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Veröffentlicht am 17.11.2025

Volljuristen: Qualifikation & Befugnisse der Rechtsassessoren

Nur zwei bestandene Staatsexamina führen zur Befähigung zum Richteramt. Was ist der Ass. jur., und wer ist es nicht?

Der Titel Volljurist ist ein zentraler Begriff, der Studierende des Rechts von Beginn an in der juristischen Informationsflut begleitet. Er ist ein fester Bestandteil in Stellenanzeigen, Fachliteratur und dem allgemeinen Sprachgebrauch. Doch welche Qualifikation verbirgt sich hinter diesem Titel, und wer erfüllt diese Anforderung nicht? Dieser Beitrag schafft Klarheit und differenziert ihn von anderen relevanten Bezeichnungen.

Die klare Definition: Volljurist = Rechtsassessor

Der Begriff „Volljurist“ ist kein offiziell verliehener akademischer Grad, sondern eine fest etablierte umgangssprachliche Bezeichnung.

Der korrekte und offizielle Titel lautet: Rechtsassessor (kurz Ass. jur. oder Ass. iur.).

Ein Volljurist ist demnach jeder Jurist, der die gesamte klassische juristische Ausbildung in Deutschland erfolgreich abgeschlossen hat. Der Status wird ausschließlich durch das Bestehen der notwendigen Prüfungen verliehen – die Noten sind für die Bezeichnung irrelevant, wenngleich sie entscheidend für die spätere Karriere sind.

 

Der Weg zur Volljuristen-Qualifikation: Die zwei Säulen der Ausbildung

Der Erwerb des Volljuristen-Status ist in Deutschland ein streng reglementierter Prozess, der sich über mehrere Jahre erstreckt und aus zwei unabhängigen, aber aufeinander aufbauenden Hauptphasen besteht.

 

Die Erste Säule: Das Universitätsstudium und das Erste Staatsexamen

Die Ausbildung beginnt mit dem Studium der Rechtswissenschaften an einer Universität.

  • Dauer: In der Regel fünf bis sieben Jahre.
  • Abschluss: Das Studium wird mit dem Ersten Staatsexamen abgeschlossen.
  • Resultat: Mit diesem Examen weist der Kandidat eine breite theoretische juristische Wissensgrundlage nach. Der Abschluss alleine verleiht jedoch nicht die Befähigung zum Richteramt. An einigen Universitäten wird zusätzlich der Titel Diplom-Jurist (Dipl.-Jur.) verliehen.

 

Die Zweite Säule: Das Referendariat und das Zweite Staatsexamen

Nach dem Bestehen des Ersten Staatsexamens folgt der praktische Teil der Ausbildung, in dem die theoretischen Kenntnisse angewendet werden.

Status: In dieser Phase trägt der Jurist den Status Referendar (Ref. jur. / Ref. iur.).

Inhalt: Das Rechtsreferendariat dauert in der Regel zwei Jahre und beinhaltet die praktische Mitarbeit in verschiedenen juristischen Bereichen, den sogenannten Stationen:

  • Zivilgericht (Amtsgericht oder Landgericht)
  • Staatsanwaltschaft oder Strafgericht
  • Verwaltungsbehörde (z. B. Stadtverwaltung oder Ministerium)
  • Rechtsanwaltskanzlei
  • Wahlstation (nach Wahl des Referendars)

Abschluss: Die gesamte juristische Ausbildung wird mit dem Zweiten Staatsexamen abgeschlossen, das oft auch als Assessorexamen bezeichnet wird.

Erst mit dem erfolgreichen Bestehen des Zweiten Staatsexamens gilt die Ausbildung als vollständig und der Absolvent erlangt den offiziellen Titel Rechtsassessor bzw. den umgangssprachlichen Status Volljurist.

 

Die Befähigung zum Richteramt: Was Volljuristen dürfen

Der Status des Volljuristen ist untrennbar mit der sogenannten Befähigung zum Richteramt verbunden.

Diese Befähigung ist die juristische Eintrittskarte für die sogenannten „klassischen“ Juristenberufe, die eine umfassende theoretische und praktische Ausbildung voraussetzen. Sie öffnet die Türen für:

Die Befähigung zum Richteramt ist die zwingende Voraussetzung für die Anwaltszulassung durch die zuständige Rechtsanwaltskammer. Einmal erteilt, kann diese Zulassung nur bei schwerwiegenden Verstößen gegen die Berufspflichten oder bei Vorliegen anderer gesetzlich definierter Gründe wieder entzogen werden.

Wichtig ist, dass die Befähigung lediglich die Zulassungsvoraussetzung darstellt, nicht aber einen Anspruch auf die genannten Positionen.

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Abgrenzung zu anderen juristischen Titeln

Um die zentrale Rolle des Volljuristen zu betonen, ist die Abgrenzung zu anderen juristischen Abschlüssen wichtig. Keiner der folgenden Titel verleiht die Befähigung zum Richteramt, auch wenn sie auf dem juristischen Weg erworben werden oder einen juristischen Schwerpunkt haben:
 

I. Titel aus dem klassischen Jurastudium

Diese Titel kennzeichnen den Ausbildungsstand vor dem Zweiten Staatsexamen:

  • Referendar (Ref. jur. / Ref. iur.): Dies ist der Status, den ein Jurist während der praktischen Ausbildungsphase (Referendariat) zwischen dem Ersten und dem Zweiten Staatsexamen innehat. Er befindet sich zwar auf dem Weg zum Volljuristen, ist es aber formal noch nicht.
  • Diplomjurist (Dipl.-Jur.) / Magister Juris (M. Jur.): In der Bundesrepublik Deutschland werden diese Titel von einigen Universitäten als symbolischer akademischer Grad nach dem Bestehen des Ersten Staatsexamens verliehen.

 

II. Aufbautitel und alternative Studiengänge

Diese Titel sind Zusatzqualifikationen oder Abschlüsse aus fachlich spezialisierten Studiengängen:

  • LL.M. (Master of Laws) & Dr. juris (Doktortitel): Diese akademischen Aufbautitel dienen der Spezialisierung und Höherqualifizierung. Sie können oft bereits nach dem Ersten Staatsexamen erworben werden, ersetzen aber das Zweite Staatsexamen und die damit verbundene Befähigung zum Richteramt nicht.
  • Diplom-Wirtschaftsjurist (FH/Uni): Hierbei handelt es sich um Absolventen von speziellen, oft interdisziplinären Studiengängen mit Fokus auf die Überschneidungen von Recht und Wirtschaft. Diese Studiengänge befähigen nicht für die klassischen Volljuristenberufe, sondern qualifizieren für Tätigkeiten im Unternehmensbereich.

Lukrative Gehaltsaussichten

Die anspruchsvolle und langjährige Ausbildung zum Volljuristen zahlt sich auf dem Arbeitsmarkt oft aus. Besonders in Wirtschaftskanzleien und in führenden Positionen der Industrie bieten sich lukrative Verdienste. Die Einstiegsgehälter zählen hier zu den höchsten, die in Deutschland gezahlt werden.

Alle detaillierten Informationen über Gehälter in verschiedenen Sektoren, von Großkanzleien bis zu mittelständischen Unternehmen, findest du in unserem gesonderten Artikel: Gehalt von Volljuristen im Detail.

Im Gegensatz zu den breiten Spannen im privaten Sektor ist das Gehalt im öffentlichen Dienst tariflich gebunden. Informiere dich hier über die Verdienstmöglichkeiten in Behörden und Gerichten: Gehälter im Öffentlichen Dienst.