Die Entwicklung des Jurastudiums im Zeitverlauf

Verfasst von Sebastian M. Klingenberg

Das Jurastudium im Wandel der Zeit

Wie hat sich dieses von der Antike bis zu den heutigen Studienmöglichkeiten entwickelt?

Die Auseinandersetzung mit dem Recht lässt sich bis in die frühe Antike zurückverfolgen. Eines der ersten bekannten juristischen Schriften ist der „Codex Hammurabi“ von König Hammurabi I. von Babylon im 18. Jahrhundert vor Christus. Weitere rechtliche Meilensteine in der Antike gab es mit den Gesetzesreformen Drakons und Solons rund 620 vor Christus im antiken Griechenland sowie mit dem sogenannten 12-Tafel-Gesetz um 449 vor Christus im antiken Rom.

Es war aber erst der römische Jurist Ulpian um 220 nach Christus, der eine erste Definition zur Rechtswissenschaft gab. Danach ist Rechtswissenschaft „die Kenntnis der menschlichen und göttlichen Dinge, die Wissenschaft vom Gerechten und Ungerechten“ (Domitius Ulpianus: Ulpian primo libro reg., Digesten 1,1,10,2). Dennoch gab es – zumindest in Deutschland – bis zum Ende des 14. Jahrhundert keine eigentliche juristische Ausbildung.

Das Jurastudium im Mittelalter und in der Neuzeit

Die Anfänge der weltlichen juristischen Ausbildung liegen an der Universität Bologna im 11. und 12. Jahrhundert. Das dort gelehrte römische Recht galt als so vorbildlich, dass es sich nur kurz später auch in ganz Europa ausbreitete. Doch bevor es Ende des 14. Jahrhunderts auch in Deutschland gelehrt wurde, bestand in Heidelberg und Köln die Möglichkeit eine juristische Ausbildung im Kirchenrecht zu genießen. Das Studium der Rechtswissenschaft war zu diesem Zeitpunkt jedoch noch nicht in Sachgebiete untergliedert, sondern in die einzelnen Quellen. Ein entsprechender Wandel des Jurastudiums erfolgte erst im 16. Jahrhundert.

Ein weiterer wegweisender Wandel erfolgte sodann in Preußen ab etwa 1750 mit der Einführung der dreistufigen Ausbildung. Zuvor waren die Abschlussprüfungen rein universitär, mit der Reform wurden dann der juristische Vorbereitungsdienst sowie drei Prüfungen eingeführt: Die erste Prüfung ermöglichte die Zulassung zum gehobenen Bürodienst, die zweite die Zulassung zum Referendariat und die dritte verlieh den Assessorentitel. Der Grund für diese Reform lag darin, dass das universitäre Studium nicht genügend praktische Kenntnisse zu vermitteln vermochte.

Im späten 19. und frühen 20. Jahrhundert erfolgte schließlich der Wandel zu der Juristenausbildung, wie wir sie heute im Wesentlichen kennen.

1869 wurde das Jurastudium in Preußen nochmals insoweit reformiert, als nur noch zwei Prüfungen benötigt wurden: das erste Staatsexamen war sodann die Zulassungsvoraussetzung für das Referendariat, das zweite Staatsexamen die Voraussetzung für die Richteramtsbefähigung.

Damals war für das Examen allerdings lediglich eine sechswöchige Hausarbeit zu schreiben und eine mündliche Prüfung zu bestehen. Diese Reform war es jedoch auch, die den Gutachtenstil als Methode der Falllösung einführte.

Das Jurastudium im Wandel der letzten Jahrzehnte

Die universitäre Ausbildung der Juristen ist (auch) mit der Gründung der Bundesrepublik Deutschland Sache der Länder, sodass die Studienordnungen sich in den einzelnen Bundesländern unterscheiden. Die Voraussetzungen zur Befähigung zum Richteramt sind allerdings im deutschen Richtergesetz, einem Bundesgesetz niedergeschrieben. Die Novelle vom 10.09.1971 ermöglichte es den Ländern, mit der sogenannten „Experimentierklausel“ in § 5b DRiG die Juristenausbildung einstufig zu gestalten.

Einige Bundesländer machten von dieser Möglichkeit Gebrauch. Damit wurden das Studium und der juristische Vorbereitungsdienst in einer praktischen Ausbildung von mindestens fünfeinhalb Jahren zusammengefasst. Das Hauptstudium wurde so zu einer Kombination aus universitärer Ausbildung mit praktischen Stationen bei Gerichten, der Staatsanwaltschaft sowie Körperschaften des öffentlichen Rechts. Sinn und Zweck dieser einstufigen Juristenausbildung waren die möglichst frühzeitigen Einblicke der Studierenden in die juristische Praxis.

Nach Abschluss der jeweiligen Praxisstationen hatten die Studierenden entsprechende Prüfungen abzulegen. Mit einem Teil dieser Prüfungen oder mit einer entsprechenden Zwischenprüfung konnte das erste Staatsexamen ersetzt werden. Nach weiteren ausbildungsbegleitende Leistungskontrollen und einem sechsmonatigen Schwerpunktstudium musste letztlich noch eine Examenshausarbeit geschrieben werden, bei der die Studenten das Thema jedoch selbst wählen durften, ähnlich einer Seminararbeit.

