#14: Actio libera in causa
Bei der actio libera in causa (kurz: a.l.i.c.; „freie Handlung in der Ursache“) handelt es sich um ein durch Rechtswissenschaft, Rechtsprechung und Gewohnheitsrecht geschaffenes und sehr umstrittenes Rechtsinstitut des Strafrechts. Es umfasst die Fälle, in denen der oder die Täter:in im verantwortlichem Zustand – sei es vorsätzlich oder fahrlässig – einen Geschehensablauf in Gang setzt, der im Zustand der Schuldunfähigkeit (zum Beispiel Alkoholrausch) oder der Handlungsfähigkeit (zum Beispiel Mutter drückt im Schlaf Säugling zu Tode) zu Ende geführt wird.
Die actio libera in causa ist deshalb sehr umstritten, da sie mit dem Bestimmtheitsgrundsatz und dem daraus folgenden Analogieverbot zulasten des Täters und dem Verbot des Gewohnheitsrechts im Strafrecht unvereinbar ist. Deshalb ist die fahrlässige a.l.i.c. stets abzulehnen.
Die vorsätzliche a.l.i.c. kann hingegen mit folgenden Argumenten gerechtfertigt werden: Die relevante (= strafbare) Tathandlung wird bereits durch einen sogenannten Austausch der Tathandlungen beim Sich-Betrinken gesehen. Zusätzlich macht sich der oder die Täter:in dadurch selbst zu einem Werkzeug. Sollte die actio libera in causa jedoch abgelehnt werden, kommt stets eine Strafbarkeit wegen Vollrausches aus § 323a StGB in Betracht.
Das Rechtsinstitut der a.l.i.c. kann als sogenannte omissio libera in causa auch bei einem Unterlassen entsprechend herangezogen werden.
#13: Aliud und Peius
Der lateinische Begriff aliud bedeutet „etwas anderes“ und findet überwiegend im Zivilrecht Anwendung, konkret im Schuldrecht, wenn zur Erfüllung einer Verpflichtung der falsche Gegenstand geliefert wird. Demgegenüber steht das peius. Dieser Begriff wird nämlich verwendet, wenn der Gegenstand mangelhaft ist, also „etwas schlechteres“ geliefert wurde. Die Unterscheidung ist deshalb wichtig, da beispielsweise bei einem Kaufvertrag im Fall einer aliud-Lieferung der Erfüllungsanspruch fortbesteht, während bei einem peius allenfalls ein Gewährleistungs- oder Schadensersatzanspruch besteht.
Im öffentlichen Recht und im Prozessrecht existiert die lateinische Wendung reformatio in peius („Abänderung ins Schlechte“, Verschlechterung, Verböserung). Im allgemeinen Verwaltungsrecht liegt beispielsweise eine reformatio in peius vor, wenn der Ausgangsbescheid bei einem Widerspruch durch die Widerspruchsbehörde zulasten des Widerspruchsführers geändert wird. Im Strafprozessrecht gilt hingegen ein Verbot einer reformatio in peius insbesondere dann, wenn allein der oder die Verurteilte ein Rechtsmittel einlegt, nicht aber die Staatsanwaltschaft.
#12: Ex …
Viele haben Probleme mit dem Ex, klingen ex ante und ex post sowie vor allem ex nunc und ex tunc doch sehr ähnlich.
Ex ante meint „von vornherein“ und bezeichnet die Betrachtung eines Sachverhalts aus der Perspektive, bevor sich dieser ereignet hat. Ex post meint demgegenüber „im Nachhinein“, bezeichnet also die Betrachtung eines Sachverhalts aus der Perspektive, nachdem sich dieser ereignet hat. Als Eselsbrücke dient vielleicht, dass ante im Alphabet vor dem post kommt, also post nach dem ante kommt.
Im Zusammenhang mit dem Eintritt einer Rechtswirkung werden die beiden lateinischen Fachbegriffe ex nunc („von nun an“) und ex tunc („von damals an“) verwendet. Zur Gedächtnisstütze lässt sich hier vielleicht heranziehen, dass im nunc bereits ein „nun“ steckt.
Ein Kaufvertrag, der beispielsweise wirksam angefochten wird, erlischt ex tunc, das heißt es ist die Rechtssituation herzustellen, die unmittelbar vor Abschluss des Vertrages bestand. Wird hingegen beispielsweise ein Arbeitsvertrag wirksam gekündigt, erlischt dieser ex nunc, das heißt ab dem Moment der Kündigung gilt der Vertrag als aufgehoben.