Lachende Frau vor Laptop am Schreibtisch

Veröffentlicht am 01.12.2025

Jura Sprachen | Welche Kenntnisse lohnen sich?

Wir zeigen dir, welche Sprachen neben Englisch für deine juristische Karriere interessant sein könnten.

Ganz klar: Englisch ist die lingua franca der Wirtschaft und damit die absolute Basis-Voraussetzung für deine Karriere als Jurist:in. Durch die zunehmende Globalisierung und die Digitalisierung (Stichwort Legal Tech) gewinnt fundiertes Fach-Englisch sogar noch an Bedeutung.

Aber Achtung: Wer wirklich in der internationalen Spitze mitspielen oder sich von der Konkurrenz abheben will, kommt heute mit der Weltsprache allein nicht mehr aus. Deshalb ist es extrem sinnvoll, darüber hinaus noch weitere Fremdsprachen zu beherrschen. Welche Sprachen sich für dich aber am meisten auszahlen, hängt ganz klar von deinem Berufswunsch und deinem späteren Fachgebiet ab.

Europäische Sprachen

Die Europäische Union bildet einen der größten und eng miteinander verwobenen Rechts- und Wirtschaftsräume der Welt. Die Mobilität für Jurist:innen ist hoch, und die EU-Institutionen selbst bieten vielfältige Karrieremöglichkeiten. Das macht die europäischen Sprachen sehr attraktiv.

Dabei solltest du den Brexit im Hinterkopf behalten: Obwohl Englisch weiterhin wichtig ist, haben Deutsch und Französisch als verbleibende zwei Verfahrenssprachen des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) und andere Institutionen relativ an Gewicht gewonnen.

 

Französisch

Französisch bleibt eine Sprache von besonderer Relevanz.

Wer sich für einen Job im europäischen Bereich interessiert, sollte seine Französischkenntnisse vertiefen. Als Amtssprache der EU und als eine der offiziellen Amts- und Arbeitssprachen der Vereinten Nationen ist sie in diesen Berufsfeldern ein starker Pluspunkt, gerade im diplomatischen Dienst.

Zusätzlich solltest du die juristische Relevanz in Afrika nicht unterschätzen. Französisch ist die Arbeitssprache des OHADA-Rechts (Organisation zur Harmonisierung des Wirtschaftsrechts in Afrika), das für international tätige Kanzleien im Bereich Wirtschafts- und Investitionsrecht in 17 afrikanischen Staaten zentral ist.

 

Spanisch

Spanisch ist ebenfalls eine weltweit bedeutende Sprache.

Wer Spanischkenntnisse vorweisen kann, punktet damit im europäischen Bereich, aber vor allem ist die Sprache der Schlüssel zu einem Großteil des amerikanischen Kontinents: Sie wird in weiten Teilen Süd- und Mittelamerikas gesprochen (Stichwort: LATAM-Markt) sowie in den USA. Für Jurist:innen, die sich auf Internationale Schiedsgerichtsbarkeit oder den Handel mit lateinamerikanischen Staaten spezialisieren wollen, ist Spanisch nahezu unverzichtbar.

 

Portugiesisch

Portugiesisch ist über Portugal hinaus ebenfalls in weiteren Staaten verbreitet.

Besondere Relevanz hat hier Brasilien als größte Volkswirtschaft Lateinamerikas. Aber auch einige afrikanische Staaten, wie Angola oder Mosambik, in denen oft bedeutende Rohstoffprojekte verhandelt werden, sind für Jurist:innen mit Portugiesischkenntnissen interessant.

Chinesisch: Die Sprache der globalen Wirtschaft

China ist längst nicht mehr nur auf dem Weg, sondern bereits eine der führenden Wirtschafts- und Rechtshochmächte der Welt. Daher hat es enormes Zukunftspotenzial, Chinesisch zu lernen, wenn du im internationalen Geschäft Fuß fassen willst.

