Als Jurist im Bereich Wirtschaftsrecht arbeiten - Überblick

Verfasst von Finn Holzky

Der "Wirtschaftsrechtler"

Rundumblick: Ausbildungswege, Jobs, Aufgaben, Bedarf & Gehalt...

Hört man sich unter Jurastudenten um, so plant ein Großteil später in der freien Wirtschaft tätig zu sein und man hört nicht selten, dass irgendwas mit Wirtschaftsrecht geplant sei. Doch was ist Wirtschaftrecht eigentlich genau? Wie sehen die Aufgaben aus? Welche Kanzleien und Unternehmen haben hier Bedarf und zu guter Letzt natürlich immer interessant: Was kann man mit Wirtschaftsrecht eigentlich verdienen?
 

Ein Blick in die Definitionen: Das ist Wirtschaftsrecht!

Wirtschaftsrecht ist ein Oberbegriff für alles Recht, alle Normen und alle Maßnahmen, die der Staat hat, um Rechtsbeziehungen zwischen Akteuren des wirtschaftlichen Geschehens untereinander und auch im Verhältnis zum Staat zu regeln und zu steuern. Das Wirtschaftsrecht ordnet somit den Wirtschaftsverkehr und ist die rechtliche Grundlage der Wirtschaftspolitik.

In seinen konkreten Ausformungen gehört hierzu das Wirtschafsverfassungsrecht, das Wirtschaftsverwaltungsrecht, das Privatrecht und schließlich auch das Wirtschaftsstrafrecht. Hinzu kommen internationale Normensammlungen, wie das internationale Wirtschaftsstrafrecht, übergeordnete Institutionen wie die Welthandelsorganisation (WTO) und zwischenstaatliche Verträge.

Das Studium Wirtschaftsrecht:

Welche Ausbildungswege gibt es, um ins Wirtschaftsrecht einzusteigen?

 

  1. Wer im Bereich des Wirtschaftsrechts tätig sein möchte, dem bieten sich überraschend viele Ausbildungswege hierfür an. Der klassische aber wohl auch anspruchvollste und langwierigste Weg ist der über das Studium der Rechtswissenschaften mit seinen beiden Examina. Volljuristen können und werden in jedem Fall im Wirtschaftsrecht eingesetzt.
  2. Ein anderer Weg führt über das Studium der Wirtschaftswissenschaften, mit entsprechenden Vertiefungen, vor allem im Masterstudium. Fehlende juristische Kenntnisse werden hier nachgeholt und die wirtschaftswissenschaftlichen Aspekte erleichtern das Verständnis für die entsprechenden Rechtsnormen.

    Jedoch ist es offensichtlich, dass hiermit zum Einen der Fokus auf diesen Bereich festgelegt ist. Ein späteres Umschwenken, wie es Volljuristen möglich ist, ist auf diesem Weg schwer. Zudem sind auch Wirtschaftswissenschaftler mit Schwerpunkt im Recht nicht zum Richteramt befähigt und können somit keine Anwälte werden und in Prozessen auftreten.
  3. Der Mittelweg wäre der des Wirtschaftsjuristen. Es haben sich dem Bedarf der freien Wirtschaft entsprechend viele neue Studiengänge gebildet, welche die Absolventen zu sogenannten Wirtschaftsjuristen ausbilden. In der Regel wird dies heute im Zuge eines Bachelor und eines Master of Laws gemacht, den sowohl Universitäten als auch Fachhochschulen anbieten.

    Diese interdisziplinären Studiengänge nehmen aus beiden Studiengängen insbesondere die für die Praxis relevanten Inhalte beider Fachrichtungen und kombinieren sie miteinander. Vorteilhaft ist die vergleichsweise kürzere Studiendauer und die Praxisnähe des Studiengangs. Nachteile gibt es jedoch auch, so sind diese Abschlüsse noch heute nicht allen Personalern so vertraut und häufig heißt es, dass die Absolventen der klassischen Studiengänge bevorzugt werden. Darüber hinaus haben Absolventen entsprechender Ausbildungswege ebenfalls keine Möglichkeit, das Richteramt und somit auch die Befähigung zum Rechtsanwalt zu erreichen.
  4. Ein vierter und letzter Weg eignet sich für diejenigen, die sich dem Wirtschaftsrecht aus Verwaltungssicht nähern möchten. Diese können eine Ausbildung oder ein Dualstudium im Bereich der Verwaltung, zum Beispiel im Fach Verwaltungswirtschaft machen.

    Die Vorteile liegen auf der Hand. Anders als im Studium, verdienen Auszubildende und Studenten hier bereits während ihrer Ausbildungs- und Studienzeit Geld, sind früh berufserfahren und daher in der Praxis gut einsetzbar. Andererseits sind diese Studiengänge und Ausbildungswege wieder kein Weg in die klassischen juristischen Berufe, sondern vielmehr auf eine Karriere in der Verwaltung ausgelegt.

    Zudem kann es ab einer bestimmten Position in der Verwaltung nicht mehr höher hinauf gehen, da hier Volljuristen gesucht sind.

Da die Jobs so unterschiedlich ausfallen, ist auch eine generelle Aussage über das Einkommen schwierig.

Welche Jobs gibt es im Wirtschaftsrecht?

Den klassischen „Wirtschaftsrechtsjob“ gibt es so per se nicht. Der Vorteil der auf das Wirtschaftsrecht spezialisierten Kandidaten ist, dass der Fachbereich so breit gefächert ist und in fast allen Branchen zur Geltung kommt. Es gibt jedoch einige Jobs, die typischerweise zumindest auch von Absolventen besetzt werden, die sich auf das Wirtschaftsrecht spezialisiert haben.

