Zusatzausbildung als Jurist berufsalternativen für juristen

Verfasst von Maryam Kamil Abdulsalam

Diese beruflichen Alternativen haben gelernte Juristen!

Zusatzausbildung als Jurist: Viele Wege führen nach Rom

Wer knapp acht Jahre mit der juristischen Ausbildung bis zum zweiten Examen verbracht hat, mag sich schon ab und an mal fragen: War’s das jetzt? Habe ich ab jetzt nur noch mit Jura zu tun und gehe die Wege, die jede:r brave Jurist:in geht? Oder gibt es vielleicht noch Alternativen? Wer den juristischen Weg nicht vollständig verlassen und die letzten Jahre nicht umsonst gelitten haben möchte, für den stehen vielfältige Kombinationen zur Verfügung. Unterschiedliche Zusatzausbildungen für Jurist:innen bieten mehr Abwechslung, Horizonterweiterung und unbekannte Tätigkeitsfelder.

1. Juristische Journalist:innen

Erst kürzlich passierte der Presse ein peinlicher Fehler: Im Rahmen der Berichterstattung zu dem Fall der Ausweisung des Sami A. wurde erklärt, die Stadt Bochum habe nach der Entscheidung des OVG Münster zur Rückholung des Ausgewiesenen keine rechtlichen Möglichkeiten, außer dem Gang nach Karlsruhe: Also einer Verfassungsbeschwerde am Bundesverfassungsgericht. Diese Information war schlicht und ergreifend falsch. Aber gleichzeitig auch leicht vermeidbar.

Mit einer juristischen Vorbildung und ein wenig Sachverstand hätte sich dieser Irrtum vermeiden lassen. Aus diesem Grund sind Journalist:innen mit fundiertem juristischem Fachwissen extrem begehrte Ware.

Der Weg aus dem Jurastudium und in die Journalisten-Laufbahn ist auch nicht allzu kompliziert: Gleich anschließend an das erste Staatsexamen können junge Jurist:innen das Volontariat in journalistischen Betrieben anfangen. Außerdem bieten die Justizredaktionen der ARD in Karlsruhe und des ZDFs in Mainz die Möglichkeit, die Wahlstation während des Referendariats dort zu verbringen.

Für Unentschlossene kann dies als Entscheidungsfindungsphase genutzt werden, um sich dann nach dem zweiten Examen journalistisch umzuorientieren. Wichtig ist, dem Interesse schon früh nachzugehen, um Erfahrung zu sammeln und im Fall einer Bewerbung für ein Volontariat oder eine erste journalistische Stelle schon Erfahrung aufweisen und einen Beitrag aus der Schublade ziehen zu können.


 



2. Die Mediator:innen

Etwas näher am klassischen Beruf sind Mediator:innen. Außergerichtliche Streitbeilegung zwischen einzelnen Parteien erfordert zwar im Grunde auch Sachkunde über juristische Sachverhalte, aber deutlich mehr Geschick im Umgang mit Menschen, ausgeprägte Kommunikationsfähigkeiten und ein Feingefühl für Verhandlungen und Kompromisse.

Diese Tätigkeit befindet sich an der Schnittstelle zwischen Rechtswissenschaften und Psychologie und kann zwei Interessen professionell miteinander verbinden. Institute bieten Ausbildungen im Rahmen von rund 170 Ausbildungsstunden, verteilt auf 4 Wochen, 7 Wochenenden oder ganz intensiv auf 3 Tage komprimiert an.

Nicht nur private Institute, als Mitglieder des Bundesverbands Mediation, bieten diese Ausbildungen an, sondern auch Fernuniversitäten für ein Fernstudium. Eine solche Ausbildung eignet sich vor allem berufsbegleitend, um sich neue Tätigkeitsfelder zu schaffen oder einen fließenden Übergang zu organisieren.

Inhaltlich werden Mediator:innen zu Kommunikation und Konfliktmanagement geschult, ebenso werden auch systemische Ansätze zur Konfliktlösung genutzt. Für eine erfolgreiche Mediatorentätigkeit ist eine intensive Selbstreflexion und Supervision durch erfahrene Mediator:innen und Betreuer:innen das A und O. Jura und Psychologie lassen sich folglich verbinden.

3. Legal-Project Manager:innen

In Großkanzleien arbeiten nur die Top 5% aller Jurist:innen? Wohl kaum und in Zukunft sogar noch viel weniger. Großkanzleien kämpfen meist mit juristischen Großprojekten, Firmenfusionen und riesigen Vorhaben, die sich von Anwält:innen, die sich ausschließlich auf einem Rechtsgebiet auskennen, kaum mehr steuern lassen.

An diesem Punkt kommen Legal-Project Manager:innen ins Spiel: Zwitter aus Jurist:in und Ökonom:in oder Betriebswirt:in, welcher mit juristischen Sachverhalten hantiert, dies hauptsächlich in Form von Daten, umfassenden Portfolios und Zahlenkomplexen.

Aus eben diesem Grund sind IT-Fachwissen und betriebswirtschaftliche Kenntnisse das alltägliche Handwerkszeug des Legal Managers. Ein solcher Beruf lässt sich durch einen zusätzlichen Master of Business Administration, eine Ausbildung als Projektmanager oder eine betriebswirtschaftliche Ausbildung anstreben.