Wenn du Chinesisch lernst, geht es in der Regel um Mandarin (Hochchinesisch), die Standardsprache, die für die Kommunikation im Geschäft und Recht relevant ist. Jurist:innen, die diese Sprache beherrschen, sind vor allem in Berufsfeldern mit wirtschaftlichem Bezug extrem gefragt – denn die Relevanz chinesischer Unternehmen in M&A, Handel und Compliance steigt kontinuierlich.

Besonders interessant für Jurist:innen ist der Bezug zu Chinas globalen Projekten wie der Belt and Road Initiative (BRI). Verträge, internationale Schiedsverfahren oder die Beratung deutscher Firmen bei Investitionen erfordern oft Mandarin-Kenntnisse, um direkt mit der Gegenseite oder den involvierten chinesischen Anwaltskanzleien zu kommunizieren.

Dabei gilt: Wer bei Verhandlungen oder in der Mandantenbetreuung die Kommunikation auf Mandarin anbieten kann, hat einen klaren Vorteil. Du punktst dabei nicht nur mit der Sprache, sondern auch mit dem damit verbundenen kulturellen Verständnis für das chinesische Rechts- und Geschäftssystem. Mandarin-Kenntnisse sind also sehr wertvoll für alle, die später in internationalen Kanzleien oder Unternehmen mit Fokus auf wirtschaftlichen Themen arbeiten wollen.

Die gute Nachricht: Während Mandarin in Deutschland noch selten Schulfach ist, bieten viele Universitäten mittlerweile Sprachkurse an. Es ist davon auszugehen, dass die Bedeutung der chinesischen Sprache in den nächsten Jahren weiter steigen wird.

Generelle Vorteile durch Sprachkenntnisse

Allgemein gilt: Es ist immer nützlich, möglichst viele Sprachen zu sprechen. Das gilt auch für die Arbeit in kleineren Kanzleien, die vielleicht gar nicht international tätig sind.

Interkulturelle Kompetenz und Vertrauensbasis

Anwälte mit vielfältigen Fremdsprachenkenntnissen sind besonders begehrt, weil sie Mandanten betreuen können, die nicht so gut Deutsch sprechen. Wer zum Beispiel Italienisch-, Türkisch- oder Russischkenntnisse hat, kann betroffenen Mandanten ein Gespräch in ihrer Muttersprache anbieten und dadurch Vertrauen schaffen.

Sprachkenntnisse sind oft ein direkter Indikator für Interkulturelle Kompetenz (Cultural Fluency). Dieses Wissen über die Kultur des jeweiligen Landes trägt maßgeblich zu einer vertrauensvollen Beziehung zwischen Anwalt und Mandant bei. Dieses Vertrauen spielt für Mandanten eine riesige Rolle – Sprachkenntnisse sind daher auch für kleinere Kanzleien ein wichtiger Faktor.

 

Aktuelle Relevanz und Spezialisierung

Durch aktuelle Migrationsbewegungen sind Jurist:innen mit bestimmten Sprachkenntnissen aktuell besonders gefragt. Neben Arabisch sind das verstärkt auch Ukrainisch und Polnisch.

Anwälte, die diese Sprachen beherrschen, können Mandanten in verschiedenen Rechtsgebieten (vom Aufenthaltsrecht bis zum Vertragsrecht) besonders gut betreuen. Aber auch abseits dieser Schwerpunkte sind Sprachkenntnisse essenziell, um beispielsweise internationale Investoren aus der MENA-Region (Naher Osten und Nordafrika) in Handels- und Wirtschaftsfragen zu begleiten.

Du willst deine juristischen Fremdsprachenkenntnisse vertiefen?

Hier findest du alle Law Schools im In- und Ausland!

So integrierst du Sprachen in deine juristische Ausbildung

Du hast viele Möglichkeiten, deine Sprachkenntnisse während deiner juristischen Ausbildung zu vertiefen und offiziell nachzuweisen:


Fachspezifische Ausbildung an der Uni

An vielen Universitäten ist der Fremdsprachenschein inzwischen Pflicht. Dabei besuchst du Veranstaltungen in einem ausländischen Recht und legst eine Prüfung ab. Darüber hinaus bieten manche Unis deutlich tiefgreifendere Fachspezifische Fremdsprachenausbildungen (FFA) an.

