Diese Berufs stehen dir als Jurist offen

Verfasst von Sebastian M. Klingenberg

Welche beruflichen Perspektiven für Jurist:innen gibt es?

​Diese Berufsmöglichkeiten stehen nach den Staatsexamina offen

Der Weg zum Volljuristen und zur Volljuristin ist lang und schwer, die Jobaussichten junger Jurist:innen sind deshalb aber dementsprechend gut. Ein erfolgreicher Berufsstart ist nicht nur ohne Prädikatsexamen möglich, sondern auch dann, wenn weder die zweite juristische Prüfung noch der Vorbereitungsdienst (Referendariat) absolviert wurden. Welche beruflichen Perspektiven die jungen Jurist:innen in den einzelnen Ausbildungsabschnitten haben, erfahrt ihr im folgenden Überblick:
 

Berufsmöglichkeiten mit dem Ersten Juristischen Staatsexamen


Wirtschaftsjurist:in

Einem Rechtsreferendar stehen insbesondere im wirtschaftsjuristischen Bereich viele Möglichkeiten offen, etwa als Wirtschaftsprüfer:in oder Steuerberater:in.

  • Wirtschaftsprüfer:in
    Zur Hauptaufgabe von Wirtschaftsprüfer:innen gehören sämtliche betriebswirtschaftliche Prüfungen, insbesondere solche von Jahresabschlüssen wirtschaftlicher Unternehmen, ergo die Buchführung. Ein:e Wirtschaftsprüfer:in ist aber auch befugt, den Auftraggeber in steuerlichen Angelegenheiten nach Maßgabe der bestehenden Vorschriften zu beraten und zu vertreten.

    Allerdings muss man beachten, dass die Ausbildung mit dem Ersten Juristischen Staatsexamen noch lange nicht abgeschlossen ist. Auf dem Weg zum schweren Wirtschaftsprüferexamen liegt mindestens noch eine dreijährige Tätigkeit als Trainee oder ähnliches beispielsweise bei einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft oder einem vereidigtem Buchprüfer, etc.
     
  • Steuerberater:in
    Die Hauptaufgabe von Steuerberater:innen ist hingegen die steuerliche Prüfung sowie die steuerliche, aber auch betriebswirtschaftliche Beratung. Demnach hat er bzw. sie für eine optimale Steuergestaltung zu sorgen, bei der Erstellung von Buchführungen, Jahresabschlüssen und Steuererklärungen zu unterstützen sowie die Überprüfung von Steuerbescheiden vorzunehmen.

    Steuerberater:innen sind in aller Regel sogar nicht nur zur Vertretung des Mandanten gegenüber dem Finanzamt, sondern auch in finanzgerichtlichen Prozessen befugt. Auch hier schließt sich an das Erste Juristische Staatsexamen zunächst eine mindestens zweijährige Praxiszeit an. Anschließend kann man zur Steuerberaterprüfung zugelassen werden. Mehr Informationen findest du auch in unserem Artikel: Karriere als Steuerberater:in.


Die gleichen Karrierewege stehen auch dem- und derjenigen offen, der und die ein juristisches Bachelor-Studium absolviert hat. Lese dazu auch folgenden Artikel: „Das Bologna-Modell in der Juristenausbildung“.

Spannende Einblicke in juristische Fachbereiche

Rechtsprüfer:in und Rechtsberater:in:

Rechtsprüfer:innen und -berater:innen werden zwar ebenso maßgeblich im wirtschaftsjuristischen Bereich eingesetzt, entsprechende Berufsmöglichkeiten bestehen aber auch darüber hinaus.

Zu der Hauptaufgabe von Rechtsprüfer:innen gehört die gutachterliche Stellungnahme zu einem Rechtsproblem, oftmals aber auch die damit verbundene Beratung des Auftraggebers. Deshalb fallen die Tätigkeiten der Rechtsprüfung und der Rechtsberatung oftmals auf eine Person zusammen. (Syndikus-)Anwält:innen sind es dann jedoch, die den Auftraggeber gerichtlich vertreten.
 

Verwaltungsbeamte:r:

Die Aufgaben von Verwaltungsbeamten variieren je nach Art der Behörde, bei der sie beschäftigt sind. Möglich ist jedenfalls eine Anstellung in der Bundesverwaltung (sei es bei einem Bundesministerium, einem Bundesamt, der Bundeswehr etc.), der Landesverwaltung (etwa bei einem Landesministerium, beim staatlichen Landratsamt etc.) sowie der Kommunalverwaltung oder sogar bei einer Handwerksorganisation bzw. bei einer Industrie- und Handelskammer.