Im Anschluss dessen folgte noch eine mündliche Prüfung, bei der sie die Erkenntnisse der Hausarbeit verteidigen mussten. Mit dem Bestehen dieser Prüfung erhielt der Student das zweite Staatsexamen und wurde damit zum Richteramt befähigt, er wurde also ein sogenannter Volljurist. Diese Experimentierklausel wurde, wie der Name schon anmuten lässt, nach einer zehnjährigen Testphase im Jahr 1984 wieder aus dem DRiG gestrichen, wodurch die zweistufige Juristenausbildung wieder flächendeckend verbindlich vorgeschrieben wurde.

So gewährt das reine juristische Bachelor- beziehungsweise Masterstudium keinen Zugang zu den klassischen juristischen Berufen (Anwalt, Staatsanwalt und Richter).

In der jüngeren Vergangenheit gab es schließlich eine weitere nennenswerte Reform, die heute noch Bestand hat, nämlich die Einführung der sogenannten ersten juristischen Prüfung im Jahr 2003, die das Erste Staatsexamen abgelöst hat. Diese erste juristische Prüfung bestand nun erstmals neben dem staatlichen Examensteil (Pflichtfachprüfung, 70 % der Gesamtnote) aus einem universitären Teil (Schwerpunktbereichsprüfung, 30 % der Gesamtnote).

Deshalb konnte richtigerweise nicht weiter von einem „Staatsexamen“ mehr gesprochen werden. Wie diese Schwerpunktsbereichsprüfung aufgebaut sein muss, ist wiederum Sache der Länder und auch Sache der jeweiligen Universität. In der Regel werden eine Examensklausur und eine Examenshausarbeit geschrieben sowie eine mündliche Prüfung abgelegt. An der Johannes Gutenberg-Universität in Mainz werden hingegen anstelle der Examenshausarbeit zwei Examensklausuren im Schwerpunkt geschrieben.

Im Jahr 2012 wurde ferner eine Reform zur Vereinheitlichung des Jurastudiums angekündigt. In einem rund 200-seitigen, dreiteiligen Bericht wurden unter anderem umfangreiche Reformen hinsichtlich des Examenspflichtstoffs in beiden Staatsexamen und des universitären Schwerpunktsbereichs, sowie weitere kleinere Reformen angekündigt. Bis Herbst 2017 sollen zu den aktuellen Plänen etwaige Kritik und Anregungen aus Lehre und Praxis berücksichtigt werden. Wann und in welchem Umfang diese Reform schließlich umgesetzt wird, bleibt somit vorerst offen.

Der klassische Ausbildungsweg, also das Studium an der Universität mit der ersten juristischen Prüfung, ist seit dem sogenannten Bologna-Prozess nicht mehr der einzige juristische Studiengang. Nunmehr besteht auch die Möglichkeit einen Bachelor of Laws (LL.B.) und Master of Laws (LL.M.) zu erlangen.

Dieses Bologna-Modell dient maßgeblich der Harmonisierung und Internationalisierung des europäischen Hochschulraumes und geht mittlerweile weit über die EU-Mitgliedsstaaten hinaus.

Die Hauptziele sind insbesondere die Förderung der Mobilität in räumlicher wie in kultureller Hinsicht, die Qualitätskontrolle sowie die interne engere Verzahnung des europäischen Hochschulraums. Dieses Modell ist deshalb interdisziplinär geprägt, weswegen der juristische Pflichtteil eines Bachelorstudiengangs im Wesentlichen dem juristischen Grundstudium auf Staatsexamen entspricht. Damit bietet das Bologna-Modell nicht nur neue Möglichkeiten für die Juristenausbildung, sondern bringt auch erhebliche Einschränkungen mit sich.

So gewährt das reine juristische Bachelor- beziehungsweise Masterstudium keinen Zugang zu den klassischen juristischen Berufen (Anwalt, Staatsanwalt und Richter). Dennoch stehen dem Bachelor- beziehungsweise Master-Absolventen alle juristischen Berufsfelder offen, die auch einem Rechtsreferendar offen stehen, etwa Wirtschaftsprüfung, Rechtsprüfung, Rechtsberatung, Steuerberatung oder eine Tätigkeit als Verwaltungsbeamter. Als Master of Laws besteht ferner die Möglichkeit einer Promotion.

Darüber hinaus kann sich der Bachelor beziehungsweise Master-Student alle Studienleistungen, die mit denen im Studiengang Rechtswissenschaft mit Staatsexamen vergleichbar sind, anrechnen lassen. Dies gilt also maßgeblich für die Grundveranstaltungen im Zivilrecht (etwa BGB AT, Schuldrecht, Sachenrecht), im Öffentlichen Recht (etwa Staatsorganisationsrecht, Grundrechte, Verwaltungsrecht AT) sowie im Strafrecht.

Letztlich steht dem jurainteressierten Studenten die Möglichkeit offen, an der FernUniversität in Hagen, die erste juristische Prüfung abzulegen, mit der er selbstverständlich ebenso den juristischen Vorbereitungsdienst antreten darf.
 

Recht und Rechtswissenschaft haben seit der frühen beziehungsweise späten Antike einen großen Wandel erfahren. Das Jurastudium an sich wurde allerdings erst im Mittelalter eingeführt. Seit 1869 entspricht das Studium dem uns gewohnten Ablauf. Dennoch gab es gerade in der jüngeren Vergangenheit einige wesentliche Wandlungen, sei es das auf zehn Jahre beschränkte und experimentelle einstufige Jurastudium, das Bologna-Modell, die Möglichkeit an der FernUniversität zu studieren oder die aktuell sich im Gange befindliche Reform zur Vereinheitlichung des Jurastudiums.

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