Sportrecht in einer Mittelständischen Kanzlei - Doping

Sportrecht – Anti-Doping System?

Mehr zur "Verrechtlichung" im Sport – Interview mit Dr. Sebastian J.M. Longrée, Partner bei KÜMMERLEIN Rechtsanwälte & Notare...

Der Sport ist in weiten Bereichen kommerzialisiert und professionalisiert. Damit einher geht auch eine immer tiefergehende "Verrechtlichung" des Sports. Das fängt bei den Satzungen und Ordnungen der Vereine und Verbände an und endet bei internationalen Verträgen, Vereinbarungen und Rechtsnormen. Und nicht selten sind sich die Beteiligten darüber uneinig. So sind jedem aus den Medien Streitfälle im nationalen und internationalen Sportkontext bekannt. Zu einigen aktuell spannenden Themen haben wir uns mit Dr. Sebastian J.M. Longrée unterhalten. Der Rechtsanwalt ist Partner bei KÜMMERLEIN. Als Sportler hat er sich u.a. mehrfach bei dem legendären Ironman Hawaii unter den Top 100 der Welt platziert.

                                       Dr. Sebastian Longree - Kümmerlein - zu Sportrecht

Dr. Sebastian J.M. Longrée

Hallo Herr Dr. Longrée, glauben Sie an den echten Anti-Doping-Kampf oder zeigt nicht der UCI mit Christopher Froome oder das IOC mit Russland, dass es ein Scheingefecht ist?

"Glaube" halte ich aus meiner Perspektive als Jurist hier nicht für das maßgebliche Kriterium. Fakt ist, dass es im Profisport um viel geht, insbesondere um Geld und Anerkennung. Das "Anti-Doping-System" – wenn man denn davon ausgeht, dass es ein solches einheitliches System tatsächlich gibt – versucht dem Rechnung zu tragen.

Zunächst durch die Setzung möglichst klarer und für alle Beteiligten gleichermaßen geltender Regelungen. Sodann muss die Einhaltung dieser Regelungen kontrolliert und müssen Verstöße rechtlich sanktioniert werden. All das geschieht aber nicht in einem luftleeren Raum. Vielmehr müssen die Regelungen materiell- und verfahrensrechtlich im Einklang mit höherrangigem staatlichen Recht stehen und angewendet werden. Von außen führt das dann in manchen Fällen zu der Bewertung „Scheingefecht“. Ich halte das so pauschal für nicht gerechtfertigt.
 

Wie sind Sie rechtlich mit dem Anti-Doping-Kampf zum ersten Mal in Kontakt gekommen?

Rechtlich wissenschaftlich im Rahmen meiner Dissertation mit dem Thema „Dopingsperre – Schadensersatzansprüche des Sportlers“.
 

Wo genau sehen Sie dabei Ihre Aufgaben als Jurist – bedarf es mehr Normierung, mehr Rechtsanwendung oder an welcher Stelle liegen die meisten rechtlichen Probleme?

Tendenziell ist das im Sport nicht anders als im sonstigen wahren Leben auch. Es gibt wirklich schon sehr viele Normen. Sicher gibt es immer gute Gründe, Sachverhalte weiter, noch konkreter oder neu zu regeln. Die Fortschreibung und Verbesserung der Regelwerke ist eine Dauerbaustelle.

Viel schwieriger, aber mindestens genauso wichtig, sind die Kontrolle der Regelkonformität und die Verfahren zur Aufklärung und Sanktionierung bei Regelverstößen. Oft scheitert es an der praktischen Handhabbarkeit der Regeln. Die Umsetzung ist insbesondere personalintensiv und damit teuer. Der entscheidende Engpass hier sind die zur Verfügung stehenden finanziellen Mittel.   
 

Sitzen Rechtsanwälte hier nicht besonders zwischen den Stühlen, da ja auch Dopingverdächtige ein Recht auf Rechtsbeistand haben?

Ein klares Nein. Ich muss mich ja entscheiden, welche Rolle ich einnehme. In einem konkreten Fall kann man nur als Rechtsanwalt oder als (Schieds-)Richter auftreten. Ist die Entscheidung einmal gefallen, ist man Vollprofi in der jeweils maßgeblichen Rolle und Funktion.    

Inwiefern wird hier KÜMMERLEIN tätig, also vertreten Sie vor allem Sportler oder treten Sie eher innerhalb der Verbände und für diese auf?

Sowohl als auch. Wir beraten Verbände in nahezu allen rechtlichen Fragestellungen. Hier geht es z.B. um die Abfassung von Satzungen und neuen Ordnungen, Verträgen mit Mitarbeitern und Sponsoren/Partnern sowie Nominierungsthemen. Zu den gleichen Themen beraten wir auf der anderen Seite auch Sportler. Hinzu kommt die Tätigkeit für Unternehmen, die sich in diesem Bereich (z.B. durch Sponsoring) engagieren. Daneben bin ich auch als Schiedsrichter bei dem Deutschen Sportschiedsgericht tätig, in dieser Funktion dann eben nicht beratend, sondern entscheidend.
 

