht kein Fall wie der andere ist. Bei der Prozessführung geht es auch bei uns erst einmal um das Erstreiten eines Titels und dessen anschließende Durchsetzung. Hauptziel ist es immer, dem Mandanten bestmöglich zum Erfolg zu verhelfen.

Oft geht es um bekannte Produkte, bei denen es unsere Aufgabe ist, einen Weg zu finden, die Marktposition des Unternehmens so gut und so lange wie möglich zu schützen. Dabei fließen vor allem auch strategische Aspekte ein, die einen vollumfänglichen Blick auch auf Parallelverfahren in anderen Jurisdiktionen erfordern. Dadurch bleibt es immer sehr spannend und abwechslungsreich.  
 

Sie sind Rechtsanwältin. Wie sieht die Zusammenarbeit mit den Patentanwälten aus, wie verteilen sich die Aufgaben in den Teams?

Wir arbeiten in den Verfahren meistens in gemischten Teams aus Rechts- und Patentanwälten. Der Schwerpunkt liegt für mich als Rechtsanwältin auf den rechtlichen und prozesstaktischen Aspekten. Dabei geht es zum Beispiel um die Frage, ob die angegriffenen Produkte das dem Rechtsstreit zugrundeliegende Patent verletzen. Demgegenüber legen die Patentanwälte ihr Hauptaugenmerk auf die technischen und naturwissenschaftlichen Details und die Frage, ob das Streitpatent rechtsbeständig ist.
 

Wie bereiten Sie sich auf die Gerichtsverfahren vor? 

Gerichtsverfahren sind klar strukturiert: Das Gericht setzt uns bestimmte Fristen innerhalb derer wir unsere Schriftsätze einreichen müssen. Wir wissen also, wie viel Vorbereitungszeit wir haben und nutzen diese für die Ausarbeitung der Schriftsätze und deren Abstimmung mit den Mandanten. Ziel ist es, dem Gericht die mitunter komplexe Technik möglichst einfach zu erklären. Die Kunst liegt darin, möglichst überzeugend zu sein, damit die Richter im Sinne unserer Mandanten entscheiden.

Was sollten junge Juristen, die als Prozessanwalt tätig werden wollen, für den Bereich mitbringen?

Wichtig ist neben dem Interesse an rechtlichen Themen die Aufgeschlossenheit gegenüber technischen Sachverhalten. Man sollte Spaß daran haben, einen auf den ersten Blick komplizierten Fall wirklich genau unter die Lupe zu nehmen, um ein gutes Verständnis und überzeugende Argumente zu entwickeln. Denn Ziel ist es, dem Mandanten ein erstklassiges Arbeitsprodukt zu liefern und ihm zu dem gewünschten Erfolg zu verhelfen. 
 

Neben Ihrer anwaltlichen Zulassung sind Sie auch als Zahnärztin approbiert und verfügen über weitreichende Kenntnisse im Gesundheitssektor. Sind naturwissenschaftliche oder technische Vorkenntnisse für die Tätigkeit im Patentrecht, insbesondere in der Prozessführung, eine notwendige Voraussetzung?

Klare Antwort: Nein, technische Vorkenntnisse oder eine technische Ausbildung braucht man nicht, um als Patent Litigator zu starten. Wichtig ist, dass man dafür brennt, ein guter Prozessanwalt zu werden und sich gut im Prozessrecht auskennt. Die technischen oder naturwissenschaftlichen Sachverhalte erschließen sich mit Unterstützung der Patentanwälte. Je länger man als Rechtsanwalt dabei ist, desto tiefer steigt man automatisch in die Technik ein und baut ein besseres Verständnis auf. Dabei ist es sicherlich hilfreich, wenn man einen eigenen technischen oder naturwissenschaftlichen Hintergrund hat, zwingend ist das aber nicht.
 

Inwiefern werden Sie in Ihrer alltäglichen Arbeit mit europäischen und internationalen Gesetzesnormen sowie grenzüberschreitenden Sachverhalten konfrontiert?

Sehr oft! Patentstreitigkeiten sind meistens globale Rechtsstreitigkeiten, die parallel in mehreren europäischen Ländern, den USA und Asien geführt werden. Da wir in Deutschland ein zweigeteiltes Patentrechtssystem haben, bei dem die Verletzungsverfahren von den Zivilgerichten häufig schneller entschieden werden als die Nichtigkeitsverfahren vor dem Bundespatentgericht und dem BGH, können Pateninhaber mitunter recht zügig an einen Unterlassungstitel kommen.

Das macht Deutschland im internationalen Vergleich sehr attraktiv für Patentstreitigkeiten. Voraussichtlich ab 1. Juni 2023 wird das UPC erstmals seine Tätigkeit aufnehmen. Wir können dann auch Fälle aus anderen EU-Mitgliedsstaaten vor Gericht bringen, vergrößern also quasi unseren Wirkungskreis. Außerdem haben wir bei Finnegan einen hervorragenden internationalen Austausch, den die Kanzlei auch mit internationalen Treffen und Konferenzen stark fördert. 