Dementsprechend bietet sich ein sehr breites Aufgabenspektrum. Hauptsächlich werden diese entweder verwaltungsrechtlicher Art sein oder in Erarbeitung von Rechtsgutachten und Pressemitteilungen liegen.
 

Rechtliche:r Betreuer:in:

Die Hauptaufgabe von rechtlichen Betreuer:innen ist die gesetzliche Vertretung für Erwachsene, die ihre Angelegenheiten nicht oder nur teilweise selbständig regeln können. Es handelt sich dabei also um einen Berufszweig, der weniger juristisches Denken erfordert, sondern insbesondere Sozialkompetenz, eine Eigenschaft die im juristischen Studium kaum bis gar nicht gelehrt wird.

Zusätzlich zur Ersten erfolgreichen Juristischen Staatsprüfung erfolgt die Bestellung durch das Betreuungsgericht erst nach einer vorherigen Eignungsprüfung.
 

Mediator:in:

Ein ebenso weniger juristisches Tätigkeitsfeld ist die Mediation, die durch Sozialkompetenz, Selbstverantwortung, Führungsqualität und Lebenserfahrung geprägt ist. Die Aufgabe von Mediator:innen ist die Unterstützung von Parteien bei Konflikten, um eine außergerichtliche Lösung zu finden.

Das erfolgreiche Ablegen der Ersten Juristischen Prüfung ist sicherlich sinnvoll, aber nicht notwendig, da die Mediatorenausbildung eine eigenständige Weiterbildung bzw. Qualifizierung ist.

Wer aber Notar:in werden möchte, muss zunächst einen dreijährigen Anwärterdienst als Notarassessor absolvieren.

Berufsmöglichkeiten mit dem Zweiten Juristischen Staatsexamen:


Rechtsanwält:in

Viele junge Jurist:innen entscheiden sich selbstverständlich für den Berufszweig der Rechtsanwält:innen bzw. im späteren Verlauf unter Umständen auch von Fachanwält:innen. Dabei sind die Möglichkeiten ebenso mannigfaltig:

  • Selbstständigkeit
    Mit der Zulassung zu Rechtsanwält:innen durch die Rechtsanwaltskammer übernimmt ein:e Anwält:in insbesondere die Beratung und Vertretung von Mandanten in rechtlicher Hinsicht. Er bzw. sie kann dazu seine eigene Kanzlei gründen oder sich einer bereits bestehenden Kanzlei anschließen.
     
  • Unternehmensjurist:in (sog. Syndikusanwält:in)
    Beliebt ist mitunter aber auch die Einstellung als Unternehmensjurist:in bei Unternehmen und Verbänden, also die Tätigkeit als sog. Syndikusanwält:in, der ebenso eine Zulassung durch die Rechtsanwaltskammer benötigt. Die Anforderungen sind hier – wie auch bei dem Anschluss einer bereits bestehenden Kanzlei – von der Größe des Unternehmens abhängig, in der Regel sollten die Noten dennoch „befriedigend“, teilweise auch „vollbefriedigend“ sein.
     
  • Bankjurist:in
    Ähnlich, wie das oben Gesagte zu Syndikusanwält:innen verhält es sich Bankjurist:innen, wobei hier eher noch auf überdurchschnittliche Noten gesetzt werden. Darüber hinaus werden oftmals gute Kenntnisse im Zivil-, Bank- und Kapitalmarktrecht, ein gutes Verständnis für wirtschaftliche Zusammenhänge sowie sehr gute Englischkenntnisse verlangt. Internationale Erfahrungen sowie eine Bankausbildung sind selbstverständlich von Vorteil.
     
  • Unternehmensberatung
    Wer im Ersten und Zweiten Staatsexamen mindestens befriedigende Noten hatte, kann auch eine Anstellung in einer Unternehmensberatung finden. Dort gehören zu den Aufgaben und Tätigkeiten etwa die rechtliche Beratung des Vorstandes und der Fachabteilungen, das Führen von Gerichtsverfahren, die Prüfung von Haftungs- und Deckungsfragen, die Schadensbearbeitung sowie die Vertragskonzipierung.