Da stets zunächst die Unschuldsvermutung gilt, liegt eine besondere Bedeutung bei der Sportgerichtsbarkeit. Kann man diese mit den ordentlichen Gerichten vergleichen oder wie würden Sie das System der verschiedenen Verbandsgerichte beschreiben?

Zunächst muss man klar trennen und definieren. Es gibt einerseits die staatliche Gerichtsbarkeit und dort für unsere Belange von besonderem Interesse die gesamte Zivilgerichtsbarkeit, daneben die Strafgerichte sowie den Bereich der Verwaltungs-und Verfassungsgerichtsbarkeit. Diese alle sind per se selbstverständlich auch für „den Sport“ zuständig. Daneben existieren die echten Schiedsgerichte, wie z.B. das Deutsche Sportschiedsgericht. Letztere sind nur dann – dann aber anstelle der staatlichen Gerichte – zuständig, wenn sich die Parteien vertraglich dazu verpflichtet haben.

Die bei den Verbänden selbst angesiedelten Verbandsgerichte sind in der Regel keine echten Schiedsgerichte, d.h. deren Rechtsetzung unterliegt immer noch der Kontrolle durch ein staatliches Gericht oder ein Schiedsgericht. So unterschiedlich die Verfahren im Einzelnen sind, haben sie aber – jedenfalls bei uns in Deutschland – eins gemeinsam: Alle Gerichte müssen unseren Ansprüchen an rechtsstaatliche Verfahren genügen.
 

Sie sind selbst Schiedsrichter beim Deutschen Sportschiedsgericht. Wie muss man sich dieses Amt vorstellen?

Eigentlich wie ein „richtiges“ Richteramt und damit komplett anders als die Rolle des Rechtsanwalts. Dieser ist – im besten Sinne – parteiisch, er hat allein die Interessen seines Mandanten zu verteidigen bzw. durchzusetzen. Der Schiedsrichter dagegen muss den Fall objektiv bewerten und danach richten. Der damit einhergehende – ständig wiederkehrende – Perspektivwechsel ist enorm spannend und bereitet wirklich Freude an der Arbeit.
 

Die Gerichtsbarkeit führt uns wieder zu den Rechtsproblemen. Wie beurteilen Sie den Nutzen des 2015 geschaffenen AntiDopG, insbesondere im Hinblick auf Probleme mit dem nemo tenetur - und auch dem ne bis in idem Grundsatz?

Allein die Diskussion über die beiden von Ihnen angesprochenen Grundsätze könnte hier Seiten füllen. Beides sind bekanntlich strafrechtliche Grundsätze, die in den entsprechenden Strafverfahren auch uneingeschränkte Geltung beanspruchen müssen. Die eigentlichen Anti-Doping-Verfahren sind jedoch keine Strafverfahren im engeren Sinne.

Naturgemäß lassen sich die Grundsätze nicht 1:1 übertragen, auch die Besonderheiten der Anti-Doping-Kontroll- und Ergebnismanagementverfahren sowie der zivilrechtlichen Sanktionsverfahren spielen bei dieser Bewertung eine Rolle. Den größten Nutzen des AntiDopG sehe ich dabei eher in der Signalwirkung als in seiner praktisch-faktischen Anwendbarkeit und Umsetzung. Die klare Botschaft des Gesetzes ist, dass nach der gesetzgeberischen Würdigung bestimmte Dopinghandlungen als strafbar angesehen werden.    

Natürlich geht es im Sportrecht auch um viel Geld von Sponsoren und Werbepartnern. Kommt diesem daher auch eine wirtschaftliche Bedeutung für KÜMMERLEIN zu?

Jede Anwaltskanzlei ist auch ein Unternehmen. Wir möchten und müssen Geld verdienen, nicht zuletzt, um unsere engagierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bezahlen zu können. Das gilt auch im Sportrecht. Allerdings ist unsere Kanzlei im Bereich des Wirtschaftsrechts breit und hervorragend aufgestellt, so, dass wir sehr weit davon entfernt sind, von unseren Umsätzen im Sportrecht abhängig zu sein.

 

          

Bedeutet dies, dass auch Berufseinsteiger Sie bei dieser Arbeit unterstützen können bzw. sich als Sportrechtler verwirklichen können?

Bei KÜMMERLEIN stellen wir genauso wenig einen „Sportrechtler“ wie einen „Aktienrechtler“ ein und wir bilden Berufseinsteiger auch nicht gezielt zu solchen aus. Ein so extrem ausgeprägtes Spezialistentum passt nicht zu dem grundsätzlichen Ansatz unserer Kanzlei.

Ich selbst z.B. arbeite ja auch bei Weitem nicht nur im sportrechtlichen Bereich. Meine Tätigkeit geht weit darüber hinaus und deckt insbesondere die Bereiche Streitführung/-lösung in allen komplexen wirtschaftsrechtlichen Belangen, Gesellschaftsrecht und M&A ab. Und das ist – natürlich jeweils mit unterschiedlicher Ausrichtung – bei allen meinen Partnerinnen und Partnern so.
 