Allerdings sei vorgewarnt: Der übliche Habitus in Großkanzleien, nachdem nur promovierte Volljurist:innen anständige Jurist:innen sind, spiegelt sich sowohl im kollegialen Umgang mit Legal-Project Manager:innen als auch ihrem Jahresgehalt wider. Dafür muss ein zweites Examen jedoch nicht mehr absolviert werden, wenn die benötigte betriebswirtschaftliche Ausbildung vorhanden ist.

Viele Wege führen nach Rom. Der oder die etwas andere Jurist:in muss nur das persönliche Rom finden und anschließend den für sich richtigen Weg einschlagen.

4. Die Rechtspsychologie

Ebenso wie bei der Tätigkeit als Mediator:in, tut sich eine Schnittstelle zur Psychologie auf: Auf dem Gebiet der Rechtspsychologie werden Hintergründe zu Kriminalistik, Täterprofilen und der psychologischen Begutachtung bei Gericht erörtert. Auch Forensik spielt hier eine Rolle.

Achtung: Der Master in Rechtspsychologie setzt einen Bachelorabschluss (oder Diplom) im Fach Psychologie voraus und erfordert Zugangsvoraussetzungen, die durch das klassische Jurastudium nicht vermittelt werden.  Jurist:innen mit 1. und/oder 2. Staatsexamen können sich daher nicht ohne zusätzlich abgeschlossenes Psychologiestudium für den Master Rechtspsychologie einschreiben.

Wer die Voraussetzungen erfüllt und den Master in Rechtspsychologie absolviert, kann sich auf spannende Tätigkeiten bei der Polizei, dem LKA oder als Gerichtsgutachter:in freuen.

Aber auch das Berufsfeld im Straf- und Maßregelvollzug, in dem Therapie- und Resozialisierungsmaßnahmen für Straftäter:innen durchgeführt werden, wird durch diese Zusatzausbildung erschlossen. Insbesondere Jurist:innen, die sich bereits im Jurastudium für Strafrecht und Kriminologie interessiert haben, könnte dieses Zusatzstudium zusagen und eine Berufsalternative schaffen, die von den klassischen Juristenberufen abweicht.

5. Die Fachanwaltsausbildung

Wer den juristischen Tätigkeitsbereich nicht verlassen, sondern sich weiterentwickeln und spezialisieren möchte, der kann seiner beruflichen Laufbahn durch eine Fachanwaltsausbildung eine neue Wendung verleihen.

Mittlerweile gibt es 23 unterschiedliche Fachanwälte, die vom klassischen Verwaltungsrecht, über Steuerrecht, Arbeitsrecht und Familienrecht, bis hin zum eher außergewöhnlichen Informationstechnologierecht, Agrarrecht und Migrationsrecht reichen.

Nach einer theoretischen Ausbildung von mindestens 120 Stunden und einer dazugehörigen Prüfung müssen Rechtsanwält:innen eine bestimmte Anzahl von thematisch passenden Fällen bearbeiten, bevor sie den Titel des Fachanwalts tragen dürfen. Auch müssen sie sich jährlich durch Schulungen, wissenschaftliche Publikationen oder ähnliches fortbilden, um auf dem aktuellen Stand des Fachgebiets zu bleiben und die Fachkenntnis unter Beweis zu stellen. 

Ein Einblick in verschiedene Fachbereiche

6. Nicht möglich: Patentanwält:innen

Der Name täuscht: Als Jurist:in kann man leider nicht über eine Zusatzausbildung zum Patentanwalt werden. Dies können nur Absolvent:innen eines technischen oder naturwissenschaftlichen Studiums, die sich durch eine knapp dreijährige Ausbildung bei Patentanwält:innen und dem Deutschen Patent- und Markenamt und Bundespatentgericht weiterqualifizieren können.

Dennoch ist das Tätigkeitsfeld von Patentanwält:innen in weiten Teilen juristisch: Dazu zählen beispielsweise die Anmeldung von Schutzrechten, die Durchsetzung dieser Schutzrechte, die Abwehr fremder Einsprüche und Eingriffe in eigene Rechte, sowie vorbereitende Recherchen und nachträgliche Überwachungen für Schutzrechte.

Auch können Patentanwält:innen vor ausgewählten Ämtern und Gerichten zur Vertretung zugelassen werden, obwohl sie „von Haus aus“ keine Jurist:innen sind. Sie können ihre Mandanten beispielsweise vor den Deutschen Patent- und Markenamt vertreten, aber auch vor dem Bundespatentgericht, dem europäischen Patentamt oder vor der World Intellectual Property Organization, die internationale Schutzrechtsverfahren verhandelt. 
 

Viele Wege führen nach Rom. Der oder die etwas andere Jurist:in muss nur das persönliche Rom finden und anschließend den für sich richtigen Weg einschlagen. Möglichkeiten sind vielfältig und können viele unterschiedliche berufliche Wege eröffnen. Das wirklich erfreuliche: Wer sich über eine solche Zusatzausbildung weiterqualifiziert, muss auch in den beiden Examina nicht ganz so glänzend abgeschlossen haben. In den oben genannten Berufsgruppen kann man sodann mit anderen Qualifikationen glänzen.