    In diesem Berufsfeld werden deshalb insbesondere auch ausgeprägte analytische Fähigkeiten, Problemlösungskompetenz, Kommunikationstalent, eine leistungs- und zielorientierte Arbeitsweise sowie juristische Fachsprachenkenntnisse in Englisch gefordert.
     
  • Jurist:in im öffentlichen Sektor
    Eine immer größer werdende Beliebtheit erfreuen sich auch die Berufsmöglichkeiten im öffentlichen Sektor, etwa beim Auswärtiges Amt, bei der Europäische Kommission, dem Bundeskartellamt, dem Bundeskriminalamt oder der Bundeswehr.

Richter:in:

Wer Richter:in werden möchte, braucht in aller Regel Prädikatsexamina, das heißt sowohl in der Ersten als auch in der Zweiten Juristischen Prüfung ein Prädikat. In den Fachgerichtsbarkeiten sind die Anforderungen zum Teil sogar noch strenger.

In der Praxis ist es mittlerweile jedoch oftmals ausreichend, wenn insbesondere die zweite juristische Prüfung ein Prädikat ist. Hilfreich, wenn jedoch nicht notwendig, sind außerdem eine Promotion, Auslandserfahrung sowie eine vorherige anwaltliche Tätigkeit.
 

Staatsanwält:in:

Die Anforderungen an das Berufsbild von Staatsanwält:innen sind zwar etwas weniger strikt als beim Richteramt, dennoch werden hier in aller Regel ebenso mindestens 8 Punkte, zumindest im zweiten Staatsexamen, erwartet. Dafür sollte ein:e Staatsanwält:in stets folgende persönliche Qualifikationen mit sich bringen: Überzeugungskraft, Durchsetzungsvermögen, Kommunikationsfähigkeit und Belastbarkeit.
 

Notar:in:

Einige Jurist:innen entscheiden sich auch dafür zusätzlich notarielle Dienste anzubieten. Wer aber Notar:in werden möchte, muss zunächst einen dreijährigen Anwärterdienst als Notarassessor absolvieren. Die Bestellung zu Notar:innen erfolgt sodann durch die jeweilige Landesjustizbehörde. In einigen Bundesländern ist nach mehrjähriger Tätigkeit als Rechtsanwält:in ebenso eine notarielle Fachprüfung möglich. In allen Fällen ist jedoch außerdem eine besonders gute Note zumindest in der zweiten juristischen Staatsprüfung notwendig.

Zu den Aufgaben und Tätigkeiten von Notar:innen gehört nicht nur die Beurkundung von Rechtsgeschäften und Unterschriften, sondern auch die Beratung von Parteien.

Insolvenzverwalter:in:

Wer hingegen als Insolvenzverwalter:in tätig werden möchte, benötigt keine weitere gesonderte Ausbildung. In aller Regel bedarf es hierzu jedoch ebenso einer Rechtsanwaltszulassung. Die Auswahl erfolgt hingegen durch die Insolvenzrichter:innen.

Zu den Aufgaben und Tätigkeiten von Insolvenzverwalter:innen gehören insbesondere die Verwaltung und Verfügungsmacht über die Insolvenzmasse. Deshalb sind für diesen Berufszweig Organisationstalent, wirtschaftliches Denken sowie Sozialkompetenz hilfreich.
 

Hochschulprofessor:in:

Wer neben dem Ersten und dem Zweiten Juristischen Staatsexamen außerdem eine Promotion sowie eine Habilitation abgeschlossen hat, kann als Hochschulprofessor:in in Forschung und Lehre arbeiten, soweit ein entsprechendes Interesse besteht und die notwendigen Teamführungsfähigkeiten vorhanden sind. Die jeweiligen Voraussetzungen für die Promotion bzw. Habilitation finden sich in den jeweiligen Verordnungen der Juristischen Fakultäten.
 

Die beruflichen Möglichkeiten von Jurist:innen sind mannigfaltig und die Aufzählung hier längst nicht abschließend. Zum Teil genügt bereits sogar das erfolgreiche Ablegen der Ersten Juristischen Prüfung und oftmals ist außerdem kein Prädikatsexamen notwendig. Wer jedoch keine bzw. kaum Begrenzungen bei der Berufswahl haben möchte, sollte durchaus die zweite juristische Prüfung erfolgreich absolvieren.