Juristin im Büro während eines Video Calls mit ihrem Handy

Veröffentlicht am 13.08.2025

Mid-Career-Wechsel als Jurist:in

Du spielst mit dem Gedanken an einen Karrierewechsel? Das solltest du beachten

Nach einigen Jahren im Beruf merken viele Jurist:innen: Die bisherige Rolle passt nicht mehr. Manchmal lockt der Schritt aus der Kanzlei ins Unternehmen, ein neuer Rechtsbereich oder sogar ein ganz anderes Berufsfeld. Doch wohin wechseln – und zu welchen Bedingungen? Von Inhouse-Jobs mit mehr Gestaltungsspielraum über spezialisierte Kanzleipositionen bis hin zu Legal Tech, Politik, Journalismus oder Publishing: Die Möglichkeiten sind vielfältig. Wer die eigenen Ziele, Stärken und Prioritäten klar definiert, kann den Wechsel gezielt nutzen – und aus einem vermeintlichen Risiko einen Karriereschritt mit echter Strahlkraft machen.

Warum spüre ich nach vielen Jahren im Job den Wunsch nach Veränderung?

5 bis 15 Jahre Berufserfahrung klingen in erster Linie nach einer tollen Karriere, viel Durchhaltevermögen und Ehrgeiz. Doch gerade in dieser Phase kommt bei vielen Jurist:innen das Bedürfnis nach Veränderung auf. Häufige Auslöser können der Wunsch nach besserer Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben, Unzufriedenheit mit der Unternehmenskultur oder ein neu entdecktes Interesse an anderen juristischen oder sogar außer-juristischen Bereichen sein. Zudem verliert die Vorstellung einer linearen Karriere mit klaren Stationen und Titeln in der heutigen Zeit mehr und mehr an Relevanz. Karriere beschreibt sich nicht mehr durch „immer höher“, sondern dadurch, wie passend, erfüllend und sinnstiftend der Job ist.

Natürlich gehen mit einem juristischen Jobwechsel auch immer Unsicherheiten einher. Inwiefern wirkt sich der neue Job auf deinen Karriereverlauf aus? Wie steht es um das Gehalt? Diese und viele weitere Fragen sind legitim und zeigen, dass es beim Jobwechsel auf eine ganze Reihe an Überlegungen ankommt.


Wechselspiel der juristischen Möglichkeiten

Nach mehreren Jahren im Beruf kommt für viele Jurist:innen der Punkt, an dem die bisherige Rolle nicht mehr passt, sei es in fachlicher, persönlicher oder struktureller Hinsicht. In dieser Phase lohnt sich ein genauer Blick auf die Alternativen, die oft über das Offensichtliche hinausgehen.

Ein häufig gewählter Weg führt aus der Kanzlei in die Unternehmenswelt. Die Vorteile dafür liegen auf der Hand: Die Rolle als Inhouse Jurist:in verspricht oft mehr Nähe zum operativen Geschäft, planbare Arbeitszeiten und insgesamt eine bessere Balance zwischen Arbeit und Privatleben. Gerade wer zuvor im umsatzgetriebenen Kanzleialltag gearbeitet hat, kann diesen Schritt als willkommene Entlastung empfinden. Gleichzeitig bedeutet er aber auch einen Perspektivwechsel: Weg vom Mandanten, hin zur internen Beratung. Wer hier erfolgreich sein will, muss nicht nur juristisch denken, sondern auch wirtschaftlich handeln.

Ein solcher Wechsel will gut überlegt sein, denn er kann mit spürbaren Veränderungen einhergehen, insbesondere im Hinblick auf äußere Wahrnehmung und finanzielle Rahmenbedingungen. Während eine Position in einer etablierten Kanzlei oft mit hohem Renommee, klaren Karrierepfaden und einem gewissen Status verbunden ist, genießt die Inhouse-Rolle in vielen Branchen (noch) nicht denselben Prestigegrad. Zudem fällt die Gehaltsstruktur im Unternehmensumfeld (zumindest zu Beginn) nicht selten etwas flacher aus. Wer diesen Weg einschlägt, entscheidet sich also bewusst für andere Prioritäten, nämlich mehr Gestaltungsfreiheit im Alltag, stärkere Einbindung in strategische Prozesse und verlässlichere Arbeitszeiten. Diese Vorteile wiegen mögliche Einbußen nicht selten auf. Wichtig bleibt natürlich dennoch, dass man den Wechsel nicht nur fachlich, sondern auch persönlich gut vorbereitet hat, wie beispielsweise ein strategisch geplanter Lateral Entry als Jurist:in.

