Thomas Dieker Allen & Overy Steuerrecht

Veröffentlicht am 28.10.2020

"Steuerrecht ist noch richtig Jura"

Dr. Thomas Dieker gibt Einblicke in das Steuerrecht bei Allen & Overy 

Zur deutschen Praxisgruppe Steuerrecht von Allen & Overy gehören etwa 20 Berufsträger in unseren Büros in Frankfurt und München. Während Frankfurt insbesondere auf Transaktionssteuerrecht und (Re-)Strukturierungen spezialisiert ist, sind die Kollegen in München für die Beratung bei internen Investigationen und Steuerstreitverfahren bekannt. Thomas Dieker ist seit Juli 2015 in der Mainmetropole als Rechtsanwalt tätig.
 

Herr Dr. Dieker, warum haben Sie sich damals für Allen & Overy entschieden? 

Die Kollegen gaben den Ausschlag. Wenn Sie wissen, dass Sie mit diesen Menschen regelmäßig acht Stunden und mehr im Büro verbringen, sollte auch die Chemie stimmen. Und das hat sie – von Anfang an. 
 

War für Sie bereits während des Studiums das Steuerrecht eine Option oder entschied sich dies erst im Verlauf des Referendariats?

Im Studium hatte ich nur sehr sporadisch Kontakt zum Steuerrecht. Dann aber habe ich meine Verwaltungsstation im Referendariat in einem Finanzamt absolviert. Dort habe ich schnell gelernt, dass sowohl die fachliche Breite als auch die diversen Anknüpfungspunkte mit anderen Lebens- und Rechtsbereichen das Steuerrecht ausmachen. Das war mir vorher nicht so bewusst. Da die Arbeit in der Verwaltung selbst allerdings nicht meinem Naturell entspricht, fiel die Entscheidung dann relativ bald auf die steuerliche Beratung.
 

Wie sind Sie auf Allen & Overy aufmerksam geworden und wie verlief der Bewerbungsprozess?

Ganz klassisch. Nach meinem Referendariat habe ich die einschlägigen Online-Portale und üblichen Zeitschriften nach passenden Jobangeboten durchsucht. Dort war dann auch eine Stellenausschreibung für die Steuerrechtspraxis bei Allen & Overy dabei.

Das erste Vorstellungsgespräch habe ich mit den beiden Partnern des Frankfurter Standorts geführt und wurde dann ein zweites Mal für ein gemeinsames Mittagessen mit den Associates eingeladen. Das machen wir im Prinzip heute noch so, wenn nicht gerade Kontaktbeschränkungen angeordnet sind.

Eine international führende Wirtschaftskanzlei: Allen & Overy

Welche Vorteile sehen Sie in Ihrer täglichen Arbeit im Steuerrecht verglichen mit anderen Rechtsbereichen?

Steuerrecht ist noch richtig Jura. Wir sind vermutlich eine der wenigen Praxisgruppen, die täglich mit Gesetzen, Verwaltungsanweisungen, Gerichtsentscheidungen und Kommentaren arbeitet und verhältnismäßig viele Rechtsgutachten erstellt.

Wer Spaß an der juristischen Analyse und Subsumtion hat, sollte sich unbedingt das Steuerrecht anschauen. Hinzukommt, dass sich nur wenige Rechtsmaterien so beständig und wesentlich ändern wie das Steuerrecht. 
 

Zu Ihrem Tätigkeitsfeld zählen sowohl national als auch international geprägte Mandate. Gehört hier auch eine gewisse Bereitschaft zum Reisen zum Tagesgeschäft?

Unser Arbeitsalltag wird nicht durch häufiges Reisen oder auswärtige Tätigkeiten geprägt. Den erforderlichen Rechtsrat können wir für gewöhnlich gut aus unseren Büros oder dem Home-Office heraus erteilen. Aber natürlich pflegen wir auch den persönlichen Kontakt zu unseren Mandanten, denn schlussendlich ist unsere Tätigkeit ein "people's business".
 

Wie ist Ihre Praxisgruppe derzeit aufgestellt? Sind Neuzugänge, insbesondere Referendare und Berufseinsteiger, stark gefragt im Bereich des Steuerrechts?

Derzeit arbeiten vier Partner, drei Counsel, drei Senior Associates und weitere Associates in der deutschen Steuerrechtspraxis. Zusätzlich werden wir von wissenschaftlichen Mitarbeitern, Referendaren und Praktikanten unterstützt.

Wir suchen aktuell sowohl für unseren Frankfurter als auch für unseren Münchner Standort Berufseinsteiger, Referendare sowie wissenschaftliche und studentische Mitarbeiter mit Interesse am und bestenfalls Vorkenntnissen im Steuerrecht.
 

Welche Mandanten gehören zu Ihrem Tagesgeschäft und wie verläuft die Einbindung neuer Referendare und Kollegen?

Unsere Mandantschaft ist sehr vielfältig. Wir beraten international tätige Banken und Versicherungen, große Industrieunternehmen, Private-Equity-Gesellschaften und traditionelle Familienunternehmen, zudem Start-ups und gemeinnützige Organisationen. Darüber hinaus gehören Einzelpersonen zu unseren Mandanten. Gerade auch diese Vielfalt macht die Arbeit für mich so spannend. 