So finden sich regelmäßig Wirtschaftsrechtler als Wirtschaftsprüfer, Steueroptimierer oder sogar -manager, Unternehmensberater oder Insolvenzverwalter wieder. Hinzu kommen noch viele neue und gerade erst entstehende Jobs, wie beispielsweise der des Contract Managers oder des Compliance Officers. Ein Contract Manager kümmert sich unter anderem um die Vertragsgestaltung mit Geschäftspartnern und um das Erstellen von Allgemeinen Geschäftsbedingungen.

Darüber hinaus analysiert er potentielle Geschäftspartner auf juristische Risiken oder erstellt Prognosen zu bestimmten Rechtsstreitigkeiten im Bereich des Geschäfts. Der Compliance Officer hingegen kümmert sich um das interne Einhalten von Gesetzen, Richtlinien und Verhaltenskodexen. Korruptionsbekämpfung - aber auch der immer wichtiger werdende Datenschutz - sind somit die Hauptbeschäftigungsbereiche für ihn.

Ein sich ebenfalls anbietendes Geschäftsfeld ist das des Mediators. Ein Großteil aller Rechtsstreitigkeiten landet gar nicht erst oder sollte wenigstens nicht vor Gericht landen. Denn Streitigkeiten könnten in geleiteten Verhandlungen bereits im Vorfeld beiseite gelegt werden. Diese Möglichkeit bieten Mediatoren an, welche als Vermittler und Verhandlungsleiter zwischen zwei Streitparteien agieren.

Der Mediator wird dabei von beiden Seiten zu gleichen Teilen bezahlt und ist absolut neutral zu beiden Parteien. Seine Aufgabe ist es, die beiden Seiten in Verhandlungen miteinander zu begleiten, Denkanstöße zu geben und zu einem Ergebnis zu kommen, das für beide Seiten akzeptabel ist. Der Mediator ist insofern die Instanz, die den Vergleich noch vor Eröffnung eines Gerichtsprozesses zu erreichen versucht. Gerade die Kombination aus rechtlichem und wirtschaftswissenschaftlichem Wissen hilft dem Mediator hierbei, sich in verschiedenen Positionen hineinzuversetzen und somit geeignete Vorschläge in das Gespräch und den Diskurs einzubringen.

Die vielen Facetten des Wirtschaftsrechts

Welche Arbeitgeber bieten gute Jobs für Wirtschaftsrechtler?

Genauso breit gefächert wie die Aufgaben, sind auch die potentiellen Arbeitgeber im Bereich des Wirtschaftsrecht. Der Nähe der Verwaltung zum Wirtschaftsrecht entsprechend, sind die öffentliche Verwaltung aber auch andere Körperschaften des öffentlichen Rechts wie die verschiedenen Kammern (Industrie- und Handelskammer, Anwaltskammer, Ärztekammer etc.) ein großer Arbeitgeber im Bereich des Wirtschaftsrechts.

Darüber hinaus bieten sich in der freien Wirtschaft vor allem in Banken und KreditinstitutenUnternehmensberatungen und Wirtschaftsprüfungsgesellschaften, Versicherungen, 
Immobiliengesellschaften aber auch in der Industrie viele Gelegenheiten, um als Wirtschaftsrechtler Fuß zu fassen.
 

Last but not least: Was wird in der Branche gezahlt?

Betrachtet man die Arbeitgeber und die Aufgaben, sind dies grundsätzlich alles Bereiche, in denen im Zweifel gut gezahlt wird. Wie immer hängt die Bezahlung auch extrem von der Qualifikation und Erfahrung des Arbeitnehmers und von der Größe und relativen Stärke in der Branche des Arbeitgebers ab.

Da die Jobs so unterschiedlich ausfallen, ist auch eine generelle Aussage über das Einkommen schwierig. Eine Umfrage der Leuphana Universität Lüneburg unter ihren Absolventen im Bereich des Wirtschaftsrecht hat ergeben, dass das Einstiegsgehalt derer zwischen 35.000 und 40.000 Euro Brutto lag. Eine andere Studie des Bundesverbandes der Wirtschaftsjuristen kommt auf ein durchschnittliches Einstiegsgehalt in Höhe von 39.000 Euro Brutto. Insbesondere in der Finanzbranche liegen die Gehälter häufig höher, in Verwaltung und Mediation leicht unter diesen Durchschnittswerten.

Wirkliche Ausreißer gibt es nur bei den ganz großen Wirtschaftsprüfungen, den sogenannten Big Four und in Großkanzleien, die sich ihrerseits auf die Betreuung von wirtschaftsrechtlichen Mandaten fokussiert haben. Hier sind die Einstiegsgehälter weniger an die übrige Wirtschaftsrechtsbranche angelehnt, sondern an die der Großkanzleien im Allgemeinen.

 

Das Wirtschaftsrecht bietet also eine Menge an spannenden Aufgaben, Jobs und Arbeitgebern. Der Weg dahin kann unterschiedlich sein und muss den eigenen Vorlieben und Ansprüchen entsprechend gewählt werden. Jedenfalls aber kann dieser Branche nicht nachgesagt werden, dass sie keine Zukunft hätte, denn Wirtschaft gibt es immer und wird es immer geben.

Gütt Olk Feldhaus
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Gütt Olk Feldhaus

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