Wie sind die Teams je nach Projekt aufgestellt, und ziehen Sie bei technisch oder wissenschaftlich hochkomplizierten Fragen auch externe Berater hinzu?

Bei der Zusammenstellung der Teams schauen wir vor allem darauf, wer die beste Fachkompetenz für die im Verfahren relevanten Aspekte und die involvierte Technik hat. Bei technischen Fragen sprechen wir oft erst mit den Technikern und Fachabteilungsleitern auf Mandantenseite, da sie die Produkte und Herstellungsverfahren, um die wir streiten, am besten kennen. Wenn nötig, ziehen wir auch externe Sachverständige als Parteigutachter hinzu. Das sind häufig Hochschulprofessoren, die auf ihrem Gebiet absolute Experten sind. 

Eine Besonderheit ist die Kombination von Jura und Technik, welche die Arbeit sehr abwechslungsreich macht. Patentrechtsstreitigkeiten spielen zudem oft auf globaler Ebene, so dass es viele Berührungspunkte mit dem internationalem Recht gibt.
Dr. Antje Brambrink

Die Tätigkeit in der Patentprozessführung ist anspruchsvoll und verlangt sicher eine hohe Einsatzbereitschaft. Wie kann hier eine gute „Work-Life-Balance” gewährleistet werden?

Arbeit und Freizeit in ein gesundes Verhältnis zu bringen, ist, denke ich, in allen Kanzleien, in denen international und mit hohem Anspruch gearbeitet wird, ein Thema. In der Patentprozessführung haben wir den Vorteil, dass wir die gerichtlichen Fristen und Termine bereits frühzeitig kennen und uns langfristig darauf einstellen können. Das macht die Tätigkeit bei uns sehr gut planbar. Natürlich geht es mitunter auch bei uns turbulent zu, wenn es zum Beispiel um einstweiligen Rechtsschutz geht. Überstunden in großem Stil sind aber nicht die Regel.
 

Haben die großen Änderungen im europäischen Patentrecht gegebenenfalls auch negative Auswirkungen auf Ihre Tätigkeit als Prozessanwältin und Ihre Mandanten? 

Wie jeder Systemwandel birgt auch das UPC sowohl Chancen als auch Herausforderungen. Wir haben zum Beispiel noch keine Rechtsprechung des UPC vorliegen und die Richterbänke werden international besetzt sein. Daher wird es sehr spannend sein, mitzuverfolgen, welche Spruchpraxis sich etablieren wird und in welchem Maße vor allem auch die Mandanten von dem neuen System Gebrauch machen werden. Genau dies trägt dazu bei, dass der Beruf als Patent Litigator auch zukünftig sehr spannend und abwechslungsreich sein wird.
 

Sie sind bereits viele Jahre erfolgreich als Prozessanwältin im Patentrecht tätig. Gibt es ein Verfahren oder ein Projekt, das Ihnen besonders in Erinnerung geblieben ist?

Es gab viele spannende Fälle. Besonders im Gedächtnis geblieben sind mir vor allem jene, in denen die Zusammenarbeit mit den Mandanten und dem Team in höchstem Maße vertrauensvoll, wertschätzend und anerkennend war. Sehr gerne erinnere ich mich auch an jene Fälle, in denen wir zur Rechtsfortbildung beitragen durften und quasi ein Stück Rechtsgeschichte geschrieben haben. 
 

Gibt es Ihrer Ansicht nach ein „Erfolgsrezept”, um vor Gericht ebenso wie in Beratungen zu überzeugen?

Gute Vorbereitung ist extrem wichtig, um auf Unerwartetes spontan eingehen zu können und auf nicht Vorhersehbares möglichst souverän zu reagieren. Eine strategische Denkweise ist von Vorteil, um für mögliche Argumente des Gegners gut gerüstet zu sein. Von unschätzbarem Wert ist es außerdem, wenn man schnell einen guten Draht zu Menschen aufbauen und sich in deren Lage hineinversetzen kann. Außerdem ist es sehr hilfreich, wenn man wortgewandt ist und kommunikativ zu überzeugen weiß. 
 

Ihr Fazit?

Wenn ich noch einmal wählen könnte, würde ich mich wieder für das Patentrecht entscheiden. Die Tätigkeit im Bereich Patent Litigation ist äußerst vielseitig und abwechslungsreich. Durch die Mischung von Recht und Technik ist kein Fall wie der andere und die anstehende Eröffnung des UPC ist ein Garant für viele spannende Fragen und Entwicklungen in den nächsten Jahren. Daher ziehe ich für mich das Fazit einer äußerst gelungenen Berufswahl.

Vielen Dank, Frau Dr. Brambrink!

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