Tipp: Achte auf die Zertifikate in ausländischem Recht (z.B. Certificate in Anglo-American Law oder Droit Français). Sie sind oft noch spezifischer als der reine Sprachkurs und vermitteln dir direkt Vokabular und Wissen zur ausländischen Rechtsordnung.

 

Auslandsaufenthalte nutzen

Nichts ist hilfreicher zum Lernen einer Sprache als der Aufenthalt im Land selbst:

  • Studium: Nutze Programme wie ERASMUS oder die Kooperationen deiner Uni für ein oder zwei Auslandssemester.
  • Referendariat: Auch während des Referendariats kannst du einen Teil der Stationen (z.B. die Wahlstation) im Ausland absolvieren, um deine Sprach- und Rechtskenntnisse zu kombinieren.
  • LL.M. – Spezialisierung mit Sprache: Ein LL.M. (Master of Laws) ist zwar primär dazu gedacht, deine fachliche Expertise in einem bestimmten Rechtsgebiet (z.B. M&A oder IP-Recht) zu vertiefen. Aber die Beherrschung der Landessprache oder des juristischen Fach-Englisch ist dafür Voraussetzung.
  • Secondments (Entsendungen): Auch nach dem Berufseinstieg kannst du über deine Kanzlei oder dein Unternehmen für einige Monate ins Ausland gehen. Solche Secondments in Partnerkanzleien oder bei ausländischen Mandanten sind ideal, um deine Sprachkenntnisse direkt im anspruchsvollen Arbeitsalltag zu perfektionieren.
  • International Desks: Wenn du dich auf ein spezifisches Land spezialisierst, bieten viele Kanzleien sogenannte International Desks an. Hier arbeitest du in Deutschland (oder in einer Auslandsniederlassung) als Experte für das jeweilige ausländische Recht und dessen Sprache.

 

Fremdsprachen-Skills aktuell halten

Um die erlernte Sprache auch nach dem Abschluss zu behalten, ist die Anwendung entscheidend. Hier ein paar konkrete Tipps, wie du deine Fachsprache schärfst:

  • Regelmäßig lesen: Lies nicht nur allgemeine Zeitungen, sondern gezielt juristische Inhalte. Das können die Urteile des EuGH in deiner Fremdsprache, aktuelle Artikel im Journal of International Arbitration oder spezifische Legal Blogs zu deinem Fachgebiet (z.B. IT-Recht) sein.
  • Hören und Sehen: Trainiere dein juristisches Hörverständnis, indem du juristische Podcasts (etwa von US-Anwaltskammern oder Law Schools) oder Webinare von internationalen Kanzleien hörst. Das hilft dir, die Fachbegriffe in der Praxis zu verstehen.
  • Aktiv üben: Versuche, erste Entwürfe für interne Memos oder Korrespondenz im Job in der Fremdsprache zu verfassen. Alternativ bieten sich die Teilnahme an einem Moot Court oder der Besuch internationaler Fachkonferenzen an, um dein aktives Sprechen zu verbessern.

Fazit

In einer globalisierten Welt sind Fremdsprachenkenntnisse eine wichtige Schlüsselqualifikation für Jurist:innen. Während verhandlungssicheres Englisch in der Großkanzlei heute absolute Grundvoraussetzung ist, werden auch in kleineren Unternehmen entsprechende Kenntnisse immer häufiger gefragt. Absolventen, die Auslandsaufenthalte oder Sprachkurse vorweisen können, haben bei der Bewerbung für die entsprechenden Stellen bessere Chancen. Bei der Entscheidung für oder gegen eine bestimmte Sprache sollte auch der konkrete Berufswunsch eine entscheidende Rolle spielen.