Weniger verbreitet, aber keineswegs ausgeschlossen, ist die entgegengesetzte Richtung: der Weg vom Unternehmen in die Kanzlei. Besonders attraktiv erscheint dieser Schritt, wenn es um fachliche Tiefe und Spezialisierung geht. Wer etwa in einem Unternehmen zuvor eher als Allrounder:in tätig war, kann sich in einer Kanzlei gezielt in einer Nische, etwa im Vergaberecht, Kartellrecht oder IP, positionieren. Dieser Wechsel bringt allerdings auch eine veränderte Erwartungshaltung mit sich. Denn die Taktung in Kanzleien ist meist deutlich höher, was bedeutet, dass Projekte schneller abgeschlossen, Fristen enger gestaltet und Reaktionszeiten kürzer sein können. Hinzu kommt ein verstärkter Konkurrenzdruck, sowohl intern zwischen Kolleg:innen als auch extern im Mandatsgeschäft. Zudem gelten in vielen Kanzleien klare Vorgaben hinsichtlich Umsatz- und Akquiseleistungen, die regelmäßig überprüft und messbar gemacht werden. Das kann herausfordernd sein, bietet aber auch klare Spielregeln und die Chance, durch Leistung sichtbar voranzukommen.
 

Wechsel in einen neuen juristischen Schwerpunkt

Solltest Du feststellen, dass das aktuelle Fachgebiet nicht mehr zu Deinen eigenen Interessen oder Zukunftsplänen passt, kannst Du dich innerhalb desselben Berufs, aber in einem neuen Schwerpunkt neu ausrichten. So entscheiden sich manche Volljurist:innen für einen Wechsel von der Transaktionspraxis hin zu regulierten Bereichen wie Datenschutz oder Arbeitsrecht, je nachdem, ob sie sich eher als Spezialist:in oder Generalist:in verstehen und positionieren möchten.

Solche Schritte erfordern Mut, Lernbereitschaft und oftmals auch gezielte Fortbildungen. Gleichzeitig eröffnen sie neue berufliche Perspektiven und nicht zuletzt das Kennenlernen neuer Kolleg:innen.

Manche Jurist:innen gehen sogar noch einen Schritt weiter und orientieren sich vollständig neu, nicht nur innerhalb des juristischen Systems, sondern darüber hinaus. Hier geht es nicht mehr um die Frage: „Welches Rechtsgebiet passt besser zu mir?“, sondern um die grundsätzliche Entscheidung, das vertraute Terrain ganz zu verlassen. Statt Paragraphen und Akten rücken dann Themen wie technologische Innovation, gesellschaftliche Gestaltung oder kommunikative Vermittlung in den Vordergrund. Das juristische Studium schafft hier eine breite Basis, denn Legal Tech, Verbandsarbeit, Politik oder journalistische Tätigkeiten sind denkbare Optionen, für die den ausgebildeten Jurist:innen ein gutes Fundament gelegt worden ist. Wenn Du diesen Weg gehst, verzichtest Du mitunter auf das hohe Gehaltsniveau oder die gewohnte Sicherheit, gewinnst dafür aber oft an Sinnbezug der eigenen Arbeit, Selbstbestimmung und kreativer Freiheit.
 

Welche Spezialisierungen sind gerade im Trend?

Kaum ein Berufsfeld ist so stark von Wandel und Aktualität geprägt wie der juristische Bereich. Für Mid-Career-Jurist:innen, mit Interesse an neuen Rechtsgebieten, kann es sich daher lohnen, in zukunftsträchtige Bereiche zu investieren. Einige dieser Bereiche haben wir im Folgenden für dich zusammengestellt:

  • Compliance
  • Datenschutz und IT-Recht
  • Umwelt- und Nachhaltigkeitsrecht (ESG)
  • Legal Tech bzw. die Automatisierung juristischer Prozesse

Diese Felder stehen nicht nur für stabile Karrierechancen, sondern auch für die Möglichkeit, aktiv an der Gestaltung neuer Standards mitzuwirken, sei es durch technische Innovation, regulatorische Beratung oder strategische Unternehmensbegleitung. Wenn Du offen bist für neue Themenfelder und bereit bist, gewohnte Pfade zu verlassen, hast Du hier die Chance, dich klar vom Markt abzuheben.

Doch nicht jede Neuorientierung muss sich direkt auf ein anderes Rechtsgebiet beschränken. Manche Jurist:innen spüren den Wunsch nach einem umfassenderen Tapetenwechsel, verbunden mit Verlassen der klassischen juristischen Laufbahn und Einsteigen in ein neues berufliches Umfeld.

