LL.M.- als Jurastudent nach Afrika - Erfahrungsbericht

Verfasst von Carolina Harbs

LL.M. in Südafrika – Ein Jahr Urlaub?

Warum jeder seinen Master of Laws in Kapstadt absolvieren sollte...

Als ich das erste Mal im Taxi vom Flughafen nach Kapstadt saß konnte ich mein Glück kaum fassen. Der Blick über die Bucht mit dem glitzernden, azurblauen Wasser und der warme Fahrtwind der durch das offene Autofenster strich, hießen mich auf eine Weise in der Stadt willkommen die sinnbildlich für das kommende Jahr sein sollten.

Als sich mein Jurastudium dem Ende neigte, war für mich klar, dass ich nicht direkt mit dem Referendariat beginnen will. Der Stress des Examens steckte mir noch in den Knochen und der Wunsch nach einem Tapetenwechsel war immens.

Da der LL.M. nebst der Eigenschaft als angesehener akademischer Titel auch die Möglichkeit eines Auslandsaufenthaltes mit sich bringt, war diese Option wie geschaffen für meine Situation. Dass es mich dabei an das andere Ende der Welt verschlug, sollte sich als die beste Entscheidung meines Lebens herausstellen.

Warum Kapstadt?

Dass Kapstadt eine Traumdestination ist, ist schon lange kein Geheimnis mehr. Das angenehme Klima, die unzähligen Freizeitaktivitäten, die atemberaubende Natur, die exzellente Restaurantkultur, das spannende Nachtleben, die Offenheit der Menschen und die Vielfältigkeit der Kulturen machen diese Stadt einzigartig. Kapstadt bietet unzählige Wanderwege durch traumhafte Landschaften, malerische Strände und Surfspots für jeden Schwierigkeitsgrad.  

Die zahlreichen Weinfarmen im Umland locken mit Wine-Tastings für wenig Geld. Die Stadt bietet eine riesige Kunst- und Musikszene, was sich in zahlreichen Festivals und Ausstellungen wiederspiegelt. So verwundert es nicht, dass den LL.M. Absolventen hier der Ruf vorauseilt primär auf ein entspanntes Leben aus zu sein.
 

Hervorragendes akademisches Angebot

Neben umfangreicher Quality-Time hat der LL.M. in Südafrika jedoch auch akademisch viel zu bieten. Wer zwischen Bergen und Ozean studieren will, hat die Wahl zwischen der Stellenbosch University und der University of Cape Town. Beide Universitäten genießen einen hervorragenden internationalen Ruf und bieten die besten juristischen Fakultäten des afrikanischen Kontinents. Während Stellenbosch eine pittoreske Kleinstadt umringt von malerischen Weingütern ist, findet man in Kapstadt eine pulsierende Großstadt am Meer.

Mich zog es in die Großstadt, meine Wahl fiel deshalb auf die UCT. Als LL.M.-Student hat man hier die Möglichkeit entweder eine der zahlreichen Spezialisierungen, wie z.B. Intellectual Property, Human Rights oder Dispute Resolution auszuwählen oder aber sich innerhalb des General LL.M. seine Kurse bunt selbst zusammenzustellen. Die juristische Fachbibliothek ist sehr gut ausgestattet und verfügt über einen ausgezeichneten Service. 

Darüber hinaus bietet die Law School viele weitere Möglichkeiten sich juristisch auszutoben: Von Moot Courts über Vorträgen zu aktuellen Rechtsfragen bis hin zu Law Clinics ist für jeden etwas dabei. Das Studium selbst unterscheidet sich sehr zu dem was wir aus Deutschland gewohnt sind. Die Konzeption bietet sehr viel Freiraum hinsichtlich des Forschungsschwerpunktes, dies erfordert deshalb aber auch viel Eigeninitiative.

Insgesamt sollte man den Arbeitsaufwand nicht unterschätzen. Das Lesepensum während des Semesters ist hoch, hinzu kommen diverse semesterbegleitende Hausarbeiten und Klausuren. Traditionell nach juristischem System werden auch hier keine Noten verschenkt.

Insgesamt habe ich das Unileben aber dennoch sehr genossen. Die UCT hat einen malerisch schönen Campus und einen sehr internationalen und offenen Flair. In den Vorlesungen saß ich mit Studenten aus Südafrika, Deutschland, den USA, Namibia, Frankreich, Botswana und vielen anderen Ländern.

Keine heile Welt

Bei all den genannten Vorzügen darf man jedoch seine Augen nicht davor verschließen, dass sie nur einen Teil der südafrikanischen Realität darstellen. Tatsächlich in Kapstadt zu leben anstelle hier nur Urlaub zu machen, führte mir immer wieder vor Augen, was für ein privilegiertes Leben wir in Europa führen.

