Verfasst von Maryam Kamil Abdulsalam.
Welche Anforderungen müssen Juristen für die Justiz erfüllen?
Ohne VB ist die juristische Karriere vorbei, bevor sie überhaupt angefangen hat? Keine Chance auf ein Richteramt, Staatsanwaltschaft ist unmöglich und keine vernünftige Großkanzlei würde dich einstellen. Stimmt das? – Natürlich nicht! Doch der Mythos um das Vollbefriedigend, also die 9 Notenpunkte im Examen, hält sich seit je her und bestimmt die Zufriedenheit tausender Absolventen mit ihren Noten.
Nur 15% der Examinanden schaffen es die Notengrenze von 9 Punkten zu durchbrechen und gehören damit zu den meistumworbenen Absolventen.
Aber auch alle anderen haben gute Karrierechancen, denn schließlich können nicht diese 15% alle notwendigen Richter- und Staatsanwaltsposten ausfüllen und gleichzeitig die Büros der Großkanzleien füllen. Allein zahlenmäßig lässt sich dieser Mythos um die harte Notengrenze nicht aufrechterhalten. Trotzdem wird natürlich auf die Noten der Bewerber geschaut. Dabei gelten aber etliche Ausnahmeregeln und Erleichterungen, die es Bewerbern ohne doppeltes Vollbefriedigend möglich machen, in den persönlichen Traumberuf des Richters herein zu rutschen.
Wie so vieles in der Juristenausbildung hängen auch die Anforderungen an die Bewerber für den höheren Justizdienst von den einzelnen Bundesländern ab. Wie hoch die Notengrenzen im Einzelnen anzusetzen sind, sagt natürlich auch etwas über die Beliebtheit und die Lebensqualität beziehungsweise die Dichte von guten Juristen in den unterschiedlichen Ländern aus. Die Notenangaben gelten richtungsweisend meist auch für den Einstieg in eine Laufbahn als Staatsanwalt.
Auf die Frage hin „Was willst du eigentlich später mal werden?“, antwortet wohl niemand „Richter an einem internationalen Gerichtshof“. Und doch ist es nicht unmöglich!
Denn die Ausübung eines Richteramtes für deutsche Juristen ist nicht zwangsläufig auf Deutschland begrenzt. Auch an internationalen Gerichten wie dem IGH und IStGH sind deutsche Richter vertreten. Dazu ist kein Studium im International Law erforderlich, allerdings eine sehr ausgeprägte Spezialisierung im Völkerrecht und viel internationale Erfahrung. Der Weg zu einem Richteramt am IGH ist natürlich deutlich länger und steiniger, als der zu einem Amtsrichterposten, aber unmöglich ist es nicht.
Bruno Simma beispielsweise war seit 2002 Richter am IGH in Den Haag. Zuvor hatte er bereits eine erfolgreiche Karriere als deutscher Völkerrechtler hinter sich: Seit 1973 ist er Professor für Völkerrecht und Vorstand des Instituts für Völkerrecht an der LMU München. In den 80er Jahren war er außerdem für die völkerrechtliche Ausbildung der Attachés im Auswärtigen Amt zuständig und der Standardkommentar zur UN-Charta trägt ebenfalls seinen Namen.
Auf ein solches Richteramt kann man sich selbstverständlich nicht bewerben, sondern wird gewählt. Gewählt wird dabei durch die Generalversammlung der Vereinten Nationen und den UN-Sicherheitsrat. Formale Voraussetzung ist, dass die Persönlichkeiten die Qualifikation für das höchste richterliche Amt im Heimatstaat innehaben oder eine ausgewiesene Kompetenz im Bereich des internationalen Rechts aufweisen können.
Rein formal ist unter dieser Voraussetzung auch ein zweites Staatsexamen nicht. Deutschland ist derzeit am IStGH ebenfalls mit einem Richter vertreten: Bertram Schmitt wurde im Dezember 2014 von der Bundesregierung für das Amt vorgeschlagen und von der Versammlung der Vertragsstaaten des IStGH zum Richter gewählt.
Für alle, die schon immer vom Richteramt träumen, gilt: Viele Wege führen nach Rom!
Sowohl im innerdeutschen Kontext ist es mit dem Traum nicht aus, wenn der ein oder andere Punkt im Examen fehlt. Gerade in den letzten Jahren ist der Bedarf an Nachwuchsrichtern in ländlicheren Gebieten enorm gestiegen, sodass eine solche Stelle gut als Karrieresprungbrett genutzt werden kann. Auch international gibt es Richterstellen, die spannend und herausfordernd sind. Auch wenn sie extrem selten vergeben werden und mit hohen Anforderungen in der Expertise verbunden sind.
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