Warum spüre ich nach vielen Jahren im Job den Wunsch nach Veränderung?
5 bis 15 Jahre Berufserfahrung klingen in erster Linie nach einer tollen Karriere, viel Durchhaltevermögen und Ehrgeiz. Doch gerade in dieser Phase kommt bei vielen Jurist:innen das Bedürfnis nach Veränderung auf. Häufige Auslöser können der Wunsch nach besserer Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben, Unzufriedenheit mit der Unternehmenskultur oder ein neu entdecktes Interesse an anderen juristischen oder sogar außer-juristischen Bereichen sein. Zudem verliert die Vorstellung einer linearen Karriere mit klaren Stationen und Titeln in der heutigen Zeit mehr und mehr an Relevanz. Karriere beschreibt sich nicht mehr durch „immer höher“, sondern dadurch, wie passend, erfüllend und sinnstiftend der Job ist.
Natürlich gehen mit einem juristischen Jobwechsel auch immer Unsicherheiten einher. Inwiefern wirkt sich der neue Job auf deinen Karriereverlauf aus? Wie steht es um das Gehalt? Diese und viele weitere Fragen sind legitim und zeigen, dass es beim Jobwechsel auf eine ganze Reihe an Überlegungen ankommt.
Wechselspiel der juristischen Möglichkeiten
Nach mehreren Jahren im Beruf kommt für viele Jurist:innen der Punkt, an dem die bisherige Rolle nicht mehr passt, sei es in fachlicher, persönlicher oder struktureller Hinsicht. In dieser Phase lohnt sich ein genauer Blick auf die Alternativen, die oft über das Offensichtliche hinausgehen.
Ein häufig gewählter Weg führt aus der Kanzlei in die Unternehmenswelt. Die Vorteile dafür liegen auf der Hand: Die Rolle als Inhouse Jurist:in verspricht oft mehr Nähe zum operativen Geschäft, planbare Arbeitszeiten und insgesamt eine bessere Balance zwischen Arbeit und Privatleben. Gerade wer zuvor im umsatzgetriebenen Kanzleialltag gearbeitet hat, kann diesen Schritt als willkommene Entlastung empfinden. Gleichzeitig bedeutet er aber auch einen Perspektivwechsel: Weg vom Mandanten, hin zur internen Beratung. Wer hier erfolgreich sein will, muss nicht nur juristisch denken, sondern auch wirtschaftlich handeln.
Ein solcher Wechsel will gut überlegt sein, denn er kann mit spürbaren Veränderungen einhergehen, insbesondere im Hinblick auf äußere Wahrnehmung und finanzielle Rahmenbedingungen. Während eine Position in einer etablierten Kanzlei oft mit hohem Renommee, klaren Karrierepfaden und einem gewissen Status verbunden ist, genießt die Inhouse-Rolle in vielen Branchen (noch) nicht denselben Prestigegrad. Zudem fällt die Gehaltsstruktur im Unternehmensumfeld (zumindest zu Beginn) nicht selten etwas flacher aus. Wer diesen Weg einschlägt, entscheidet sich also bewusst für andere Prioritäten, nämlich mehr Gestaltungsfreiheit im Alltag, stärkere Einbindung in strategische Prozesse und verlässlichere Arbeitszeiten. Diese Vorteile wiegen mögliche Einbußen nicht selten auf. Wichtig bleibt natürlich dennoch, dass man den Wechsel nicht nur fachlich, sondern auch persönlich gut vorbereitet hat, wie beispielsweise ein strategisch geplanter Lateral Entry als Jurist:in.