Du willst die Weichen deiner juristischen Karriere neu stellen?

Berufliche Neuorientierung im juristischen Bereich – welche Möglichkeiten gibt es?

Mit deinem juristischen Background eröffnen sich auch jenseits der klassischen Berufe spannende Wege – gerade in der Mid-Career-Phase. Bist Du offen für interdisziplinäre Arbeit, Kommunikation oder strategische Rollen, dann findest Du attraktive Alternativen zur klassischen juristischen Laufbahn.

So könntest Du zum Beispiel im Bereich Legal Tech eine Rolle übernehmen, in der Du als Schnittstelle zwischen Recht und Technologie agierst. Du könntest beispielsweise bei der Entwicklung digitaler Tools zur Vertragsautomatisierung oder rechtlichen Analyse mitwirken. Alternativ bietet die Arbeit in der Politik oder Verbandswelt die Möglichkeit, nicht nur juristisch zu beraten, sondern in Form einer Interessenvertretung, Gesetzesbegleitung oder politischen Kommunikation aktiv mitzugestalten. Wenn Du deine Stärken eher im Schreiben, Analysieren und Vermitteln komplexer Inhalte siehst, könntest Du im Journalismus oder Publishing Fuß fassen, zum Beispiel als Fachredakteur:in oder Kolumnist:in mit juristischem Hintergrund.

Auch in HR-Abteilungen oder Legal Operations ergeben sich spannende Perspektiven, insbesondere für Jurist:innen, die gerne strategisch denken, Prozesse verbessern und als kommunikative Schnittstelle zwischen Fachbereichen fungieren möchten.

Wichtig bleibt bei allem, dass die neue Rolle zu dir passt. Um das herauszufinden, solltest Du dir ausreichend Zeit für Selbstreflexion nehmen und dir gut überlegen, wo sowohl fachlich als auch persönlich Deine Stärken liegen.

Was es bei einem Karrierewechsel zu beachten gilt

Wenn Du als Volljurist:in Karriere machen willst, solltest Du den möglichen Wechsel nicht als Bruch, sondern als bewussten Entwicklungsschritt betrachten. Es geht nicht darum, etwas hinter dir zu lassen, sondern darum, fachlich, persönlich und strategisch neue Potenziale zu erschließen. Der erste wichtige Schritt dabei ist die ehrliche Bestandsaufnahme. Frage dich daher: Welche Fähigkeiten bringe ich mit, die über meine derzeitige Position hinausgehen? Oft sind es gerade die sogenannten „Transferable Skills“, also Kompetenzen wie Verhandlungsgeschick, strukturiertes Denken oder Kommunikationsstärke, die in unterschiedlichen Branchen, auch außerhalb des juristischen Kerns, gefragt sind.

Wichtig ist ebenfalls die Frage nach deinem Antrieb. Geht es dir vor allem um eine höhere Vergütung, einen höheren Sinngehalt in der täglichen Arbeit oder ein besseres Verhältnis zwischen Berufs- und Privatleben? Nur wenn Du deine Ziele klar kennst, kannst du fundierte Entscheidungen treffen.

Zudem solltest Du einen Realitätscheck machen. Frage dich, wo deine Erfahrungen gefragt sind und wo gerade echtes Potenzial für den nächsten Karriereschritt entsteht. Eventuell findest du auch neue Rollenprofile, in denen gerade deine Erfahrung echten Mehrwert bietet. Der Blick über den Tellerrand hinaus lohnt sich. Und zwar nicht nur zur Orientierung, sondern auch zur realistischen Einschätzung der eigenen Position.

Auch ein Gedankenspiel zur langfristigen Perspektive kann hilfreich sein. Frage dich, wo du in fünf oder zehn Jahren stehen möchtest. Siehst du dich zu diesem Zeitpunkt in einer Führungsposition in einem Unternehmen oder eher als auf einen Fachbereich spezialisierte:r Berater:in? Vielleicht kannst du dir auch ein ganz neues Arbeitsfeld vorstellen? Ein derartiger Perspektivwechsel kann Klarheit bringen, vor allem in Momenten, in denen deine nächste, womöglich weitreichende Entscheidung noch nicht eindeutig feststeht.