Und was neue Referendare und Kollegen betrifft – die werden sofort, von Tag eins an in die Mandatsarbeit eingebunden. Dies beginnt bei der Recherche zu speziellen steuerlichen Fragen, geht über den Entwurf einer E-Mail oder eines Gutachtenteils, die Mitarbeit an der Vertragsdokumentation und reicht bis zu Besprechungen mit dem Mandanten am Telefon oder per Videokonferenz. 

Wir sind vermutlich eine der wenigen Praxisgruppen, die täglich mit Gesetzen, Verwaltungsanweisungen, Gerichtsentscheidungen und Kommentaren arbeitet und verhältnismäßig viele Rechtsgutachten erstellt.
Dr. Thomas Dieker

Neben fachlicher Expertise spielt auch die Persönlichkeit eine immer wichtigere Rolle auf Arbeitgeberseite. Welche Eigenschaften sollten Bewerber mitbringen und wie bringt Allen & Overy ihre Mitarbeiter insbesondere als Anwaltspersönlichkeiten weiter?

Ein sicheres Auftreten und die Fähigkeit, seine Gedankengänge klar und nachvollziehbar artikulieren zu können, sind sicherlich von Vorteil. Berater sein bedeutet nicht nur, über fundierten juristischen Sachverstand zu verfügen, man muss seine Auffassung auch dem Mandanten vermitteln und gegenüber dem Anwalt auf der Gegenseite oder dem Verhandlungspartner verteidigen können. Wir bieten, abgestimmt auf die Seniorität unserer Kollegen, ein mehrstufiges Programm u.a. zur Persönlichkeitsentwicklung an, das regulär in London an unserem Hauptsitz stattfindet.

Hierbei werden insbesondere die Mandatsanbahnung, die Betreuung des Mandanten, Konfliktlösungsmöglichkeiten sowie Verhandlungsführung trainiert. Daneben bieten die Veranstaltungen Gelegenheit, bislang unbekannte Kollegen aus den anderen Büros und deren Arbeitsweise kennen zu lernen. In den letzten Monaten finden diese Trainings auch vermehrt per Videokonferenz statt. 
 

Allen & Overy betreut häufig auch Mandate über Ländergrenzen hinweg. Wie wichtig sind hierbei die interkulturelle und die Sprachkompetenz der Mitarbeiter und wie werden entsprechende Qualifikationen geprüft?

Englisch ist für uns die Hauptarbeitssprache. Ein Aufenthalt im englischsprachigen Ausland ist daher sicher von Vorteil, aber kein Muss. Über kleinere sprachliche Schwächen können wir zudem mit den bei uns angebotenen Sprachkursen hinweghelfen.

Spezielle interkulturelle Schulungen habe ich bisher nicht besucht; sie werden aber gelegentlich bei uns angeboten. Die Maxime, nach der ich verfahre: Wenn man freundlich zu seinen Mitmenschen ist, aufmerksam zuhört und auf Anfragen der Kollegen reagiert, kommt man eigentlich mit (fast) allen Menschen gut klar. Ganz gleich, aus welchem Kulturkreis sie stammen.
 

Eine Tätigkeit im Bereich des Steuerrechts ist bei Kanzleien häufig mit einer Zusatzqualifikation als Steuerberater verbunden. Wie viele Vorkenntnisse sollten Bewerber hier bereits vorab mitbringen?

Auch wenn steuerrechtliche Vorkenntnisse einen Einstieg in eine steuerliche Beratung erleichtern, ist bei uns weder das Steuerberaterexamen noch ein spezieller Bachelor oder Master im Steuerrecht Voraussetzung für eine Einstellung. Was man aber unbedingt mitbringen sollte: eine gewisse Leidenschaft für das Steuerrecht. Dann kann man sich auch in bis dato unbekannte Materien reinfuchsen.
 

Sie selbst haben 2019 die Prüfung zum Steuerberater abgelegt. Inwieweit hat Sie Allen & Overy hierbei unterstützt und wird das Absolvieren dieser Weiterbildung von Anwälten erwartet?

Wir ermutigen unsere Berufsanfänger dazu, die Steuerberaterprüfung abzulegen, wenn sie dies wollen. Verpflichtend ist das jedoch bei uns nicht. Entscheidet sich ein Kollege, die Prüfung ablegen zu wollen, wird er mit einem finanziellen Zuschuss unterstützt und erhält zusätzliche bezahlte Urlaubstage. Darüber hinaus wird er während der eigentlichen Examensvorbereitung sowie der Vorbereitung auf die mündliche Prüfung von der Arbeit freigestellt.

Konkret zu Ihrer Tätigkeit: Was bedeutet (Re-)Strukturierung im Steuerbereich überhaupt und welche Seiten Ihrer Arbeit zählen Sie inzwischen zu Ihrem Steckenpferd?

