1. Verfahrensgrundsätze zur Gestaltung der Strafverfolgung
Das Offizialprinzip besagt im weiteren Sinne, dass die Durchführung eines Strafverfahrens vom ersten Einschreiten über die Anklage bis zur Strafvollstreckung Sache des Staates ist.
Im engeren Sinne besagt das Offizialprinzip, dass die Staatsanwaltschaft gemäß § 152 StPO von Amts wegen (ex officio) einzuschreiten hat. Ausnahmen sind allein die Strafantragserfordernisse, das Privatklageverfahren gemäß §§ 374 ff. StPO sowie Ermächtigungsdelikte und das Strafverlangen.
Das Legalitätsprinzip konkretisiert das Offizialprinzip insoweit, als dass es die Staatsanwaltschaft verpflichtet, jedem Anfangsverdacht nachzugehen, ein Ermittlungsverfahren durchzuführen und bei hinreichendem Tatverdacht Anklage zu erheben (§§ 152 II, 160, 170 I StPO).
Ein Anfangsverdacht ist gegeben, wenn aufgrund konkreter tatsächlicher Anhaltspunkte das Vorliegen einer verfolgbaren Straftat nach kriminalistischer Erfahrung möglich erscheint. Insoweit hat die Staatsanwaltschaft also einen Beurteilungsspielraum. Im Übrigen gilt das Legalitätsprinzip in Bezug auf den Anfangsverdacht gemäß § 163 I StPO auch für Polizeibeamte, soweit sie Strafverfolgung betreiben.
Problematisch sind stets solche Situationen, in denen die Kenntniserlangung des Verdachts einer Straftat außerdienstlich erfolgt. Nach herrschender Meinung sollen in solchen Fällen Staatsanwaltschaft und Polizei immer dann zum Einschreiten verpflichtet sein, wenn es sich um eine schwere, die Öffentlichkeit berührende Straftat handelt.
Eine Einschränkung erfährt das Legalitätsprinzip durch das Opportunitätsprinzip, welches insbesondere in den §§ 153 ff. StPO kodifiziert ist. Danach kann die Staatsanwaltschaft bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen, die Strafverfolgung aus Gründen der Zweckmäßigkeit nach ihrem Ermessen unterlassen beziehungsweise einstellen. Das Opportunitätsprinzip erfährt auch eine besondere Bedeutung in Jugendstrafverfahren. Dort kann ebenso im Rahmen der sogenannten Diversion nach §§ 45, 47 JGG von der (weiteren) Strafverfolgung abgesehen werden.
Der Untersuchungsgrundsatz besagt i.S.d. § 160 II StPO, dass die Staatsanwaltschaft bereits im Ermittlungsverfahren nicht nur belastendes Material, sondern auch entlastende Umstände zu ermitteln hat.
Das Akkusationsprinzip / der Anklagegrundsatz erweitert den Untersuchungsgrundsatz auf die gerichtlichen Untersuchungen, zu denen es danach nur kommen kann, wenn die Staatsanwaltschaft Anklage erhoben hat („Wo kein Kläger, da kein Richter.“). Darüber hinaus besagt das Akkusationsprinzip / der Anklagegrundsatz, dass das Strafgericht nur über diejenigen Tatvorwürfe befinden darf, die von der Staatsanwaltschaft angeklagt wurden. Sollten während der Hauptverhandlung etwaige andere Taten oder Tatumstände hinzukommen und handelt es sich dabei im prozessualen Sinne noch um die angeklagte Tat (vgl. § 264 I StPO), so ist nach einem rechtlichen Hinweis des Strafgerichts gemäß § 265 I und II StPO eine Aburteilung dieser Taten zulässig – anderenfalls bedarf es hierzu einer Nachtragsklage nach § 266 I StPO.