Oftmals ist es die Unsicherheit vor den weitreichenden Folgen eines Mid-Career-Wechsels, die einen solchen Schritt letztendlich verhindern. Im Vordergrund steht hier oft die Befürchtung, der eigene Werdegang oder Lebenslauf könnte durch den Wechsel instabil oder uneinheitlich wirken oder Zweifel an der eigenen Zielstrebigkeit wecken. Doch das Gegenteil ist oft der Fall. Ein nachvollziehbarer, gut kommunizierter Wechsel zeigt strategisches Denken, persönliche Reife und Mut zur Veränderung. Wichtig dabei ist, dass der rote Faden erkennbar bleibt und Du deinen Wechsel im Zweifel gut begründen kannst. Du solltest erklären können, warum Du dich für den neuen Weg entschieden hast, welche Deiner Stärken Du nun einbringen möchtest und was Du in der neuen Rolle gezielt lernen oder aufbauen willst.

Wenn Du diese Punkte im Blick behältst und Deinen Mid-Career-Wechsel inhaltlich stimmig begründen kannst, wird er nicht zur Schwachstelle, sondern zu einem echten Highlight in deinem Karriereprofil. In vielen Fällen kann genau dieser Schritt als Karriere-Booster wirken. Entscheidend ist, wie du ihn für dich selbst und für andere einordnest.
 

Auswirkungen des Mid-Career-Wechsels auf Gehalt und Karrierechancen

Natürlich kann jeder Jobwechsel kurzfristig mit Stagnation oder sogar Einbußen beim Gehalt einhergehen. Gut geplant und ausgeführt kann er aber langfristig neue Entwicklungschancen eröffnen, die dir auf lange Sicht einen höheren Mehrwert bringen als der vermeintlich sicherere und bequemere Stillstand.

Besonders deutlich zeigt sich das in Inhouse-Positionen. Wer sich dort gut in die Unternehmensstruktur einfügt und nicht nur juristisch, sondern auch strategisch denkt, kann gezielt in Führungsrollen hineinwachsen und einen Weg gehen, den viele Jurist:innen im Sinne eines modernen Legal Leadership bewusst einschlagen. Die klassischen Karriereleitern sind hier zwar weniger nach außen sichtbar, aber oft nachhaltiger und individueller gestaltbar.

Auch wenn der finanzielle Aufstieg nicht immer sofort eintritt, lohnt sich der Blick aufs große Ganze. Der Gehälterüberblick für Jurist:innen bietet eine gute Orientierung, wie sich Einkommen in verschiedenen Sektoren und Karrierestufen entwickeln können.
 

Was hilft bei Deiner Entscheidungsfindung?
 

  • Reflexionsfragen: Nimm dir bewusst Zeit, um herauszufinden, was dich im aktuellen Job wirklich belastet. Ist es das juristische Fachgebiet, die Unternehmenskultur, der Führungsstil oder das Fehlen von Entwicklungsmöglichkeiten? Klarheit darüber ist die Grundlage für jede fundierte Entscheidung.
  • Informationsgespräche: Tausche dich mit Bekannten/Kolleg:innen aus, die bereits den Wechsel gewagt haben. Egal ob von der Kanzlei ins Unternehmen, in einen neuen Rechtsbereich oder ganz aus der Juristerei heraus, ihre Erfahrungen können dir wertvolle Einblicke geben und helfen, realistische Erwartungen zu entwickeln.
  • Coaching: Professionelle Begleitung von außen bringt oft neue Perspektiven. Ein Coach oder eine Karriereberater:in unterstützt dich dabei, blinde Flecken zu erkennen, Muster zu hinterfragen und konkrete nächste Schritte zu definieren.
     

Mid-Career-Wechsel als Karrierechance, nicht als Risiko
 

Ein Mid-Career-Wechsel ist kein Zeichen von Unentschlossenheit, sondern ein Ausdruck von Selbstkenntnis und Mut. Die juristische Karriere ist heute kein starres Korsett mehr. Mit der richtigen Vorbereitung wird aus dem Wechsel kein Risiko, sondern eine konkrete Chance auf mehr fachliche Tiefe, Selbstbestimmung und Zufriedenheit im Beruf.


Drei häufige Fragen rund um einen Mid-Career Wechsel als Jurist:in

Soll ich als Jurist:in nach 10 Jahren noch den Job wechseln?

Das solltest Du definitiv, wenn der aktuelle Job nicht mehr zu Deinen Zielen, Werten oder Lebensumständen passt. Ein Mid-Career-Wechsel kann neue Perspektiven eröffnen und Deine Karriere sogar neu definieren.


Welche Spezialisierungen lohnen sich für Jurist:innen besonders?

Datenschutz, Legal Tech, Compliance und ESG gelten derzeit als besonders wachstumsstark und zukunftsträchtig.


Wie erkläre ich einen Wechsel im CV?

Sei transparent und gehe strategisch vor. Zeige auf, was Du durch den Wechsel lernen willst und wie Du das neue Umfeld nutzen möchtest, um Deine Stärken weiterzuentwickeln.