Unter (Re-)Strukturierung fassen wir alle gesellschafts- oder auch nur schuldrechtlichen Maßnahmen, durch die Konzerne bzw. einzelne Unternehmen ihr Geschäftsfeld oder ihre Organisation ändern bzw. Kooperationen mit Dritten erweitern oder einschränken. Oft gibt es mehrere Wege, um das wirtschaftliche Ziel zu erreichen. Wir ermitteln, welcher Weg aus steuerlicher Sicht der günstigste ist. Der wird selten genauso umgesetzt, weil viele andere Faktoren eine wichtigere Rolle spielen. Es nutzt dem Mandanten nichts, wenn Sie ihm eine komplett steuerneutrale Lösung anbieten, durch die sein Unternehmen aber handlungsunfähig wird.

Neben der klassischen M&A-Steuerberatung befasse ich mich schwerpunktmäßig mit Verkehrsteuern (v.a. Umsatz- und Versicherungsteuer) sowie neuen Finanzprodukten. Es ist sehr spannend, wie schnell und umfassend sich die Finanzwirtschaft in den letzten Jahren entwickelt hat. Denken Sie nur an Mobile Banking, Kryptowährungen oder Instant Payments. Das alles hat es vor 20 Jahren noch nicht oder kaum gegeben.
 

Wie stark sind die einzelnen Niederlassungen von Allen & Overy im Steuerrecht miteinander vernetzt und wie viel Internationalität bringt dies für die Mitarbeiter mit sich?

Bei 55 Prozent unserer Mandate sind drei und mehr Rechtsordnungen involviert. Der Austausch und die Abstimmung mit den ausländischen Kollegen (nicht nur aus dem Steuerrecht) ist tägliche Routine. Nicht selten hat eine bestimmte rechtliche Wertung in einer Rechtsordnung Auswirkungen auf die Analyse aus Sicht einer anderen. Da ist es unerlässlich, dass wir miteinander reden und uns abstimmen. Am Ende soll der Mandant ein einheitliches Produkt der Kanzlei erhalten und nicht mehrere losgelöste Einzelauffassungen. Das erwartet er auch von uns.
 

Viele meiden (noch) den Steuerbereich als Tätigkeitsfeld. Attribute wie beispielsweise: „trocken“, „einseitig“ und „langweilig“ tauchen in diesem Zusammenhang häufig auf. Was setzen Sie dem entgegen?

Wer Jura langweilig findet, für den ist vermutlich auch das Steuerrecht „trocken“. „Einseitig“ habe ich noch nicht gehört. Tatsächlich ist das Steuerrecht sehr facettenreich. Zum einen weil es an die unterschiedlichsten Lebens- und Wirtschaftsbereiche anknüpft; zum anderen, weil der eigentlichen steuerlichen Beurteilung in aller Regel andere Rechtsfragen vorausgehen.

Die versicherungssteuerrechtliche Beurteilung kann an regulatorische Vorgaben anknüpfen. Bei Fragen zur Umsatzsteuer müssen Sie immer zunächst die zivilrechtlichen Leistungsbeziehungen bestimmen. Sollen die Wirkungen einer körperschaftsteuerlichen Organschaft greifen, muss der entsprechende Unternehmensvertrag gesellschaftsrechtlichen Anforderungen genügen. Interessanter kann es doch kaum sein! 
 

Allen & Overy gilt als eine der innovativsten Großkanzleien – wo wird dies besonders gut sichtbar und welche Attribute machen die Kanzlei gerade für Berufseinsteiger attraktiv? 

Der digitale Wandel verlangt auch in der juristischen Beratung nach hoher Innovationskraft und Lernbereitschaft. Dem begegnet Allen & Overy mit einer umfassenden Legal-Tech-Strategie. Mit FUSE haben wir in London ein Innovations-Hub mit internationaler Anziehungs- und Strahlkraft. Seine Forschungs- und Entwicklungsergebnisse fließen unmittelbar in unsere Arbeitsabläufe ein. So reduzieren speziell entwickelte Suchalgorithmen den Bedarf an individueller Durchsicht großer Dokumentenmengen erheblich – eine Tätigkeit, die früher insbesondere auch von Berufseinsteigern erledigt wurde.

Ein weiteres wichtiges Thema betrifft das automatische Erstellen von Dokumenten, womit ebenfalls viel manuelle Arbeit deutlich reduziert wird. In den kommenden Jahren werden wir weitere tiefgreifende Veränderungen im Beratungsalltag erleben. Berufseinsteiger, die aktiv an dieser Entwicklung teilnehmen, haben die besten Voraussetzungen für ihre weitere berufliche Laufbahn.
 

Ihr Fazit?

2015 war ich mir nicht sicher, wie lange mein Ausflug in ein neues Rechtsgebiet und an den Main dauern würde. Beides war für mich Neuland. Heute kann ich sagen, dass sich der Sprung ins kalte Wasser gelohnt hat. Meine Tätigkeit ist nach wie vor spannend, fordert immer wieder aufs Neue ein Nach- und Umdenken und auch mein Team ist großartig.
 

Vielen Dank, Herr Dr. Dieker!

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