Oder könnte man beispielsweise neben der Arbeit bei KÜMMERLEIN im Sportrecht oder einem anderen Rechtsgebiet promovieren. Würden Sie das unterstützen?

Auf jeden Fall. Das ist gängige und erfolgreiche Praxis bei uns. Wir haben dazu ganz unterschiedliche und sehr flexible Modelle. Das gilt zum einen im Hinblick auf den Status, in dem man seine Promotion schreiben kann, z.B. als wissenschaftlicher Mitarbeiter nach dem 1. Examen oder als Anwältin/Anwalt in Teilzeit nach dem 2. Examen. Zudem sind die Arbeitszeitmodelle sehr attraktiv, weil insbesondere individuell gestaltbar.

 

Ist es gerade der Vorteil einer Kanzlei wie KÜMMERLEIN, dass ein Rechtsanwalt bei Ihnen alternative Karrieremöglichkeiten hat und nicht im System Großkanzlei gefangen ist?

Ich würde eher formulieren...

„KÜMMERLEIN ist die beste Alternative zur Großkanzlei“

...als von „alternativen Karrieremöglichkeiten“ zu sprechen. Bei uns finden engagierte Kolleginnen und Kollegen all das, was die herausfordernde Tätigkeit als Wirtschaftsanwalt auszeichnet. Dazu zählen insbesondere anspruchsvolle Mandanten mit spannenden Mandaten, die wir in äußerst kollegialer Atmosphäre, oft auch im Team, wahrnehmen. Anders als vielleicht manchmal in den von Ihnen angesprochenen „Systemen“, geht bei uns die/der Einzelne mit ihren/seinen Ansprüchen – z.B. auch an die Vereinbarkeit von Beruf und Familie – nicht verloren. Wir fordern viel, fördern und unterstützen aber auch entsprechend. Das alles verbinden wir mit einer realistischen Perspektive, dauerhaft ein Teil von KÜMMERLEIN zu sein.    

Bei KÜMMERLEIN stellen wir genauso wenig einen „Sportrechtler“ wie einen „Aktienrechtler“ ein und wir bilden Berufseinsteiger auch nicht gezielt zu solchen aus.
Dr. Sebastian J.M. Longrée

Trotzdem bieten Sie Full-Service, von M&A bis Informationstechnologierecht. Sind Sie damit vor allem für Mandanten aus dem gehobenen Mittelstand interessant?

Ein Fokus im Bereich der Mandanten liegt bei uns in der Tat im „gehobenen Mittelstand“. Dieser zeichnet sich vor allem durch den Anspruch an die Qualität der eigenen Arbeit und entsprechende Anforderungen an seine Dienstleister aus. Das passt sehr gut zu uns. Wir sind aber insgesamt mittlerweile deutlich breiter aufgestellt, auch was unsere Mandanten angeht. Zu diesen zählen beispielsweise auch zahlreiche DAX- und MDAX-Konzerne. Auch diese schätzen unsere Leistungsfähigkeit, die sich nicht hinter der von Großkanzleien zu verstecken braucht. Hinzu kommt hier natürlich auch, dass wir ein im Vergleich zu Großkanzleien sehr attraktives Preisniveau bieten können.

 

Können somit junge Kollegen schnell Mandantenkontakt knüpfen und sich in die unternehmerischen Aspekte der Rechtsberatung einarbeiten?

Unbedingt. Von „Tag eins“ an streben wir Mandantenkontakt unserer jungen Kolleginnen und Kollegen an. Auch an dieser Stelle gehen wir individuell vor. Die/der eine ist hier forscher, die/der andere benötigt etwas mehr Zeit. Mittelfristig sollen und müssen aber alle „ran an den Mandanten“. Reine Zuarbeiter im Hinterzimmer entsprechen nicht unserem Bild von einem Wirtschaftsanwalt. Gleiches gilt auch für die unternehmerische Komponente. Wir fördern daher neben dem reinen Praxisauftritt die sonstigen Kompetenzen, die ein erfolgreicher Wirtschaftsanwalt mitbringen muss, u.a. auch im Rahmen unserer "KÜMMERLEIN Kompetenz Akademie" durch entsprechende Seminare und Schulungen.

 

Am Ende vielleicht noch eine sportliche Frage: Machen Sie mit Kollegen Sport oder gibt es vielleicht sogar Sportgruppen?

Hier ist jeder bei uns „frei“. Es gibt allerdings eine Fußballtruppe und wir nehmen in jedem Jahr mit einem großen Team beim Essener Firmenlauf teil. Bei alldem steht aber allein der Spaß am gemeinsamen Erlebnis und nicht das sportliche Ergebnis im Vordergrund.

Fazit

Ausdauer, Leidenschaft und Durchsetzungskraft sind nicht nur im Sport gefragte Qualitäten. Wer diese mitbringt, hat gute Aussichten, ein(e) erfolgreiche(r) Wirtschaftsanwältin/-anwalt zu werden. KÜMMERLEIN bietet dafür eine hervorragende Plattform – bei Weitem nicht nur, aber eben auch – im Sportrecht.  

Viele Dank, Herrn Dr. Sebastian J.M. Longrée

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