Weniger verbreitet, aber keineswegs ausgeschlossen, ist die entgegengesetzte Richtung: der Weg vom Unternehmen in die Kanzlei. Besonders attraktiv erscheint dieser Schritt, wenn es um fachliche Tiefe und Spezialisierung geht. Wer etwa in einem Unternehmen zuvor eher als Allrounder:in tätig war, kann sich in einer Kanzlei gezielt in einer Nische, etwa im Vergaberecht, Kartellrecht oder IP, positionieren. Dieser Wechsel bringt allerdings auch eine veränderte Erwartungshaltung mit sich. Denn die Taktung in Kanzleien ist meist deutlich höher, was bedeutet, dass Projekte schneller abgeschlossen, Fristen enger gestaltet und Reaktionszeiten kürzer sein können. Hinzu kommt ein verstärkter Konkurrenzdruck, sowohl intern zwischen Kolleg:innen als auch extern im Mandatsgeschäft. Zudem gelten in vielen Kanzleien klare Vorgaben hinsichtlich Umsatz- und Akquiseleistungen, die regelmäßig überprüft und messbar gemacht werden. Das kann herausfordernd sein, bietet aber auch klare Spielregeln und die Chance, durch Leistung sichtbar voranzukommen.
Wechsel in einen neuen juristischen Schwerpunkt
Solltest Du feststellen, dass das aktuelle Fachgebiet nicht mehr zu Deinen eigenen Interessen oder Zukunftsplänen passt, kannst Du dich innerhalb desselben Berufs, aber in einem neuen Schwerpunkt neu ausrichten. So entscheiden sich manche Volljurist:innen für einen Wechsel von der Transaktionspraxis hin zu regulierten Bereichen wie Datenschutz oder Arbeitsrecht, je nachdem, ob sie sich eher als Spezialist:in oder Generalist:in verstehen und positionieren möchten.
Solche Schritte erfordern Mut, Lernbereitschaft und oftmals auch gezielte Fortbildungen. Gleichzeitig eröffnen sie neue berufliche Perspektiven und nicht zuletzt das Kennenlernen neuer Kolleg:innen.
Manche Jurist:innen gehen sogar noch einen Schritt weiter und orientieren sich vollständig neu, nicht nur innerhalb des juristischen Systems, sondern darüber hinaus. Hier geht es nicht mehr um die Frage: „Welches Rechtsgebiet passt besser zu mir?“, sondern um die grundsätzliche Entscheidung, das vertraute Terrain ganz zu verlassen. Statt Paragraphen und Akten rücken dann Themen wie technologische Innovation, gesellschaftliche Gestaltung oder kommunikative Vermittlung in den Vordergrund. Das juristische Studium schafft hier eine breite Basis, denn Legal Tech, Verbandsarbeit, Politik oder journalistische Tätigkeiten sind denkbare Optionen, für die den ausgebildeten Jurist:innen ein gutes Fundament gelegt worden ist. Wenn Du diesen Weg gehst, verzichtest Du mitunter auf das hohe Gehaltsniveau oder die gewohnte Sicherheit, gewinnst dafür aber oft an Sinnbezug der eigenen Arbeit, Selbstbestimmung und kreativer Freiheit.
Welche Spezialisierungen sind gerade im Trend?
Kaum ein Berufsfeld ist so stark von Wandel und Aktualität geprägt wie der juristische Bereich. Für Mid-Career-Jurist:innen, mit Interesse an neuen Rechtsgebieten, kann es sich daher lohnen, in zukunftsträchtige Bereiche zu investieren. Einige dieser Bereiche haben wir im Folgenden für dich zusammengestellt:
- Compliance
- Datenschutz und IT-Recht
- Umwelt- und Nachhaltigkeitsrecht (ESG)
- Legal Tech bzw. die Automatisierung juristischer Prozesse
Diese Felder stehen nicht nur für stabile Karrierechancen, sondern auch für die Möglichkeit, aktiv an der Gestaltung neuer Standards mitzuwirken, sei es durch technische Innovation, regulatorische Beratung oder strategische Unternehmensbegleitung. Wenn Du offen bist für neue Themenfelder und bereit bist, gewohnte Pfade zu verlassen, hast Du hier die Chance, dich klar vom Markt abzuheben.
Doch nicht jede Neuorientierung muss sich direkt auf ein anderes Rechtsgebiet beschränken. Manche Jurist:innen spüren den Wunsch nach einem umfassenderen Tapetenwechsel, verbunden mit Verlassen der klassischen juristischen Laufbahn und Einsteigen in ein neues berufliches Umfeld.