Südafrikas Demokratie ist noch sehr jung und die Folgen der Apartheid sind noch deutlich spürbar. Die Schere zwischen Arm und Reich ist sehr groß und die soziale Ungerechtigkeit Dauerthema. An der Uni merkten wir dies drastisch, als Studentenproteste um Studiengebühren eskalierten und den Universitätsablauf lahmlegten.

Vorlesungen wurden mehrfach gestört, Bibliotheken wurden geschlossen und Klausuren wurden nach Unterbrechungen verschoben. Die Kriminalitätsrate ist sehr hoch, nach einer Party nachts allein nach Hause zu laufen ist hier unvorstellbar. Dass in Bars Handys gestohlen werden ist eher die Regel als die Ausnahme.

Auch Raubüberfälle sind an der Tagesordnung, wovon ich hier schneller Zeugin werden durfte als mir lieb war. Kapstadt wächst sehr schnell und die Stadtverwaltung kommt mit dem Aufbau einer angemessenen Infrastruktur nur langsam hinterher. Im Hochsommer wurde dies besonders dramatisch, als wir aufgrund einer Dürre in eine Wasserkrise gerieten und für lange Zeit nicht klar war ob ab einem gewissen Punkt das Leitungswasser abgedreht wird. Abschrecken lassen sollte man sich von diesen Bedingungen jedoch nicht.

Meiner Ansicht nach führt eine solche Umgebung vielmehr zu einer erhöhten Anpassungsfähigkeit und Flexibilität und unterstützt die Entwicklung von Bewältigungsmechanismen, welche die gewohnte Umgebung möglicherweise nicht hervorgebracht hätte. Darüber hinaus entwickelte ich ein deutlich stärkeres Bewusstsein und eine erhöhte Dankbarkeit für die Privilegien, die wir in Europa für selbstverständlich halten.
 

How much?

Die Kosten für den LL.M. in Südafrika können sich international durchaus sehen lassen. Während ein LL.M. natürlich immer teuer ist, halten sich die Studiengebühren hier mit durchschnittlich 6.000 € deutlich unter dem, was man in den USA, Australien oder sogar Europa zahlen würde.

Die Lebenshaltungskosten in Kapstadt sind etwas niedriger als in Deutschland, für ein WG-Zimmer zahlt man allerdings auch hier zwischen 300 € und 400 €. Wer zusätzliche Reisen durch Südafrika oder die Nachbarländer plant, was unbedingt empfehlenswert ist, sollte die Kosten hierfür entsprechend einplanen. Inlandsflüge sind günstig und wer in der Nebensaison reist kann traumhafte Unterkünfte für wenig Geld finden.

Die UCT hat einen malerisch schönen Campus und einen sehr internationalen und offenen Flair.

Der frühe Vogel…

Wer sich ernsthaft für einen LL.M. in Kapstadt interessiert, sollte den Planungsaufwand nicht unterschätzen. Die Bewerbungsfrist der Uni endet im August und die erforderlichen Dokumente sind umfangreich.

Während man das Examenszeugnis auch nachreichen kann, ist ein zertifizierter Sprachtest zwingend erforderlich, sowie ein Motivationsschreiben und eine umfangreiche Aufstellung aller bisherige Noten.

Für das Visum müssen neben unzähligen anderen Dokumenten diverse ärztliche Atteste eingeholt und gestempelte Kontoauszüge beantragt werden. Da es bis zu acht Wochen dauern kann bis das Visum ausgestellt ist, muss man sich rechtzeitig vor Einreise darum kümmern. Doch so groß einem der Vorbereitungsaufwand für einen LL.M. am Ende des Tages auch vorkommen mag, er ist jede Minute wert.
 

Den LL.M. in Südafrika kann ich jedem nur wärmstens ans Herz legen. Wer gerne Auslandserfahrung sammeln möchte, sein Englisch aufpolieren will und neben einem hohen akademischen Niveau eine gewisse Lebensqualität nicht missen will, ist hier genau richtig aufgehoben. Nach dem Stress der Examenszeit war das Jahr hier wie Balsam für die Seele,  trotz der Einschränkungen und Umstellungen die dieses Land mit sich bringt. Nirgendwo sonst habe ich so viele weltoffene und entspannte Menschen auf einmal kennengelernt. Die Freundschaften, die ich hier geschlossen habe, sind ohne Zweifel ganz Besondere. Die Zeit in Kapstadt wird für immer zu den schönsten meines Lebens zählen.

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